Frauen, die gründen sind weniger sichtbar, aber nicht weniger erfolgreich als ihre männlichen Kollegen. Und: Sie haben für die Gründung andere Motive als Männer.

Frauen in der Gründerszene

Immer mehr Frauen gründen. Das zeigt eine erste Auswertung des Gründungsmonitors 2019 der staatlichen Bank KfW. Demnach machten sich 219.000 Frauen und damit vier Prozent mehr als im Jahr zuvor selbstständig. Die Zahl der männlichen Existenzgründer sank dagegen um fünf Prozent auf 331.000.

Zugegeben: Die Zahl der Gründerinnen in Start-ups, die sich erfolgreich in der Tech-Szene bewegen, Investoren überzeugen und ihre Geschäftsmodelle vorantreiben, ist immer noch gering und wächst nur sehr langsam. So beträgt der Anteil der Gründerinnen in der deutschen Start-up-Szene lediglich rund 15 Prozent mit immerhin leicht wachsender Tendenz, wie der Female Founders Monitor 2019 zeigt. Aber man sollte auch nicht vergessen, dass 28 Prozent der Start-ups Frauen in ihren Gründer-Teams haben. Klar ist hier noch viel Luft nach oben …

Doch woran liegt es, dass die Selbstständigenquote der Frauen stetig steigt, aber in klassischen Start-up-Gründungen kaum Veränderungen zu sehen sind?

Laut Female Founders Monitor ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie kein Hindernis mehr, sondern sogar ein sehr häufiger Grund, warum Frauen ein Unternehmen gründen. Das deckt sich mit meinen Erkenntnissen aus unzähligen Gesprächen mit Gründerinnen.

Frauen gründen deshalb deutlich häufiger als Männer ganz allein und haben auch weit weniger MitarbeiterInnen. Sie gelten als weniger risikobereit, haben aber oft die „edleren“ Motive für die Gründung.

Profit versus Social Business

Fast die Hälfte der Gründerinnen orientieren ihr Unternehmen an gesellschaftlichen oder sozialen Fragestellungen. Bei den Männern sind es nur etwas über ein Drittel. Auch spielt Geld für die Männer eine entscheidendere Rolle: Während für fast drei Viertel der ökonomische Erfolg wesentlich ist, sind nur etwas mehr als die Hälfte der Gründerinnen vorrangig daran interessiert.

Weniger Kapital, mehr Gewinn

Das dürfte auch eine Erklärung dafür sein, warum Start-up-Gründerinnen weit weniger Risikokapital als ihre männlichen Kollegen erhalten. Sie sind weit häufiger auf Geldhilfen von Friends and Family angewiesen als ihre männlichen Pendants. In den USA haben Start-ups im Vorjahr rund 100 Milliarden US-Dollar an Venture Capital aufgestellt. Nur 2,2 Prozent davon gingen an von Frauen geführte Start-ups …

Weniger Erfolg als Männer haben die US-Gründerinnen allerdings nicht – im Gegenteil: Von Frauen geführte Unternehmen sind stabiler und halten sich tendenziell länger auf dem Markt. Laut einer Untersuchung der Boston Consulting Group erhalten Gründerinnen zwar mit 930.000 US-Dollar weniger Investments als ihre männlichen Kollegen mit 2,1 Millionen US-Dollar, erzielen aber innerhalb von fünf Jahren höhere Erlöse, nämlich 78 Cent pro investiertem Dollar. Die Männer schafften nur 31 Cent … Damit setzen die Gründerinnen ihr Kapital zweieinhalb Mal so effektiv ein wie die Männer – und das trotz geringerer Finanzmittel.

Meine Erfahrung ist, dass Gründerinnen mit ihren Start-ups vor allem eins wollen: schnell profitabel und damit von anderen unabhängig sein.

Klischees auch in Investoren-Köpfen

Warum das so ist? Der Schlüssel liegt wie so oft in genderspezifischen Stereotypen, wie ein Experiment schwedischer ForscherInnen zeigt: Sie untersuchten die Meetings einer Investorengruppe der schwedischen Regierung, bestehend aus zwei Frauen und fünf Männern, die Investment-Anträge von Startups bewerten sollten. Das Ergebnis: Die InvestorInnen unterliegen einem Gender Bias. Sie hinterfragten bei den Frauen häufiger, ob sie glaub- und vertrauenswürdig, kompetent und ausreichend erfahren sind. Die Männer hingegen schätzten sie deutlich häufiger als durchsetzungsfähig, innovativ, erfahren, kompetent und gut vernetzt ein. Die Allbright Stiftung identifiziert in ihrem Bericht den „Thomas-Kreislauf“ als weiteren Grund dafür, warum Frauen seltener in Vorständen anzutreffen sind. Das bedeutet: Männer rekrutieren Männer, die ihnen ähnlich sind. Das dürfte auch auf Gründerteams von Start-ups zutreffen.

Frauen meiden den Wettbewerb

Hinzu kommt, dass Studien belegen, dass Frauen im Vergleich zu Männern Wettbewerbssituationen häufiger vermeiden: Selbst die leistungsstärksten Frauen scheuen die Konkurrenzsituation stärker als die leistungsschwächsten Männer. Damit schaden sie sich letztendlich nur sich selbst …

Die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Bereitschaft, sich Wettbewerbssituationen zu stellen, scheinen zumindest teilweise sozialisationsbedingt zu sein. In matrilinearen Gesellschaften kehren sie sich nämlich um … Mehr dazu hier.

herCAREER: Austausch, Netzwerkbildung und Role Models

Was wäre, wenn mehr Frauen gründen und wesentlich stärker darin unterstützt werden würden, größer zu denken? Was wäre, wenn erfolgreiche Gründerinnen vor den Vorhang treten und sichtbar werden würden, ohne sich in ein Wettbewerbsverhältnis zu begeben?

Mit der herCAREER am 29. und 30. Oktober 2020 in München setzen wir an dieser Stelle an. Diese Karrieremesse ist anders: Im Fokus stehen Erfahrungs- und Wissensaustausch auf Augenhöhe und über alle Hierarchiestufen hinweg – zwischen Gründerinnen und solchen, die es werden wollen, Managerinnen und Frauen, die die nächste Herausforderung suchen. „Die herCAREER hat sich genau das zur Aufgabe gemacht, worüber so viele schon lange reden, wenn es um ‚Female Empowerment‘ geht: Weibliche Vorbilder in der Wirtschaft und im Unternehmertum schaffen. Nicht nur weil es unglaublich wichtig für die Werte unserer Gesellschaft ist, sondern auch weil extrem viel Potential verloren geht, wenn Frauen nicht ermutigt und gefördert werden“, sagt Sabrina Spielberger, Gründerin und CEO der Affiliate-Plattform digidip.

Dass es bereits zahlreiche Gründerinnen gibt, die als Role Models fungieren können, aber vielleicht nicht in der öffentlichen Wahrnehmung vorhanden sind, zeigt die herCAREER nur zu gut.  Diese Frauen sichtbar zu machen, ist eine wichtige Mission der herCAREER. Aber die herCAREER geht noch einen Schritt weiter und damit weit über das Thema „Mut machen“ hinaus. ExpertenInnen, Role Models und InsiderInnen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik stehen auf der herCAREER für einen fachlichen Austausch bereit, geben konkrete Tipps und teilen ihre Lernkurven. Sie unterstützen Frauen somit, schneller zu wachsen und von den Lernkurven anderer zu profitieren.

Auf der herCAREER werden Netzwerke über Hierarchien hinweg erweitert. Denn ohne funktionierende Netzwerke funktioniert nämlich auch eine Gründung nicht …

Gründerpitch: Gründer suchen Mitgründerin

Die herCAREER hat sich zudem der Aufgabe verschrieben männliche Gründer/teams dabei zu unterstützen, sich diverser aufzustellen. Diese können sich daher hier für einen kostenfreien Pitch um eine Mitgründerin oder eine Besetzung auf C-Level bewerben.

Dabei stellt sich der männliche Gründer oder das Gründerteam einem mehrheitlich weiblichen Publikum vor und tritt im Anschluss mit den Interessentinnen in den Austausch.

Die Digitalisierung bietet neue Chancen für Frauen zum Gründen

Eine Sache ist mir noch wichtig: Die Digitalisierung bietet Frauen unglaubliche Chancen, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, auch ohne dass sie Informatik studiert haben. Fakt ist nämlich, dass im Bereich IT ein Großteil der männlichen Gründer (über 40 Prozent) Betriebs- oder Volkswirtschaft studiert haben und damit auch selbst nicht mehrheitlich über einen MINT-Background verfügen.

Frauen müssen wissen, dass man nicht Informatik studiert haben muss, um ein IT-Unternehmen aufzubauen. Es gibt inzwischen so viele weitere Möglichkeiten, sich die benötigten Kompetenzen an Bord zu holen, wie auch die herCAREER anhand vieler Beispiele zeigt.

Über die Autorin

Die Gründerin Natascha Hoffner verfügt über 19 Jahre Erfahrung in der Messebranche. Sie war bereits ab dem Jahr 2000 Teil einer Neugründung in der Messebranche mit Sitz in Mannheim und maßgeblich am Auf- und Ausbau von Messen und Kongressen im In- und Ausland beteiligt, die als Leitveranstaltungen ihrer Branche etabliert wurden. In Spitzenzeiten war sie gemeinsam mit dem damaligen Gründer für bis zu 20 Messen und Kongresse jährlich und rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verantwortlich. Für dieses Unternehmen, welches zuletzt zur Tochtergesellschaft der Deutschen Messe AG wurde, war sie über fünf Jahre als Geschäftsführerin tätig. Im April 2015 gründete sie die messe.rocks GmbH mit Sitz im Münchner Osten.