Manuela Sailer ist Senior Manager Risk Advisory beim Prüfungs- und Beratungsunternehmen Deloitte und als Teil der Deloitte-Kampagne „Women in Risk“ Impulsgeberin und Vorbild für viele Frauen in der Branche. Ihr Geheimrezept: Sich Verbündete suchen, andere ermutigen, mit dem eigenen Weg inspirieren. Und vertrauen.

„Wenn wir selbstbewusst sind und uns einfach hinstellen und sagen: ‚Ich rocke das‘!, dann rocken wir das auch.“

herCAREER: Manuela, du giltst als Role Model und engagierst dich für die Sichtbarkeit von Frauen in der Risikoberatung. Hast du selbst Vorbilder, an denen du dich orientierst?

Manuela Sailer: Einige (lacht)! Ein Role Modell muss aber nicht unbedingt eine Frau mit einer Spitzenposition sein. Ich habe auch jüngere männliche Kollegen, die für mich Role Model sind. Sie hinterfragen Dinge, nehmen nicht alles so hin, wie es ihnen gesagt wird, haben eigene Ideen. Ich unterscheide da nicht zwischen Mann oder Frau. Wahrscheinlich habe ich sogar mehr männliche als weibliche Vorbilder, einfach, weil sie mehr vertreten sind. Ein Kollege hat mal gesagt: „Sei dir nicht zu fein, auch mal das von anderen zu kopieren, was sie gut machen“. Das ist sehr wahr.

herCAREER: Ein Buch, das du gerne empfiehlst, heißt „Nice Girls don’t get the Corner Office“. Es geht darum, dass wir Frauen uns selbst sabotieren, indem wir zum Beispiel immer um Erlaubnis fragen, uns ständig entschuldigen etc. Warum tun wir das? Und wie können wir es ändern?

Manuela Sailer: Ich glaube, das hat viel mit der Erziehung und unserem kulturellen Umfeld zu tun. Grundsätzlich sind aus meiner persönlichen Erfahrung Frauen weniger selbstbewusst als Männer. Das fällt mir immer wieder auf. Und an diesem Selbstbewusstsein hängt alles andere. Bist du selbstbewusst, sprichst du aus, was du denkst und kannst damit umgehen, wenn mal einen Fehler passiert. Wenn wir selbstbewusst sind und uns einfach hinstellen und sagen: „Ich rocke das!“, dann rocken wir das auch. Ich versuche deswegen ganz bewusst, meine Kinder viele Dinge tun zu lassen, denn um selbstbewusst zu werden, müssen einem andere etwas zutrauen. Das mache ich auch bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern so. Manchmal weiß ich vorher, dass Dinge vielleicht nicht so funktionieren, wie sie es angehen. Ich lasse es sie trotzdem probieren. Wenn es klappt, wachsen sie daran – und wenn nicht, wachsen sie auch. Und sie sehen, dass sie trotzdem aufgefangen werden, wenn sie etwas falsch machen. Erfolg hast du ja nur, wenn dir jemand die Möglichkeit gibt, etwas auszuprobieren. Dann wächst das Selbstbewusstsein automatisch.

herCAREER: Du sagst auch, dass Frauen generell mutiger sein sollen, um mehr gesehen und gehört zu werden. Wie schaffen wir das? Was können wir ganz konkret im nächsten Meeting machen, wenn wir uns nicht trauen, etwas Bestimmtes zu sagen?

Manuela Sailer: Such dir Verbündete! Das macht ja jede von uns auch im Privatleben, bei Freunden und Familie. Und das ist im Job das Gleiche. Ohne Verbündete kannst du nicht gewinnen. Auch die Risikobereitschaft steigt, wenn jemand hinter uns steht und uns im Fall der Fälle auffangen kann bzw. uns Rückendeckung gibt. Das machen Männer übrigens viel besser als wir Frauen. Die gehen abends einen trinken – und treffen da auch die Entscheidungen. Deswegen gehe ich meistens mit (lacht).

herCAREER: Was brauchen Frauen, um in einem Männer-dominierten Business zurechtzukommen?

Manuela Sailer: Es schadet sicher nicht, extrovertiert zu sein, mutig, auch mal eine große Klappe zu haben. Wichtig ist auch, dass man die Office-Politik beherrscht. Du arbeitest hart und machst vieles gut? Dann sei stolz darauf und rede darüber!

herCAREER: Viele denken sich jetzt sicher: Ich kann mich doch nicht vor den Chef oder die Chefin stellen und einfach erzählen, was ich heute schon geleistet habe…

Manuela Sailer: Doch, und zwar mit Kleinigkeiten. Mal den Chef oder die Chefin in CC nehmen, in Team-Meetings immer wieder sagen, was man so macht. Solche Meetings sind ja oft Selbstpräsentationen, da sollte man sich schon beteiligen und sich trauen. Das tun wir Frauen zu selten. Frauen müssen sichtbar sein. Und dabei können Führungskräfte sie unterstützen, indem sie im Meeting auch mal jemanden aufrufen, der eher still ist. Mit Fingerspitzengefühl natürlich, man will ja niemandem auf die Füße treten.

herCAREER: Wie kannst du als Führungskraft weibliche Mitarbeiterinnen sonst noch ermutigen?

Manuela Sailer: Ich höre viel zu, ich weiß z.B. bei allen Mitarbeiterinnen, wie es ihrer Oma geht. Und wenn dann eine Beförderung ansteht, mache ich Mut. Und gebe Feedback, dass sie gut ist und was kann! Das gibt Selbstbewusstsein. Wichtig ist auch, zusammenzuhalten, andere gezielt an Bord zu holen. Das machen Männer genauso.

herCAREER: Vor Kunden in der Größenordnung, wie du sie betreust, schrecken – gerade junge – Frauen vermutlich oft zurück. Was würdest du ihnen raten?

Manuela Sailer: Am Anfang geht es vor allem darum, Fachexpertise und Erfahrung aufzubauen. Wenn du die hast, solltest du dich auf Zahlen einlassen können. Frauen bekommen vor großen Zahlen oft Angst, warum eigentlich? Seid mutiger, das kommt so gut an. Und es findet sich für jedes Problem eine Lösung, wenn man es entsprechend in Einzelteile zerlegt.

herCAREER: Du engagierst dich auch in der Deloitte-Kampagne „Women in Risk“. Was kannst du damit bewirken?

Manuela Sailer: Ich finde es extrem schade, dass so viele Kolleginnen den Job aufgeben, wenn sie Mutter werden. Davor sind sie bei jedem Spaß dabei, und dann gehen sie. Viele meiner Kolleginnen haben das so gemacht, weil sie mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen möchten oder weil sie meinen, dass sie Kinder und Job nicht zusammenkriegen. Ich zum Beispiel habe während der Online-Meetings Milch abgepumpt und konnte dadurch teilnehmen. Übrigens, in den Unternehmen in den USA, wo ich mein erstes Kind bekommen habe, ist ein Nursing-Room, in dem man stillen kann, selbstverständlich. Davon sind wir hier noch weit entfernt. Und auch wenn mein Weg sicher nicht für jede passt, ist es ein Weg, der andere vielleicht inspiriert. Denn die meisten hinterfragen die Dinge nicht, sondern machen alles so, wie es eben alle machen.

herCAREER: Was können andere noch von deinem Weg lernen?

Manuela Sailer: Mein Mann und ich haben den Alltag mit zwei Kindern sehr gut durchgetaktet. Wir nehmen uns bewusst feste Zeitslots für Sport, Quality Time, gemeinsame Mittagessen und Dates am Abend. Und die fest und langfristig geplant. Anders geht es nicht. Zumindest nicht für mich.

herCAREER: Was macht eine Führungskraft erfolgreich?

Manuela Sailer: Ganz klar: Eine gute Führungskraft hilft den anderen, erfolgreich zu sein in einem Team. Denn niemand von uns ist alleine erfolgreich. Wir erreichen Dinge nur gemeinsam. Das ist so. Als Führungskraft ist es außerdem ganz wichtig, dass man Entscheidungen trifft. Auch wenn es vielleicht nicht immer die richtigen sind. Verantwortung übernehmen, auch für die anderen, Rückhalt bieten. Und Vertrauen. Denn darauf basiert doch das ganze System.

Deloitte wird als Aussteller:in am 06. und 07. Oktober 2022 auf der herCAREER-Expo in München live vor Ort sein und zwei Karriere-MeetUps und zwei Job-Offer-Talks präsentieren.

Über die Person

Manuela Sailer ist Senior Manager im Bereich Risk Advisory bei Deloitte. In den vergangenen zehn Jahren hat sie etwa 60 Organisationen bei der Einführung und Optimierung von IT-Risiko und Compliance Systeme beraten – 13 davon sind im Dax 40 bzw. S&P 500 gelistet. Manuela engagiert sich in der Deloitte-Kampagne „Women in Risk“ und ist Impulsgeberin und Vorbild für viele Frauen in der Branche. Ihre Karriere begann 2010 bei IBM und beinhaltet Stationen bei verschiedenen Beratungen, unter anderem Anglepoint in den USA. Ihren ersten Rechner finanzierte sich Manuela während des Studiums in einem ganz anderen Bereich: Sie verkaufte Brezen auf dem Münchner Oktoberfest.

Das Interview führte Julia Gundelach.