„Verzerrte Welt“: Die SZ beschäftigt sich mit den unbewussten Mustern, die unsere Meinungen und Entscheidungen prägen – Stichwort #Bias, also kognitive Verzerrung.

„In der Corona-Pandemie, in Fragen des Klimawandels, des Krieges in der Ukraine und anderer wichtiger Dinge (…): Im Prinzip verfügen alle über die fast gleichen Informationen und streiten bitter über Auslegung sowie Konsequenz. (…) Statt auf rigorose Analyse aller relevanten Informationen zu setzen, vertrauen Menschen unbewusst auf sogenannte Heuristiken, nutzen also mentale Faustregeln und automatisch ablaufende Prozesse.“

Der Mensch betrachte sich gern als rationales Wesen, handele und urteile jedoch selten auf Basis von Wahrscheinlichkeiten und Statistiken. Nach dem Prinzip der „begrenzten Rationalität“ könne ein Einzelner auch niemals alle entscheidenden Informationen sammeln und auswerten. „Ohne mentale Abkürzungen sind Entscheidungen so gut wie unmöglich zu fällen. Bias ließen sich also als von der Evolution programmierte Hirnalgorithmen betrachten, die Menschen durch die Herausforderungen der Welt navigieren.“

Das Konzept der begrenzten Rationalität habe „das Super-Duo der Bias-Forschung“, Amos Tversky und Daniel Kahneman, in den 1970er-Jahren zu ihrer Arbeit inspiriert, in der sie den Begriff der kognitiven Verzerrung einführten.

Verschiedene Arten von Bias wurden definiert. Etwa der Confirmation Bias – die Neigung, Informationen so zu interpretieren, dass sie zu den eigenen Überzeugungen passen und diese bestätigen. Dieser Effekt, meint der Psychologe Raymond Nickerson, sei für einen erheblichen Teil der Dispute, Verwerfungen und Missverständnisse verantwortlich, die zwischen Individuen, Gruppen und Nationen entstehen.

In vielen Versuchen hätten Psychologen gezeigt, so die SZ, wie kreativ Probanden mit Informationen umgingen – sie interpretierten ein und denselben Text manchmal völlig gegensätzlich, jeweils im Sinne ihrer Haltung zu einem hochumstrittenen Thema. „Je wichtiger den Anhängern eines Lagers ein Thema ist, desto größer ist auch der unbewusste Anreiz, die Dinge im eigenen Sinne zu verzerren. Und selbst wenn die Gegenseite mal einen vernünftigen Vorschlag macht, muss dieser trotzdem blöd sein – er kommt ja von der Gegenseite (Myside Bias).“

Ob sich das Denken „wenigstens hin und wieder aus den Bias-Gehegen hinausführen“ ließe? Schwierig, aber: „Vielleicht hilft es ja doch, sich hin und wieder über die Macken des Denkens bewusst zu werden und zu akzeptieren, dass man selbst ebenfalls nicht mit der Gabe der objektiven Wahrnehmung gesegnet ist. (…) Einer der am besten belegten Befunde der Bias-Forschung ist der sogenannte Bias Blind Spot: also die Überzeugung, dass die anderen alle auf dem Holzweg der kognitiven Verzerrungen unterwegs sind, man selbst aber auf dem Pfad der wohlbegründeten Evidenz wandelt.“

Wie hieß der schöne Satz? „Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.“ (Francis Picabia)

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Ein Beitrag von Natascha Hoffner, Founder & CEO of herCAREER I WiWo-Kolumnistin I LinkedIn-TOP-Voice 2020 I W&V 2019 – 100 Köpfe
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