Wußtet ihr: „Isabella Weber hat die Gaspreisbremse erfunden. Erst wurde sie dafür ausgelacht. Nun hört die Bundesregierung auf die Ökonomin“, schrieb die Süddeutsche Zeitung vor kurzem.

Ohne sie, so die SZ, hätte es die Gaskommission vielleicht nicht gegeben, deren Mitglied sie wurde. „Aber Weber gilt auch als linke Außenseiterin in der politischen Debatte, als wirtschaftswissenschaftlich zu unkonventionell und manchen wohl auch zu jung, um in der großen Politik mitzureden.“ Für ihren Vorschlag einer staatlichen Preiskontrolle zur Inflationsbekämpfung, publiziert im „The Guardian“ Ende 2021, war Weber noch von Nobelpreisträger Paul Krugman beschimpft worden. SZ: „Wer an den freien Preisen rüttelt, rüttelt an einem Grundprinzip der Wirtschaftswissenschaften.“ Nach einer Gaspreisbremse sah es also zunächst nicht aus. Hohe Preise würden dafür sorgen, dass die Leute Gas sparen, meinten viele Ökonomen.

Weber erschien ein solcher Blick auf Preise realitätsfern. Arme Menschen bräuchten keine freien Preise als Warnsignal, sondern „schlicht etwas zu essen, das sie sich leisten können. Wer mit seinem Budget gerade so durchkommt, kann nicht von Kaviar auf Toastbrot wechseln (…).“ So sei es auch beim Gas – wer schon mit dem Rücken zur unbeheizten Wand stehe, könne nicht die Temperatur herunterdrehen. „Wenn Leute mit ihrem erarbeiteten Geld die existenziellen Grundbedürfnisse nicht mehr bezahlen können, (…) bricht ein gesellschaftlicher Vertrag“, so Weber.
Sie weiß, wie es ist, wenig Geld zu haben. Aufgewachsen in einfachen Verhältnissen in Nürnberg, attestiert sie sich selbst ein „Aufsteigersyndrom“. Nach dem Abitur machte sie ein Praktikum bei der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bangkok. Ihr anschließendes Studium, zunächst in Berlin, finanzierte sie mit Stipendien.

Es war die Zeit der weltweiten Finanzkrise – von der auch die Wirtschaftswissenschaft überrascht wurde. SZ: „Weber macht sich auf die Suche nach alternativen Theorien, die die Krisen des Kapitalismus anders erklären wollen.“ Für ihr Masterstudium wechselte sie an die New School in New York. Sie promovierte erst in Cambridge und dann noch einmal an der New School. Inzwischen ist sie Professorin an der University of Massachusetts Amherst (Slogan der Uni: „Sei revolutionär“).

SZ: „Die Wirtschaftswissenschaften, das ist Weber ein Anliegen, haben mehr Pluralität verdient, mehr Ideen aus anderen Denkschulen. Und da die für ihren Geschmack zu wenig zu hören sind, muss sie eben eine dieser Stimmen sein. Auch wenn die Kritik erst wieder heftig sein wird: Sie wird sagen, was sie denkt.“

Die Gaskommission hat am 31.10. ihren Abschlussbericht vorgelegt – mit einem Sondervotum von Isabella Weber. Sie sieht eine Missbrauchsgefahr bei großen Unternehmen, die ihre staatlich bezuschusste Gasmenge am Markt verwerten können, statt sie für die Produktion zu verwenden. Das könnte laut Weber zu Ausfällen in den Lieferketten führen, die Inflation weiter antreiben und die Wirtschaft destabilisieren.

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Ein Beitrag von Natascha Hoffner, Founder & CEO of herCAREER I WiWo-Kolumnistin I LinkedIn-TOP-Voice 2020 I W&V 2019 – 100 Köpfe
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