Wer kennt sie nicht – die Situationen, in denen es eigentlich ein gemeinsames Ziel und eine gemeinsame Lösung geben sollte. Aber alle haben ihre Meinung, ihre Erwartungen, ihre Befindlichkeiten und manchmal auch ihren Stolz. Im Interview mit herCAREER erklärt Andrea Kuczynski, Vice President HR National Sales & Content bei der STRÖER Gruppe, wie man solche Situationen meistert und wann und warum es sinnvoll ist, wirklich alle an einen Tisch zu holen.

„Verständnis für alle Seiten zeigen“

herCAREER: Welche Erfahrungen hast Du selbst bei Deinem beruflichen Werdegang gemacht mit Konflikten, bei denen zwar ein gemeinsames Ziel eines Teams bestand, die Mitarbeitenden aber ganz verschiedene Ansichten darüber hatten, wie es zu erreichen war?

Andrea Kuczynski: Grundsätzlich bin ich der Auffassung, dass es bereits ein ganz wesentlicher Vorteil ist, wenn Einigkeit über das eigentliche Ziel besteht. Es klingt so banal, ist aber leider keine Selbstverständlichkeit. Ich habe oft erlebt, dass sich im Projektverlauf herausgestellt hat, dass es unterschiedliche Vorstellungen darüber gab, wie das Ziel genau aussieht. Daher ist es meines Erachtens zu Beginn eines gemeinsamen Projekts zwingend erforderlich, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen und sicherzustellen, dass alle auch wirklich das gleiche Ziel verfolgen und eine gemeinsame Vorstellung davon haben, was anders sein wird, wenn das Ziel erreicht ist.

Selbstverständlich gibt es unterschiedliche Ansichten davon, wie ein gemeinsames Ziel erreicht werden kann. Hier habe ich in den letzten Jahren gelernt, dass es essentiell für die Motivation aller ist, insbesondere aber auch für den Projekterfolg, unterschiedliche Herangehensweisen zuzulassen und bewusst zu fördern. Nicht selten habe ich erlebt, dass Einzelne an ihren Vorstellungen eines konkreten Vorgehens festhalten wollen – nur, weil sie es schon immer so machen, weil sie überzeugt davon sind, dass ihr Vorgehen das einzig wahre ist, und weil sie sich nicht vorstellen können, dass andere Mitarbeiter:innen mit anderen Herangehensweisen ebenfalls oder sogar besser ans Ziel kommen. Im Zweifel könnte das ja bedeuten, dass man selbst in der Vergangenheit nicht die beste Herangehensweise hatte. Hier erlebe ich häufig Konflikte zwischen unterschiedlichen Fachabteilungen, Generationen oder Hierarchien.

Für mich ist es in solchen Konfliktsituationen hilfreich, Verständnis für alle Seiten zu zeigen und Frontenbildung zu verhindern. Zudem investiere ich im Zweifel auch Zeit, um Kritiker:innen die Herangehensweise der anderen schmackhaft zu machen – und den Fokus von dem, was schief gehen kann, auf das zu verlegen, was gut laufen könnte. Getreu dem Motto: Einfach mal ausprobieren, es könnte ja gut werden.

In einigen Fällen kann es auch hilfreich sein kann, bewusst Personen mit unterschiedlichen Auffassungen über die Herangehensweise zusammenarbeiten zu lassen. Das erfordert am Anfang vielleicht etwas mehr Unterstützung, führt am Ende aber nicht selten zu herausragenden Ergebnissen – und nebenbei lernen beide Seiten auch noch voneinander. Letztlich ist es immer förderlich, sich zur Erreichung gemeinsamer Ziele auf feste Meilensteine zu verständigen und regelmäßig alle wieder an einen Tisch zu holen, um zu schauen, wo man steht. Stellt sich hier heraus, dass eine andere Herangehensweise genauso gut zum Ziel führt, entsteht ein guter Lerneffekt für das Team und die Zukunft. Und im Zweifel verständigt man sich auf eine Kurskorrektur. Hier hilft es, eine gute Fehlerkultur zu etablieren und kollegial zu beratschlagen, wenn‘s dann doch nicht so läuft wie geplant.

Im Kern liegt das Geheimnis eines erfolgreichen Projekts aus meiner Sicht darin, ein gemeinsames Ziel sehr klar zu definieren, Meilensteine, Verantwortlichkeiten und Timings zu fixieren, regelmäßig alle an einen Tisch zu holen – und dazwischen mit diplomatischem Geschick für gegenseitiges Verständnis für unterschiedliche Ansichten zu sorgen.

herCAREER: Welche Probleme können dadurch entstehen, dass nicht alle Beteiligten an einen Tisch geholt werden?

Andrea Kuczynski: Die Probleme, die mir tagtäglich begegnen, sind mannigfaltig: Es beginnt schon bei der Definition eines gemeinsamen Ziels. Bereits hier zeichnet sich ab, ob es Personen gibt, die im Zweifel das Ziel im Projektverlauf torpedieren oder gar keinen Need sehen, das Ziel zu verfolgen. Kommen alle an einen Tisch, muss ich im Zweifel auch nicht jede:n Einzelne:n überzeugen, sondern kann die Perspektiven des Teams nutzen, um Kritiker:innen mitzureißen. Und wenn sich letztlich herausstellt, dass das Ziel vielleicht nicht das richtige ist, kann ich bereits hier ableiten, inwiefern das Ziel angepasst oder im Zweifel sogar verworfen werden muss.

Grundsätzlich ist es nicht unerheblich, all denjenigen, die maßgeblich an der Erreichung des Ziels beteiligt sein werden, auch eine Stimme zu geben. Viel zu oft habe ich erlebt, dass es zuletzt daran gescheitert ist, dass Meinungen oder Perspektiven nicht angefragt und einbezogen wurden – am Ende führt das im schlimmsten Fall zu einer Menge Gegenwind, den man einfach hätte abfangen können. Das bedeutet zwar am Anfang vielleicht etwas mehr Zeitinvest, sorgt am Ende aber für viele Unterstützer:innen und eine erfolgreiche Zielerreichung. Dadurch, dass ich bereits zu Beginn, aber auch immer wieder im laufenden Projekt alle an einen Tisch hole, vermeide ich böse Überraschungen auf der Zielgeraden, die ich aufwendig managen muss.

herCAREER: Gelingt es Deiner Erfahrung nach Frauen als Führungskräften besser, Mitarbeitende entsprechend zu integrieren?

Andrea Kuczynski: Ich kenne sowohl Frauen als auch Männer, die sich an dieser Stelle mal leichter und mal schwerer damit tun, Mitarbeitende zu integrieren. Das Geheimnis liegt meines Erachtens im eigenen Führungsverständnis, einer guten Portion Selbstreflektion und manchmal auch in ehrlichen Sparringpartner:innen.

Denke ich, dass nur ich in der Lage bin, das beste Ergebnis zu erzielen? Oder vertraue ich auf das Können der Expert:innen im Team, ohne Angst davor zu haben, dass sie Dinge besser machen als ich? Bin ich reflektiert genug zu erkennen (und im Zweifel gegenzusteuern), wenn ich nicht loslassen kann und viel zu sehr ins Mikromanagement verfalle? Was ist hier mein innerer Treiber? Und bin ich mutig genug, etwa in ein kollegiales Sparring mit jemandem zu gehen, der eine vollkommen andere Perspektive auf mein Verhalten hat? Und manchmal liegt das Geheimnis auch einfach darin, das große Ganze zu sehen und sich selbst nicht so wichtig zu nehmen.

herCAREER: Bei herCAREER geht es vor allem um den fachlichen Austausch, der auf den persönlichen Erfahrungen und dem Wissen der Sparringspartner:innen aufsetzt. Zu welchen Themen kannst Du im Vorfeld / auf der Messe / im Nachgang als Austauschpartnerin fungieren – in Schlagworten?

  • Human Resources
  • Stakeholdermanagement
  • (Female) Leadership
  • Coaching
  • Arbeit in männerdominierten Bereichen

herCAREER: Gibt es Themen, zu denen Du persönlich eine Sparringspartner:in suchst und einen fachlichen wie persönlichen Austausch weiterführen möchtest? Dann benenne uns Schlagworte für Deine Themen.

  • Human Resources
  • Stakeholdermanagement
  • (Female) Leadership
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herCAREER: Würdest Du auch als Mentor:in bei herCAREER fungieren? Welche Frau würdest Du dir als Mentee wünschen?

Frauen, die überzeugt sind, dass sie alles erreichen können, wenn sie es wollen.

Zur Kontaktaufnahme bitte die von der Interviewpartner:in angegebenen Möglichkeiten nutzen und sich auf das Interview  bei herCAREER-Learn & Connect beziehen.

Über die Person

Andrea Kuczynski verantwortet als Vice President Human Resources in der Ströer SE & Co. KGaA die Personalbelange in den Geschäftsbereichen National Sales & Content. Nach ihrem Abschluss als Diplom-Sozialwissenschaftlerin war sie zunächst in verschiedenen HR-Funktionen bei der Santander Consumer Bank AG tätig. Im Anschluss daran nahm sie im Oktober 2016 eine neue Herausforderung bei der Ströer SE & Co. KGaA an. Dort war sie vor der Übernahme ihrer Funktion als Vice President HR zunächst als Teamleiterin HR und Projektreferentin HR tätig.

Sie ist systemische Coachin, Scrum- und OKR-Masterin.

Dieses Interview bezieht sich auf ein MeetUp der herCAREER Expo 2023, Ort und Zeitpunkt finden Sie im Programm.

Beziehe Dich auf das Interview der herCAREER Community und nutze eine Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme, die der/die Interviewpartner/in angegebenen hat. Das Angebot für ein Sparring bezieht sich auf einen lockerer Austausch. herCAREER fungiert damit als Brückenbauerin. Nimm gerne die Einladung für den Austausch an. Du musst dafür nichts direkt an Deine Sparringspartner/in zurückgeben, kannst Dich aber gerne an anderer Stelle im Netzwerk mit Deiner Expertise einbringen.

Bewirb Dich mit max. einer DINA4-Seite über Dich und Deine Motivation zu dem Mentoring – zusammen mit Deinem  Lebenslauf oder Link auf Dein Xing- oder LinkedIn-Profil. Nutze dafür die von dem/der Mentor/in angegebenen Kontaktmöglichkeiten. Die Mentorin steht Dir je nach Bedarf für bis zu drei (Video-)Treffen für einen Austausch zur Verfügung. Bitte beachte, dass der/die Mentor/in selbst entscheidet, welche und wie viele Mentees sie zulassen können.

Nutze die Möglichkeit und bewirb Dich! Vielleicht kannst Du schon in Kürze ein/e Mentor/in aus der herCAREER Community an Deiner Seite wissen.