Die digitale Transformation (kurz dT) ist in aller Munde und beschäftigt Unternehmen, HR-Verantwortliche und Mitarbeitende gleichermaßen. Doch welche Bedeutung und welche Auswirkungen hat die dT nun für bzw. auf die Unternehmen im Allgemeinen und Human Resources (HR) im Besonderen? Was gilt es dabei alles zu bedenken, und welche Chancen und Risiken verbergen sich hinter der digitalen Transformation? Im Interview mit herCAREER gibt Expertin Christa Stienen Antworten auf diese Fragen.

„Ein fortlaufender, tiefgreifender Veränderungsprozess in Wirtschaft und Gesellschaft“

herCAREER: Wo siehst du die Vorteile, Chancen und Möglichkeiten von digitaler Transformation in Unternehmen?

Christa Stienen: Die digitale Transformation (kurz dT) ist in aller Munde und beschäftigt Unternehmen, HR-Verantwortliche und Mitarbeitende gleichermaßen. Und dies völlig zu Recht. Ohne eine Überleitung der in vielen Bereichen (noch) analogen, teilweise digitalen Arbeitswelt in eine digital transformierte Arbeitswelt werden in der Zukunft nicht wenige Unternehmen massive Probleme bekommen: Sie werden den immer weiter steigenden notwendigen Ansprüchen an die Effizienz und Produktivität nicht gerecht werden – und in der Folge mangels Konkurrenzfähigkeit vom Markt verschwinden. Es ist sehr wichtig, diese Dimension zu verstehen und richtig einzuordnen.

Die digitale Transformation ist dabei von der Digitalisierung eines Unternehmens zu unterscheiden: Bei der Digitalisierung werden digitale Technologien in bestehende Geschäftsprozesse integriert (Beispiel: Papierakten versus digitale Akten), wogegen die digitale Transformation bezeichnet werden kann als eine Reaktion auf die Veränderungsprozesse, die von der Digitalisierung verursacht werden (ganze Prozesse werden optimiert und Strukturen im Grundsatz verändert).

Unter digitaler Transformation verstehen wir im Allgemeinen einen fortlaufenden tiefgreifenden Veränderungsprozess in Wirtschaft und Gesellschaft. Dieser Veränderungsprozess – ich will ihn hier Change-Prozess nennen – ist durch die Entstehung immer leistungsfähigerer digitaler Techniken und Technologien ausgelöst worden.

Ich bin der festen Überzeugung, dass die dT für die Unternehmen eine Herausforderung sehr großen Ausmaßes darstellt, der es angemessen und hochprofessionell zu begegnen gilt. Dafür wird ein Hinterfragen der eigenen Unternehmensstrategie ebenso notwendig sein wie die Implementierung einer adäquaten Change-Architektur.

Wir sollten auch verstehen, dass es sich bei der digitalen Transformation um einen Change-Prozess historischen Ausmaßes handelt. Die dT ist bei weitem mehr als eine Industrie 4.0. Ging es bei dieser doch (vereinfacht ausgedrückt) lediglich um die zunehmende Vernetzung und Digitalisierung bis dahin analoger Techniken und die Integration cyber-physischer Systeme.

Die dT ist mehr: Durch sie werden alte Strukturen aufgebrochen und ganze Prozessketten völlig neu gestaltet – mit vielen Vorteilen für die Unternehmen. Diese werden effizienter, produktiver und somit wettbewerbsfähiger.

herCAREER: Welche Risiken können solche Umwandlungsprozesse mit sich bringen?

Christa Stienen: Die digitale Transformation ist mehr als Industrie 4.0. Die Dimensionen sollten allen Verantwortlichen klar sein.

Dabei interessiert es an dieser Stelle erst einmal nicht so sehr, dass die dT unser Denken und Arbeiten von Grund auf verändert, dass wir dadurch innovationsfreudiger, agiler und auch flexibler werden. Auch dass digital transformierte Unternehmen besser für die Herausforderungen der Zukunft gerüstet sind, dass sie weniger anfällig gegenüber der Disruption sind und attraktivere Arbeitgeber darstellen, steht erst einmal nicht im Vordergrund.

Denn zuallererst gilt es, die Frage jeder einzelnen in den Prozess involvierten Person zu beantworten: What`s in it for me?

Die digitale Transformation bezieht sich nicht nur auf digitale Technik, z.B. mit E-Learnings oder dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (Industrie 5.0), sondern sie ist zudem immer ein Prozess mit umfangreichen – auch emotionalen – Auswirkungen auf die Menschen in einem Unternehmen und damit auf die Gesellschaft, in der wir leben.

Hierin besteht das Hauptproblem, die größte Herausforderung! Denn wer die Menschen in diesem Transformationsprozess nicht mitnimmt, der wird scheitern. Die Menschen in einem Unternehmen haben Ängste, ob vor neuen Technologien oder vor einem Rollenverlust. Das ist völlig normal. Solche Ängste, Sorgen und Widerstände ernst zu nehmen, ihnen offen entgegenzutreten ist von herausragender Bedeutung. Oft wird allzu schnell bei den ersten (erwartbaren) Widerständen der gesamte Transformationsprozess in Frage gestellt. Wer den Weg der Transformation dann nicht konsequent weiter geht, gar auf der Hälfte der Strecke abbricht, wird scheitern. Und dann steht man womöglich nicht nur vor einem digitalen und einem unternehmerischen, sondern auch vor einem menschlichen Scherbenhaufen.

herCAREER: Aus HR-Sicht: Wie sollten Führungskräfte ihre Mitarbeitenden dabei unterstützen, die dT zu fördern – und bei ihrer Tätigkeit selbst optimal davon zu profitieren?

Christa Stienen: Human Resources muss alle Führungskräfte auf dem Weg der digitalen Transformation begleiten, sie qualifizieren und vorbereiten, damit die Neuerungen konfliktfrei und so reibungslos wie möglich ablaufen können. Human Resources ist daher ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Begleiter des digitalen Transformationsprozesses.

Zum einen findet die dT als Veränderungsprozess in HR selbst statt, und zum anderen muss HR die Führungskräfte und Mitarbeitenden im Unternehmen bei deren persönlicher digitaler Transformation unterstützend begleiten, sie als Community für den Prozess gewinnen und auf den Weg mitnehmen. HR ist von digitaler Transformation also doppelt betroffen und muss zudem eine wichtige Aufgabe erfüllen: eine sinnstiftende Klammer bilden, das Unternehmen und die Gemeinschaft aller im Unternehmen Tätigen im wahrsten Sinne des Wortes zusammenhalten.

Für die Führungskräfte in einem Unternehmen bedeutet dies, dass sie sich selbst mit dem Change-Prozess inhaltlich und persönlich intensiv auseinandersetzen.

Passende Development-Formate wie Einzel- und Gruppen-Coachings, Kommunikationstrainings sowie Trainings für das Hintergrundwissen zu Change-Prozessen gehören zum notwendigen Angebot. Gilt es doch alle Prozessbeteiligten optimal mitzunehmen.

Sehr wichtig ist dabei zudem, die dT jederzeit klar im Business-Kontext zu denken, sie in diesen einzubinden und so für das Unternehmen tatsächlich umsetzbar zu machen.

Zu alledem kann und muss HR einen wichtigen nachhaltigen Beitrag leisten und damit maßgeblich mit auf den Unternehmenserfolg einzahlen (Stichworte: Sustainability und digitaler = produktiver). Denn HR ist weder reiner Selbstzweck noch eine Alibi-Veranstaltung.

herCAREER: Bei herCAREER geht es vor allem um den fachlichen Austausch, der auf den persönlichen Erfahrungen und dem Wissen der Sparringspartner:innen aufsetzt. Zu welchen Themen kannst Du im Vorfeld / auf der Messe / im Nachgang als Austauschpartnerin fungieren – in Schlagworten?

  • Transformation
  • Sustainability
  • Networking
  • Human Resources

herCAREER: Würdest Du auch als Mentor:in bei herCAREER fungieren? Welche Frau würdest Du dir als Mentee wünschen?

Beispiel: Ich wünsche mir dafür Menschen, die pro-aktiv ihren Karriereweg beschreiten möchten und bereit sind, die „Extra-mile“ dafür zu gehen.

Zur Kontaktaufnahme bitte die von der Interviewpartner:in angegebenen Möglichkeiten nutzen und sich auf das Interview  bei herCAREER-Learn & Connect beziehen.

Über die Person

Christa Stienen, Top Executive Human Resources, ist ein ergebnisorientierter HR-Profi und eine dynamische Leaderin mit Erfolgsbilanz beim Neuaufbau moderner HR-Abteilungen. Dabei hat sie neben den Geschäftsergebnissen auch die Menschen im Unternehmen jederzeit im Blick.
Als Ex-Chief Human Resources Manager und Ex-Chief People Officer hat Christa über 25 Jahre erfolgreiche Praxis- und Berufserfahrung als Führungskraft in verschiedenen Branchen: z.B. Handel, Pharma, Aviation, Logistik und Non-Profit-Organisationen. So zählen u.a. Metro AG, Daiichi Sankyo, Lufthansa AG, DB Schenker und Hellmann SE zu ihren Stationen.

Mit ihrer umfassenden strategischen und inhaltlichen Managementerfahrung gilt sie als ausgewiesene Expertin für Transformation, Strategie und Verantwortungsübernahme in Krisensituationen und ist geschätzte Partnerin in Führungsteams. Sie hat im internationalen Kontext profunde Erfahrung in der Unterstützung großer, vielfältiger Belegschaften, insbesondere in internationalen Matrix-Organisationen.

Christa steht für strukturiertes, diversitätsorientiertes Talentmanagement und maßgeschneidertes Employer Branding. Sie ist Fachfrau auf dem Gebiet der Kommunikation und konnte dies in verschiedenen Krisensituationen erfolgreich unter Beweis stellen. Ihre strategische und komplexe, ganzheitliche Denk- und Sichtweise macht sie zu einer gefragten Expertin und C-Level-Coach, wenn es um multidisziplinäres Arbeiten geht. Sie ist eine Autorität in allen Personalangelegenheiten und hat ihre Expertise in lokalen, föderalen und europäischen Ausschüssen unter Beweis gestellt. Christa steuert und verhandelt eine aktive Sozialpartnerschaft auf Augenhöhe mit den Arbeitnehmervertretungen.

Sie verfügt nicht nur über umfassende Einblicke und Erfahrungen im General Management von Profit-Organisationen, sondern auch im Management von öffentlichen und gemeinnützigen Organisationen. Sie doziert an verschiedenen Hochschulen im In- und Ausland, ist leidenschaftliche Netzwerkerin und versierte Aufsichtsrätin zahlreicher branchenübergreifender Organisationen und Start-ups. Zudem arbeitet sie in diversen Think Tanks und war viele Jahre Vizepräsidentin im Bundesverband der Personalmanager.

Dieses Interview bezieht sich auf ein MeetUp der herCAREER Expo 2023.

Beziehe Dich auf das Interview der herCAREER Community und nutze eine Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme, die der/die Interviewpartner/in angegebenen hat. Das Angebot für ein Sparring bezieht sich auf einen lockerer Austausch. herCAREER fungiert damit als Brückenbauerin. Nimm gerne die Einladung für den Austausch an. Du musst dafür nichts direkt an Deine Sparringspartner/in zurückgeben, kannst Dich aber gerne an anderer Stelle im Netzwerk mit Deiner Expertise einbringen.

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