Das jährliche Erbvolumen in Deutschland (incl. Schenkungen) beträgt laut Schätzungen bis zu 400 Milliarden €, wie 2017 eine Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung ergab.

400 Milliarden im Jahr. Und in bereits begüterten Familien wird natürlich mehr vererbt: im obersten Einkommens-Fünftel sind es im Schnitt 248.000 €, im untersten Fünftel nur 12.000 €.

Die Mehrzahl der Erbschaften kann aufgrund hoher Freibeträge steuerfrei übertragen werden. Ebenso, wenn besonders große Vermögen als Betriebsvermögen geltend gemacht werden.

Die Wienerin Marlene Engelhorn, Nachfahrin von BASF-Gründer Friedrich Engelhorn, erbte von ihrer Großmutter ein ansehnliches Vermögen, so die Süddeutsche Zeitung, die sie kürzlich interviewt hat. „Doch Engelhorn, die sich auch für die Initiative taxmenow engagiert, will die Erbschaft nicht. Sie ist fest entschlossen, 90 % davon – etwa 25 Millionen € – an die Allgemeinheit weiterzugeben.”

Nun hat die Erbin für sich eine ungewöhnliche Lösung gefunden – sagt aber: „Ehrlicherweise wäre ich aber glücklicher gewesen, wenn ich hätte Steuern zahlen können auf mein Vermögen.“ In einem früheren SZ-Streitgespräch forderte sie: „Wir brauchen eine bessere Erbschaftsteuer, eine Vermögen- und Schenkungsteuer und eine progressive Kapitalertragsteuer. Besonders wichtig ist auch eine gute Ausstattung der Steuerbehörden, denn es geht sehr viel Geld durch Steuerflucht, -hinterziehung und -vermeidung verloren.“ Für sie ist eine Erbschaft “das Geld meiner Großeltern, die es der Arbeit unzähliger Menschen verdanken, die trotz dieser Arbeit nichts davon haben”.

Nun organisiert Engelhorn zusammen mit dem Foresight Institute einen Bürger:innenrat aus 50 Personen, die repräsentativ für die Bevölkerung Österreichs stehen. Der „Gute Rat für Rückverteilung“ soll über die Verteilung des Vermögens entscheiden.

„Ich schaue gar nicht so sehr auf das Ergebnis, mir ist der Weg dahin besonders wichtig. (…) Der Prozess ist demokratisch, so partizipativ und repräsentativ wie möglich. (…) Das Ganze ist jedenfalls demokratischer, als wenn ich alleine darüber entscheide, was mit dem Geld passiert“, sagt Engelhorn.

Warum sie es nicht einfach stifte? Stiften habe eine Machtkomponente, die nicht zu rechtfertigen sei. Beim Stiften würden die eigenen Vorurteile und blinden Flecken, die eigene Macht reproduziert werden. Das widerspreche dem demokratischen Gedanken.

„Wir sollten als Gesellschaft solch große Erbschaften niemandem unkontrolliert, unbesteuert und ohne Transparenz in die Hand drücken“, meint Engelhorn.

Der letzte Oxfam-Ungleichheitsbericht habe wieder deutlich gemacht, „dass Vermögen eine große Gefahr für die Demokratie ist. Gleichzeitig gibt es ein hohes mediales Interesse am Thema #Vermögensbesteuerung. (…) Immer mehr Menschen verstehen, wie die Verteilung funktioniert, und dass sie das Ergebnis von politischen Entscheidungen ist, die wir verändern können.“

herVIEW - Natascha Hoffner

Ein Beitrag von Natascha Hoffner, Founder & CEO of herCAREER I WiWo-Kolumnistin I LinkedIn-TOP-Voice 2020 I W&V 2019 – 100 Köpfe
veröffentlicht bei LinkedIn 15.02.2024