Kindermode, die Geschlechter-Stereotype zementiert: Eine Analyse der SZ beleuchtet das Phänomen. Ausgewertet wurden Bilder und Beschreibungen von mehr als 20000 Kleidungsstücken für Kinder unter 10 Jahren von Zalando, About You und H&M.

  • Auf Anfrage der SZ schrieb H&M: „Unsere Kinderabteilungen sind in Jungen und Mädchen unterteilt, da die meisten unserer Kund*innen es vorziehen, auf diese Weise einzukaufen.“ Solche Behauptungen bezeichnet Almut Schnerring als „Bullshit-Bingo des Gendermarketings“. Sie ist, zusammen mit Sascha Verlan, Autorin des Buches „Die Rosa-Hellblau-Falle“, in dem laut SZ dargelegt wird, „wie Firmen seit mehr als 20 Jahren unfassbar viel Budget in die Geschlechtertrennung investieren und mit ihrer Werbung die Bilder produzieren. Jetzt die Verantwortung wieder auf den davon beeinflussten Einzelnen zu schieben, sei nicht fair, sagt Schnerring.“

  • In der SZ-Analyse zeigt sich die Differenz besonders deutlich an den Hosen: Die durchschnittliche Sommerhose für Jungen, Shorts genannt, geht etwa bis zur Mitte des Oberschenkels. Hosen für Mädchen, oft als Hotpants bezeichnet, sind meist viel knapper geschnitten und enden oft kurz unter dem Po.

  • Die Kleidung für Mädchen sei darauf ausgelegt, Haut zu zeigen und den Körper zu betonen, so Schnerring. In der Logik der Märkte seien Mädchen in erster Linie kleine Frauen, bei ihnen sei Kleidung kein Selbstzweck, sondern solle gefallen. Die Kleidung für Jungen hingegen ermögliche Bewegung und gemütliches Dasein.

  • Offenbar sind auch Farben nicht für alle da. Was als mädchenhaft gilt – Pink, Rosa, Lila – ist für Jungen tabu, wie andersherum deren dominierende Farben Blau und Braun. Mädchenshirts sind verspielter: mit jeder Menge Bordüren, Pailletten, Zierschleifen. Sogar Muster sind gegendert, ebenso die Aufschriften: Viele Begriffe kommen beim einen Geschlecht häufig und beim anderen kaum vor.

  • „Egal also, ob man Schnitte, Farben, Muster oder Slogans analysiert: Die Geschlechtertrennung ist streng, vielleicht strenger als jemals zuvor“, so die SZ. Aus anderen #Studien sei bekannt, „dass das Gendermarketing bei Kleidung und Spielzeug kein schon immer dagewesenes Phänomen ist, sondern seit den Nullerjahren immer rigider wird. Es ist eine Reaktion der Industrie auf niedrige Geburtenraten und die steigende Bereitschaft von Eltern, immer mehr Geld für den Nachwuchs auszugeben.“

  • Dabei existierten nicht nur zwei getrennte Kategorien, sondern eine klare Hierarchie. Ein Mädchen mit kurzen Haaren und „Jungskleidung“ würde vielleicht für einen Jungen gehalten, ein Junge mit „Mädchenkleidung“ aber Hohn und Spott ernten. Das wollen laut SZ viele Eltern ihren Söhnen ersparen und raten ihnen aus Angst vor Mobbing von weiblich konnotierten Artikeln ab. Schnerring ermutigt Eltern, dem Nachwuchs den Rücken zu stärken. Es gehe um wesentlich mehr als um Farben und Stoffe: „Es geht um ganze Welten, die den einen vorenthalten und den anderen aufgedrängt werden.”

Ein Beitrag von Natascha Hoffner, Founder & CEO of herCAREER I WiWo-Kolumnistin I LinkedIn-TOP-Voice 2020 I W&V 2019 – 100 Köpfe
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