Susan Omondi ist Autorin des Buches “Ich, Du, Wir und Vielfalt – 47 magische Wege wie Einheimische und Nichteinheimische einander begegnen” und arbeitet als Trainerin für Diversity und Ethics in Technology.

Auf der herCAREER Expo 2023 hat sie mit Julia Hägele, Chefredakteurin von herCAREER, darüber gesprochen, welche unterschiedlichen Herausforderungen ihr in ihrem Geburtsland Kenia und in ihrer heutigen Heimat Deutschland begegnet sind und wie Einheimische und Nicht-Einheimische zueinander finden können.

Thema

Wirtschaft, Arbeit & New Work | Gesellschaft

Angaben zur Referent:in

Susan Omondi, geboren in Kenia, kam 1997 nach Deutschland, um zu studieren. Mit mehr als achtzehn Jahren Erfahrung in namhaften Unternehmen weiß sie, auf welche Weise Diversität Menschen privat und geschäftlich berührt, ängstigt und teilweise sogar hemmt. Sie begeistert Menschen und Unternehmen für Digitalisierung, für das Qualitätsmanagement sowie für Ethik und Diversität im Design und in der Technologie als Keynote-Speakerin, Trainerin, Projektleiterin, Auditorin und Moderatorin. Das Thema Vielfalt und die damit verbundenen Herausforderungen geht sie trotz der Ablehnung, die sie selbst erfahren hat, sehr positiv an. Durch eigene Storys untermauert, begeistert sie Menschen mit tiefgründigen und zugleich humorvollen Beiträgen und Vorträgen. Ihre Fans nennen sie „lebensverändernd“. Ihre Art, eine Botschaft zu transportieren, sei „locker, wegweisend und rege zugleich zum Nachdenken“ an. Damit nimmt sie Menschen die Angst. Ihr Leitsatz lautet: „Wenn wir uns aufeinander einlassen, passiert Magie.“ Sie ist überzeugt, dass Großartiges nur entsteht, wenn wir Menschen in ihrer Einzigartigkeit noch mehr zutrauen. Ihre Mission ist es, die Magie in den Menschen und in der Vielfalt zu entfesseln, und zwar über die Diversity Storys hinaus. Ihre Vision: eine Welt zu gestalten, in der unsere Botschaft, Produkte und Lösungen eine verantwortungsvolle Auswirkung auf die Menschen haben. Susan Omondi lebt mit ihrem Mann und ihren Kindern in Süddeutschland.

Der Beitrag wurde im Rahmen der herCAREER Expo 2023 aufgezeichnet und als Podcast aufbereitet.

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00:00:00-0 Susan Omondi: Wenn wir von Diversity sprechen, ist es toxisch aus meiner Sicht zu sagen, wir beschützen diese Leute, es geht um Befähigung. Dass die Leute ihre Talente und ihre Storys erkennen und so auch weitere Leute befähigen. Das geht aber auch darum, dass wir über die Diversität hinausgehen, also nett sein alleine reicht nicht mehr oder ich bin ja nicht diskriminierend. Spannend finde ich, die meisten Leute denken, wenn wir von Diversität sprechen, dass sie dann Rassisten sind und blockieren gleich ab. Dabei vermissen sie eben diese Chancen, die wir brauchen, um miteinander zu wachsen.

00:00:48-8 Julia Hägele: Herzlich willkommen beim herCareer Voice Podcast. Hier kommen Menschen zu Wort, die sich für eine vielfältige und gerechte Arbeitswelt einsetzen. Von der herCAREER-Expo live und aus der herCAREER-Community. Susan Omondi ist Autorin des Buches „Ich, du, wir und Vielfalt – 47 magische Wege, wie Einheimische und Nichteinheimische einander begegnen“. Und sie arbeitet als Speakerin und Trainerin für Diversity und Ethics in Technology. Ich bin Julia Hägele von HerCAREER. Beim Authors-Meetup auf der herCAREER-Expo 2023 habe ich mit Susan darüber gesprochen, welche unterschiedlichen Herausforderungen ihr in ihrem Geburtsland Kenia und in ihrer heutigen Heimat Deutschland begegnet sind und wie Einheimische und Nichteinheimische zueinanderfinden können.

00:01:49-0 Julia Hägele: Susan, wie muss eine Begegnung sein, damit du sie magisch nennst?

00:01:55-1 Susan Omondi: Ja, ich liebe diese Frage. Eine Begegnung ist magisch, wenn wir neugierig aufeinander zugehen. Einfach neugierig, was wir sonst noch entdecken und dann merken wir, dass ist mehr als nur die Person, die ich hier sehe, ich merke die Talente und dann finden wir Verbindungen und den schaffen wir was großartiges gemeinsam. Das ist eine magische Begegnung.

00:02:16-1 Julia Hägele: Liebes Publikum, im Verlauf unseres Gesprächs dürft ihr, dürfen Sie sehr gerne Fragen stellen. Ich komme später noch mal drauf zurück, nur dass Sie die Fragenmaschine schon mal anschmeißen. Du hast 47 Wege aufgezeigt, wie Einheimische und Nichteinheimische sich begegnen können sehr praktisch und du weißt auch wovon du sprichst, denn du bist 1997 von Kenia nach Deutschland gekommen, um zu studieren. Kannst du uns mehr über dieses Ankommen erzählen?

00:02:46-3 Susan Omondi: Ja, das Ankommen ist nicht etwas, was einfach so passiert. Es ist ein Prozess und die ersten Überraschungen sind, die Sonne scheint im April, aber es macht nicht warm. Das ist erst mal so, wow. Oder du hast Nachbarn, aber die sagen nicht hallo zu dir. Und dann fragst du dich, oh wow. Aber das Ankommen ist wie gesagt ein Prozess und nach und nach entdeckst du auch tolle Vorteile. Du entdeckst tolle Eigenschaften, die die Menschen mitbringen und deshalb sage ich immer, Deutschland ist für mich eine Liebe auf den zweiten Blick.

00:03:20-5 Julia Hägele: Kannst du das so ein bisschen näher erläutern, eine Liebe auf den zweiten Blick, wie lange hat es ungefähr gedauert, bis du das Gefühl hattest, du bist angekommen?

00:03:32-4 Susan Omondi: Es war auf und ab. Manchmal habe ich das Gefühl gehabt, ich bin schon angekommen, dann erfahre ich noch etwas, wo ich denke, okay ich bin noch nicht so weit, aber heute sage ich, ich bin richtig angekommen. Es ist wie mit Liebe, weiß man auch nicht, wann ist es wirklich so passiert. Aber Liebe auf den zweiten Blick damit meine ich einfach diese Hemmungen, die die Leute miteinander haben, diese Begegnungsängste, die können wir nur entdecken, wenn wir Leuten noch eine zweite Chance geben. Auch Leute, die uns gegenüber ablehnend reagieren, die können wir noch eine zweite Chance geben und wir können uns selbst auch eine zweite Chance geben. Wenn ich als Nichteinheimische drei Ablehnungen habe, kann ich immer noch einer vierten Person eine Chance geben und umgekehrt auch. Wenn ich auch schlechte Erfahrungen habt mit Ausländern, kann ich noch einen vierten eine Chance geben. Und das ist für mich eben diese Geduld entwickeln voreinander, das ist Liebe auf den zweiten Blick. Einfach bereit sein, das Verbindende zu finden.

00:04:33-7 Julia Hägele: Verstehe. Du warst eine herausragend gute Studentin, hast den DAAD-Preis für die beste ausländische Studentin bekommen, hast nach deinem Studium aber keinen Job gefunden. Kannst du uns von dieser schwierigen Phase ein bisschen erzählen?

00:04:52-9 Susan Omondi: Ja. Wer hat sich schon mal beworben? Wer hat sich schon hundertmal beworben? Wow. Habt ihr nach Begründungen gefragt? Nicht. Okay. Wenn mir etwas nicht so schmeckt, wie die Schweizer sagen würden, frage ich auch nach warum. Und ich habe mich wirklich lange beworben und am Anfang dachte ich, es ist immer etwas, was ich verändern kann, etwas was ich selbst ändern kann. Und dann habe ich angefangen zu fragen, warum sagen sie ab? Jetzt ist es aber so passiert, ich wurde eingeladen in ein Interview und nach einer Stunde wusste ich, es wird klappen. Wir haben gesprochen, mir hat die Person alles gezeigt was es gibt, das Thema war super. Und am Ende trifft dieser Mensch eine Entscheidung, aber dann sagte er, wissen Sie Frau Omondi, es passt alles, wir würden Sie gerne nehmen, aber unsere Kunden würden Sie nicht akzeptieren. Da war ich natürlich am Boden zerstört, das war zu viel. Das war zu viel, weil er hat schon gewusst, das ich schwarz bin, ist ja nicht zu verstecken, und er hat auch gewusst, dass ich nicht in Deutschland geboren wurde, warum lädt er mich dann ein, um dann am Ende das zu sagen? Das fand ich nicht so toll.

00:06:11-9 Julia Hägele: Das ist eine sehr harte Aussage. Was hast du mit dieser Aussage gemacht?

00:06:16-1 Susan Omondi: Zunächst mal meine Zwillinge, jetzt 14, sagen immer, immerhin hat er seine Wahrheit gesagt, denn dann weißt du woran du ansetzen kannst. Besser ist es, direkt zu sagen, woran es liegt, dann können wir etwas damit anfangen. Das ist sehr wichtig. Ich habe dann gemerkt, in der Opferrolle zu sein bringt mir nicht viel. Wenn ich jetzt erzählen, wenn ich dir zum Beispiel Katharina erzähle und du bemitleidest mich, dann kommen wir auch nicht weiter. Und dann habe ich erkannt, dass es besser ist, daraus zu wachsen, daraus zu lernen, trotzdem mir selbst auch eine Chance geben und den Blick auf das Positive. Das ist wirklich sehr wichtig. Und nur dadurch kann ich auch andere befähigen, damit umzugehen.

00:07:01-2 Julia Hägele: Verstehe. Du hast diesen positiven Blick dir erarbeitet, möchte ich fast sagen. Kannst du es verstehen, wenn andere diese Positivität nicht aufbringen können, wenn sie nur müde und nur wütend sind, wenn sie Ablehnung erfahren? Weil man braucht ja sehr viel Kraft, um die Dinge, die du gerade geschildert hast, zu verarbeiten. Also kannst du das verstehen, wenn jemand das nicht schafft?

00:07:26-0 Susan Omondi: Ja, ich kann es verstehen, absolut. Und es ist ja so, Diversität hat viele Gesichter, korrekt? Wir sitzen hier als Frauen, die meisten hier sind Frauen, also soweit ich lesen kann /lacht/. Ich sage das ja, weil ich ihr Buch kenne, und sie kommt auch nachher hierher.

00:07:43-8 Julia Hägele: Vielleicht für das Publikum, Sigi Lieb ist da, genau, mit ihr spreche ich später noch.

00:07:47-6 Susan Omondi: Und dennoch sind wir so vielfältig unterwegs. Und für die Nichteinheimische wie ich sage oder die Leute, die schwarz sind, manche wurden hier geboren, manche nicht. Auch bringen wir andere Rucksäcke mit und andere Geschichten und deshalb kann ich nicht wirklich sagen, warum sie so gut sind. Ich kann es verstehen, wichtig ist aber, sich damit auseinanderzusetzen, weil wir wenn wir wütend sind, bringt uns nicht weiter. Wir dürfen diese Wut in etwas positives verwandeln.

00:08:17-5 Julia Hägele: Verstehe. Ich würde gerne zu deinem Buch kommen. Wieso sind es eigentlich 47 Wege?

00:08:25-1 Susan Omondi: /lacht/ Ich verrate das Geheimnis heute. Ich wurde letztes Jahr 47 und ich habe im April Geburtstag und mein Ziel war, bevor ich 48 bin möchte ich, dass das Buch rauskommt, das war die Motivation für mich.

00:08:39-6 Julia Hägele: Gibt es aus diesen 47 Wegen einen Weg, der dein Lieblingsweg, einer der besonders wichtig für dich ist?

00:08:50-2 Susan Omondi: Ja, tatsächlich. Einen Weg habe ich aber nicht hier. Danke für diese tolle Frage. Einen Weg habe ich hier nicht beschrieben.

00:09:01-6 Julia Hägele: Ah, den erfahren wir jetzt?

00:09:02-0 Susan Omondi: Aber Moment.

00:09:01-5 Julia Hägele: Weg Nummer 48. Toll.

00:09:02-9 Susan Omondi: Moment.

00:09:05-6 Julia Hägele: An dein Mikro.

00:09:07-7 Susan Omondi: Musik wäre das. Musik ein Weg, Brücken zu bauen. Aber ein Weg, ein richtig toller Weg, was ich finde, ist von für die meisten sehr schwierig, aber mein Lieblingsweg ist, wenn wir zu unserer Story stehen. Und mein Lieblingsweg ist, die Magie und die Vielfalt in dir entfesseln. Weil wie bereits gesagt, wir alle sind so vielfältig unterwegs und wenn wir dann entdecken, was für tolle Sachen wir selbst haben, dann machen wir uns selbst nicht klein. Wenn wir wissen, welche Werte wir verfolgen, dann machen wir auch andere nicht klein, egal auch wenn andere sagen, ja warum stellst du eine Frau ein und dazu noch schwarz? Sondern wir wissen genau, okay ich stehe zu meinen Werten und nicht wackelig da. Und deshalb ist mein Appell an alle, einfach zu entdecken, was für tolle Eigenschaften sie selbst haben, und dann ist es egal, wenn jemand sagt, du bist nicht aus Deutschland, deshalb geben wir dir nicht einen Job, sondern du bist bereit groß zu sein. Und dann strahlst du auch von innen heraus und du befähigst auch andere, das gleiche zu tun. Das ist für mich der Lieblingsweg, eben 44.

00:10:16-5 Julia Hägele: Du gibst auch Seminare, Workshops zum Thema Diversity und kannst du uns ein bisschen was von deiner Arbeit erzählen? Was ist vielleicht die häufigste Sorge, mit der du konfrontiert wirst, was erfährst du?

00:10:30-9 Susan Omondi: Ja, es ist wirklich eine spannende Erfahrung und an dieser Stelle ist es mir wichtig zu sagen, wenn wir von Diversity sprechen dürfen wir nicht … ist es toxisch aus meiner Sicht zu sagen, wir beschützen diese Leute, es geht um Befähigung. Dass die Leute ihre Talente und ihre Storys erkennen und so auch weitere Leute befähigen. Das geht aber auch darum, dass wir über die Diversität hinausgehen, also nett sein alleine reicht nicht mehr oder ich bin ja nicht diskriminierend. Spannend finde ich, die meisten Leute denken, wenn wir von Diversität sprechen, dass sie dann Rassisten sind und blockieren gleich ab. Dabei vermissen sie eben diese Chancen, die wir brauchen, um miteinander zu wachsen. Und über die Diversität hinaus heißt auch für mich, dass wir hinterfragen, was für Produkte und Botschaften, was für Programme haben wir auf dieser Welt, die dann die Leute wiederum befähigen längst wenn wir tot sind. Das heißt, alles was wir tun, dürfen die Leute und ihre Umgebung nicht negativ, also dürfen keine negativen Auswirkungen haben, sondern dass wir auch überlegen, welche Werte hinterlassen wir? Ein Beispiel was ich immer nehme, was ihr nachvollziehen könnt, ist diese Entwicklungshilfe. Dass die Leute meinen, ja wir sind ja so nett, lasst uns mal Geld nach Afrika schicken. Und das macht was mit den Leuten. Wir sind nicht auf Augenhöhe. Und es ist wichtig, das auch zu hinterfragen, was bewirkt eigentlich mein Tun? Das ist wirklich sehr wichtig.

00:12:07-5 Julia Hägele: Ich habe auch einen Lieblingsweg, das ist Lieblingsweg Nummer 24. Ich habe mich sehr angesprochen gewühlt und das auch, dass dein Buch nicht nur für zugezogene ist, sondern eben auch für Einheimische, also du sprichst beide Seiten an, richtig?

00:12:19-4 Susan Omondi: Bitte?

00:12:20-8 Julia Hägele: Du sprichst beide Seiten an?

00:12:24-2 Susan Omondi: Ja absolut.

00:12:24-0 Julia Hägele: Genau. Das Kapitel heißt „Liebe oder Hass durch Missverständnisse“ und die Zusammenfassung lautet, dein Weg Nummer 24, “ ist es ab heute Klarheit zu schaffen. Und wenn du schon eine Annahme triffst, dann lieber eine positive als eine negative. Ich glaube, wir Menschen haben ja die Gabe zu antizipieren im Guten wie im Schlechten und ich glaube, es ist immer besser, mit den Leuten direkt zu reden als sich so auszumalen, warum jetzt dieses XY schiefgegangen sein könnte und jetzt hier ist so und man sitzt wie vor so einer Glaskugel und malt sich etwas aus und das kann nur ungesund sein. Das heißt, ich fand diesen Weg Nummer 24 fand ich richtig gut. Magst du noch mal da was dazu sagen?

00:13:10-5 Susan Omondi: Ja gerne, vielen vielen Dank, dass du das Buch gelesen hast.

00:13:14-0 Julia Hägele: Ja klar.

00:13:15-0 Susan Omondi: Dass du deinen Lieblingsweg gefunden hast, das finde ich wirklich toll. Ja, Liebe oder Hass durch Missverständnisse. Also meistens treffen wir Annahmen und das macht unser Leben ganz leicht oder? Und wir haben die alle, diese Vorurteile. Wichtig ist dennoch eben, wenn schon eine Annahme, dann eine positive und einfach Vertrauensvorschuss zu geben. Wir sind dann meistens so überrascht, wie toll eine Zusammenarbeit sein kann. Und Klarheit schaffen heißt einfach, Fragen stellen und Fragen stellen dürfen. Auch Bemerkungen von neugierigen Kindern zulassen. Ich glaube, darüber schreibe ich auch und ich würde gerne ein Stück davon lesen. Bemerkungen zulassen und dann darauf eingehen. Also Klarheit, wirklich Klarheit schaffen. Und wenn jemand einen Fehler macht, ins Fettnäpfchen tritt oder wie nennt man das? Ich meine, okay wir verzeihen einander und können uns noch mal, also wir können Missverständnisse aus dem Weg räumen. Also etwas, was damit verbunden ist oder damit zusammenhängt ist eine Story, die ich erfahren durfte in einem Schuhladen. Das steht auch hier.

00:14:25-1 Julia Hägele: Magst du lesen?

00:14:24-9 Susan Omondi: Ja. Bzw. ich erzähle es einfach.

00:14:28-3 Julia Hägele: Klar.

00:14:28-3 Susan Omondi: Und zwar, ich stehe kurz auf, wenn das okay ist.

00:14:29-8 Julia Hägele: Na klar.

00:14:32-2 Susan Omondi: Also was ich finde, was ich wirklich sehr sehr schade finde, ist, dass die Leute, die einladende Fragen immer als diskriminierend empfinden. Zum Beispiel wenn jemand mich fragt, Susan darf ich deine Haare anfassen? Und das einzige, was mich da stört, ist, dass ich nicht, wie heißt das, schlagfertig bin. Normalerweise würde ich sagen oder ich würde gerne so sagen, anschauen 10 Euro, anfassen 100 Euro. Aber das stört mich nicht. Und 2022, als das Buch entstand, ging ich in einen Schuhladen, wollte Schuhe kaufen, und ich liebe Schuhe, ja ich weiß, ich liebe Schuhe, ich stehe dazu, also gehe ich in einen Schuhladen, ich wollte Schuhe kaufen. Ich drehe mich mit dem Rücken zum Band und suche mir was aus und höre da eine Stimme, ich nenne das genauer, ein Kind, das wahrscheinlich froh ist, etwas anderes entdeckt zu haben, als nur Schuhe mit den Eltern, das Kind sagt dann, oh guck mal, da ist ein Schaf. /Lachen/ Und ich neugierig woher das kommt, gucke ich so an, schaue Noah an und sehe, dass er lächelt, aber gleichzeitig überrascht. Und ich lächle ihn an und ich würde gerne auf mein Gespräch eingehen, ich fand das so toll. Weil so ein Erlebnis hatten wir schon daheim, deshalb war es doppelt lustig für mich. Und dann aber, was mich traurig stimmt, dann kommen die Eltern und sagen Noah, komm wir gehen. Warum denn? Was hat denn Noah mitgenommen und was zeigen wir so unseren Kindern? Das ist nur ein Appell, lasst doch diese neugierigen Kinder etwas sagen und dann haben wir die Chance, miteinander in Kontakt auch zu treten. /Applaus/

00:16:33-0 Julia Hägele: Das heißt, es ist immer besser, ins Gespräch zu kommen, als das Gespräch zu vermeiden?

00:16:38-0 Susan Omondi: Absolut, absolut.

00:16:38-2 Julia Hägele: Ich würde dich gerne als Person noch ein bisschen besser kennenlernen. Magst du uns etwas über die unterschiedlichen Herausforderungen erzählen? Die du in Kenia hattest und die, die du dann in Deutschland hattest.

00:16:50-4 Susan Omondi: Ja, das ist eine spannende Sache, weil wie ich finde, Vielfalt und die damit verbundenen Herausforderungen sind nicht Sachen, die uns erst, ja, die wir nicht erst erleben in den Unternehmen, wenn wir feststellen, dass unsere Gehälter anders sind als die von Männern oder? /Applaus/ Und die fangen auch nicht erst an, wenn wir Nichteinheimische nach Deutschland kommen. Die fangen dort an, wo auch wir geboren worden sind. Und in Kenia, meine Mutter hat elf Kinder und wenn ihr euch fragt, wie ist das möglich? Wir hatten keinen Fernseher. Und wir sind neun Mädchen, zwei Jungs. Und meine Mutter wurde genannt, die Mutter von Mädchen. Und ich dachte, das wäre ein Kompliment, das war es nicht, das war es nicht. Und sie sagte immer, ihr meine Mädchen seid die Zukunft, sorry dafür. Aber immer wenn ich auf solchen Veranstaltungen bin schreibe ich ihr und sage, du hattest recht, ja wir die Mädchen, ihr seid die Zukunft. Und wichtig ist eben, nicht zu schweigen, wenn solche Kommentare kommen, es ist wichtig, dass wir nicht schweigen. Und meine Mutter hat nicht geschwiegen. Sie hatte viel zu tun, teilweise hatten wir nichts zu essen, aber ihr war wichtig uns zu sagen, ihr meine Mädchen, ihr seid die Zukunft, hört nicht auf diese Leute. Und das war großartig. Also das ist eine der Herausforderungen, die wir wirklich hatten, auch in Kenia. Die vergesse ich natürlich, mit der Zeit vergisst man oder verdrängt man, dann hatte ich andere Herausforderungen und dann komme ich hierher und dann habe ich gedacht, jetzt zählt nur noch Leistung in Deutschland sind alle so studiert und so was wie Diskriminierung das ist doch veraltet, das kommt doch nicht vor. Und dann …

00:18:34-6 Julia Hägele: Und dann kam die Ernüchterung?

00:18:34-3 Susan Omondi: Dann kamen die Ernüchterungen. Dann heißt es, wieder von vorne.

00:18:41-6 Julia Hägele: Und was waren dann die konkreten Herausforderungen? Ich nehme an, die Bürokratie vielleicht, diese sehr deutsche.

00:18:45-9 Susan Omondi: Auch, Bürokratie, aber auch Jobsuche, wie schon gesagt, oder auch Wohnungssuche, wo ein Vermieter dann sagte, wir haben schlechte Erfahrungen mit Menschen wie Ihnen. Und ich dann nur schluckte. Das Gute ist, das hat sich aber zum Guten gewendet und das möchte ich euch einfach sagen, egal in welcher Minderheit du vertrittst oder wie klein du dich fühlst, du kannst auch etwas bewegen. Und ich durfte ihm sagen, geben Sie mir eine Chance für diese Wohnung, am Ende gab er sie mir und die Geschichte ist im Buch, und am Ende sagte er noch, ja schade, Sie waren meine beste Mieterin. Und ich finde, die Geschichte, wirklich sie darf nicht fehlen, weil sie zeigt, wir dürfen einander Chancen geben, egal wie klein ich mich fühle, aber den ersten Schritt machen kann jeder.

00:19:34-1 Julia Hägele: Du bist mit einem Deutschen verheiratet und ihr habt drei Kinder. Wie sprecht ihr Zuhause über kulturelle Unterschiede oder findet dieses Thema statt bei euch?

00:19:42-4 Susan Omondi: Ich glaube, ich spreche mit meinen jetzt 14-jährigen Zwillingen nur noch auf Luo, mein Mann auf Deutsch, ich meine, dadurch ist es schon richtig gelebt. Sie antworten nur noch auf Deutsch, aber das stört nicht. Und meine Tochter findet jetzt auch, dass es toll ist. Wir können auch etwas sagen, ohne dass die anderen es mitkriegen. Langsam findet sie das cool. Wir lernen sie und mir ist wichtig, dass wir die Themen ansprechen, dass wir darüber sprechen, dass wir auch mit Humor auch Sachen annehmen, uns austauschen, also das ist wirklich sehr wichtig, dass wir nicht sagen, das ist ein schwieriges Thema, geht uns nichts an, sondern worum geht es wirklich und wie können wir daraus wachsen.

00:20:28-0 Julia Hägele: Kannst du mehr über den Humor erzählen? Wie geht das zu Hause vonstatten? Oder ich weiß nicht, deine Kinder, wie sensibilisierst du sie für diese Welt, die ja in Teilen doch brutal sein kann, machst du das zum Thema oder steht eher die Leichtigkeit im Vordergrund?

00:20:43-0 Susan Omondi: Nein, es ist eher Fall zu Fall. Also es ist wichtig, dass wir darüber reden, wenn wir etwas hören oder wenn sie auch negative Erfahrungen in der Schule haben, dass wir darüber reden. Wichtig ist, dass wir nicht sagen, das ist die Rolle von anderen, es ist unser aller Aufgabe, wir alle können etwas dazu bewegen, etwas bewerten. Und es ist nicht unbedingt ein Thema, sondern wenn es zum Thema sein muss, dann nicht wegschauen, das ist wichtig. Und natürlich auch immer wieder unsere Unterschiede und Gemeinsamkeiten bestärken von Anderssein hervorheben, das ist mein Weg eher, das ist unser Weg. Und natürlich, du hast vorhin gesagt eben von Humor, wenn du denkst, ich bin humorvoll, meine Tochter ist es noch mehr. Und zwar was sagte sie mir neulich, darf ich deine Hand haben? Stehe mal auf. Ich war in der Küche, ahnte nichts böses und dann sagt sie – sorry dafür – dann guckt sie mich so wie eine Ärztin prüfend an, guckt mir in die Augen, also sie ist ja so klein und sagt, Mama wenn Flamingos aufgrund ihrer Nahrung so pink sind, da müssen wir uns über deinen Kaffeekonsum unterhalten. /Lachen/ Und ich fand das so cool, so so cool und wichtig, ich habe sie einfach umarmt.

00:22:06-9 Julia Hägele: Sehr gut. Gibt es denn an dieser Stelle Fragen aus dem Publikum an Susan? Ja, einmal ein Mikro bitte.

00:22:13-6 Fragestellerin: Du bist supergut gelaunt, hast du nie Sachen, wo du sagst, hey das ist jetzt so nervig, dass ich zum hundertsten Mal die gleiche Frage beantworten muss? Ist es nie anstrengend für dich, die immer gleichen Geschichten zu erzählen?

00:22:23-6 Susan Omondi: Überhaupt nicht. Ich freue mich, wenn Leute Fragen stellen. Und Fragen stellen ist einer der stärksten Werkzeuge, die wir hier mitnehmen können. Wir haben die Chance, Missverständnisse aus dem Weg zu räumen, wenn wir miteinander ins Gespräch kommen. Nein, nie, nie. Also wenn jemand wirklich Fragen stellt und bereit ist zuzuhören und voneinander zu lernen, hallo das ist das beste was uns passieren kann. Nein, das bin ich nicht, ich bin nie müde davon. Vielen Dank.

00:22:51-6 Julia Hägele: Ich fand die Frage gut, weil ich tatsächlich auch so, wir haben ja schon mal miteinander gesprochen und ich war auch so positiv überrascht. Ich habe mich auch gefragt, wo nimmt sie diese Energie her, aber wo nimmst du sie her? Vielleicht noch mal nachgefragt, gibt es eine Zauberformel?

00:23:10-7 Susan Omondi: Also heute gerade hier von euch /lacht/. Es gibt etwas, was ich in dem anderen Buch „Eigenverantwortung richtig thematisieren“ auch hier leicht erwähnt. Kennt ihr das Reiz-Reaktions-Modell? Also zwischen Reiz und Reaktion haben wir genügend Raum, um unsere Reaktion zu wählen. Und ich habe das lernen dürfen von Stephen Coveys Werken und seitdem ich das kenne hat es einen Namen. Aber ich glaube, wichtig ist, dass wir uns auf das Positive konzentrieren. Ich meine, ich kann andere nicht ändern, aber ich kann mich selbst ändern, verdammt noch mal, das kann ich jederzeit, jeden Morgen. Und jeden Morgen habe ich einen Grund aufzustehen und das gibt mir Energie. Und von dem her, warum soll sie ausgehen die Energie? Sie ist da.

00:24:04-0 Julia Hägele: Du hast es schon erwähnt, du hast noch ein weiteres Buch geschrieben zum Thema Eigenverantwortung und noch ein weiteres „Audits mit Gewinn“. Kannst du uns kurz erklären, worum es da geht und wo vielleicht die Parallelen zu diesem Buch liegen?

00:24:16-2 Susan Omondi: Sehr gerne. Das erste, ich habe in diesem Jahr drei Bücher raus bekommen, wo viele auch wieder fragen, wo und wann hast du die geschrieben? Die zwei anderen Bücher habe ich nicht alleine geschrieben. Es geht um Audits mit Gewinn, das ist im Bereich Qualitätsmanagement und parallel, was ich hier sehe, ist, die meisten werden, wenn von Qualitätsmanagement sie reden, sagen sie, oh nein, damit will ich nichts zu tun. Und das sehe ich auch parallel zu dem Thema. Aber wenn wir nur offen sehen, okay was hat die Person neu zu sagen, wie kann uns das Qualitätsmanagement wirklich nutzen bringen, dann entdecken wir auch tolle Sachen, die uns wieder erfolgreicher machen. Eine andere parallele Sache, die ich da sehe, ist, auf die Ursache zugehen. Wenn jemand ablehnend ist oder wenn du Angst spürst und du gehst auf Ursachenforschung, da passiert die Magie. Und genauso ist das mit Qualitätsmanagement. Wenn Fehler passieren und wir gehen auf die Ursache, dann haben wir gute Karten, eben was tolles zu bewirken, das ist so.

00:25:18-7 Julia Hägele: Gibt es noch eine Frage aus dem Publikum? Hier. Magst du das Mikro? Genau. Danke.

00:25:29-4 Fragestellerin: Hallo, hi. Ich habe das Gefühl, was du erzählt hast von dienen Erfahrungen ist teilweise schon ein bisschen länger her. Hast du das Gefühl, dass es mittlerweile besser geworden ist? Auch in der Bewerbungswelt und auch vielleicht auch für die Zukunft für deine Kinder?

00:25:43-1 Susan Omondi: Ja. Alleine mit Social Media haben wir viel, viel, viel erreicht und das ist was positives. Ich habe das Gefühl, aber auch vielleicht, weil wir darüber sprechen, weil die Leute dafür empfänglich sind, ich glaube, dass es besser geworden ist. Das kann jeder für sich, ich habe keine Statistik ausgeführt, aber ich habe das Gefühl, das ist besser geworden. Alleine diese Bekenntnis, wir stehen vor der Wahl, wir wollen etwas bewegen, das alleine zeigt Leuten, okay ihr seid willkommen. Klar wir brauchen noch, es hat noch Verbesserungspotenzial, aber dadurch, dass wir uns bewegen, haben wir die Chance bei mindestens zwei Seiten noch etwas großartiges miteinander auf die Beine zu stellen. Ja, auf jeden Fall. Und dass ihr hier seid und mir zuhört, meine Güte, großartig, danke euch.

00:26:30-8 Julia Hägele: Hast du denn so gegen Ende für uns noch einen Tipp? Vielleicht für die Personen, die ein bisschen zurückhaltend sind im Umgang mit Menschen anderer Herkunft? Vielleicht aus Sorge, etwas falsch zu machen. Was würdest du denen mit auf den Weg geben?

00:26:45-9 Susan Omondi: Dann ist die Frage eben, sich zu fragen, ja aber welche Fehler können entstehen, wenn wir wirklich neugierig sind? Welche Fehler machen wir wirklich, wenn wir wahrhaftig neugierig sind? Keine, wie ich finde, es gibt keine Fehler. Und ich habe viel erlebt, dass die Leute Angst haben und sie fragen mich, Susan dürfen wir das noch sagen? Und meine Güte, ich bin keine Sprachprofi wie du. Ich meine, das weiß ich nicht. Mir ist wichtig, dass wir uns auf Augenhöhe begegnen, wertschätzen und so weiter. Also es gibt für mich keinen Fehler, den du machen kannst, wenn du wahrhaftig neugierig bist.

00:27:20-5 Julia Hägele: … Fehler, die du machen kannst, solange du neugierig bist. Kauft dieses Buch, „Ich, du, wir und Vielfalt“ von Susan Omondi. Hier hinter uns ist die Buchhandlung „Buchkontext“, bestimmt wirst du es auch signieren.

00:27:33-0 Susan Omondi: Gerne.

00:27:34-7 Julia Hägele: Hier nebenan ist ein kleiner Tisch zum Signieren. Ich danke dir ganz herzlich für deine Offenheit und ich danke euch liebes Publikum sehr fürs Zuhören und für die guten Fragen.

00:27:46-9 Susan Omondi: Danke euch, danke, danke, danke.