„You can be, what you can see“ – Durch das Teilen von persönlichen Erlebnissen und damit einhergehenden Erfolgsfaktoren möchte ich Sie einladen zu erfahren, wie die Karrieregestaltung & Vereinbarkeit von Familie und Beruf in einem von vielen Modellen gelebt werden kann. Ziel ist es, die Möglichkeiten dieser Vereinbarkeit transparent zu machen, um sie für andere realistisch werden zulassen.

„Mein Wunsch ist es, dass Frauen wie auch Männer sich untereinander darin bestärken, Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen und die individuellen und strukturellen Voraussetzungen dafür offen zu diskutieren.“

herCAREER: Wie kann die Karrieregestaltung & Vereinbarkeit von Familie und Beruf gelebt werden?

Dr. Karin Gallas: Wie hat Janina Kugel in ihrem Buch “It’s now: Leben, Führen, Arbeiten” (2021) so treffend geschrieben: “Kinder und Karriere: Das geht schon, ist halt sauanstrengend”. Dieser “sauanstrengende“ Balanceakt erfordert eine bewusste Auseinandersetzung mit sich selbst, mit seinem Partner und dem familiären Umfeld, aber auch mit dem Arbeitgeber. Entsprechend sehe ich vier Ebenen, die grundsätzlich zu berücksichtigen sind:

Individuelle Ebene: Was sind die Treiber, Motivatoren, aber auch Glaubenssätze, die man selbst in sich trägt zu Familienbildern, Rollenbildern und beruflicher Selbstverwirklichung. Arbeit ist häufig ein großer Teil unseres Lebens, aber eben nicht nur. Und deshalb gilt es für sich selbst Fragen zu beantworten: „Welche beruflichen Ambitionen verfolge ich?“, „Wann empfinde ich mich selbstwirksam?“, „Welches Familienmodell will ich leben?“, „Wie will ich die Mutter- oder Vaterrolle ausgestalten?“, „Wann bin ich zufrieden und erfüllt?“.
Diese Selbsterkenntnis und auch dieses Selbst”bewusstsein” ist die Grundlage, um dann für sich selbst, aber auch für den Partner und das Unternehmen ein klares Anforderungsprofil und Erfolgskriterien zu definieren.

Partnerschaftliche Ebene: Karriere macht man nie allein, sondern im Team. In meinem Fall beginnt das Team mit dem Partner. Es ist wichtig, ergänzend zu den eigenen Treibern, Motivatoren und Rollenbildern die des Partners, der Partnerin zu kennen.
Gemeinsam findet man heraus, welche Co-Abhängigkeiten und Anforderungen sich daraus an die Partner- und Elternschaft ergeben. Entscheidend ist es, frühzeitig und offen in der Beziehung über die eigenen Vorstellungen und Bedürfnisse und die des Partners oder der Partnerin zu sprechen und nicht einfach zu hoffen, dass sich die Lösung schon selbst ergeben bzw. finden wird. Vielmehr gilt es, gemeinsame Lebensmodelle zu entwickeln und wechselseitig Bedürfnisse und Anforderungen sowohl zu erfahren als auch zu definieren. Nur so erfährt das Paar, wann sich sogenannte “Moments of Truth” ergeben und wie man als Paar damit umgehen will.

Erlauben sie mir an der Stelle den Hinweis, dass es für vielfältige Partnerschafts- und Familienmodelle auch andere Konstellationen als den klassischen Mutter-Vater-Ansatz gibt. Aber auch bei bspw. alleinerziehenden Elternteilen beginnt die Karriere im Team und es gibt dann andere “(Ansprech)Partner in Crime”, auf die man zurückgreift. Und auch mit den verschiedensten “Partnern in Crime” gilt es, die Rahmenbedingungen klar herauszuarbeiten und gemeinschaftlich festzuhalten.

Unternehmerische Ebene: So wie man seinen Partner bewusst auswählt, so sollte man auch das Unternehmen, für das man arbeitet und in dem man den Großteil seiner verfügbaren Zeit verbringt, bewusst wählen. Sind dort berufliche als auch persönliche Wachstumschancen gegeben? Wie ist die Unternehmenskultur? Welche Werte werden (vor)gelebt? Welches Verhalten wird belohnt, welches wiederum sanktioniert?
Es braucht eine ehrliche und offene Kommunikation, sowohl von Arbeitgeber- als auch von Arbeitnehmerseite. Nur dann entstehen ein wechselseitiges Engagement und die Grundlage dafür, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich aufeinander einlassen können. So kann am Ende eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten entstehen.

Gesellschaftliche Ebene: Es wird immer ein sozio-kulturelles Umfeld brauchen, dass es erlaubt, Familie UND Karriere sowohl für Väter als auch für Mütter zu ermöglichen. Dazu benötigt es ausreichend Kinderkrippen- und Kindergartenplätze mit entsprechenden Betreuungszeiten und die Verfügbarkeit von Ganztagsschulen. Diese werden im besten Falle durch eine klar definierte Infrastruktur, welche ein einfaches und digitales Anmeldeprozedere mit zeitlichem Planungsvorlauf ermöglicht, gestützt. Weitere Aspekte wären steuerliche Anreize für ein egalitäres Rollen- und Familienmodell und, darauf aufbauend, politische Maßnahmen, die eine egalitäre Rollenverteilung ermöglichen. Eine weitere, wichtige Grundlage dieser Ebene bildet ein gesellschaftlicher Diskurs, der zum einen Familien- und Bildungspolitik ernst nimmt und zum anderen eine Wahlfreiheit für beide Elternteile ermöglicht.

Die vier skizzierten Ebenen sind in allen Arbeitsmodellen von Relevanz. Bei Dual Career Couples, wo beide Elternteile inhaltlich anspruchsvollen, vollzeitnahen Tätigkeiten nachgehen, ist die bewusste Auseinandersetzung umso bedeutender.

herCAREER: Warum ist es für Frauen so wichtig, solche persönlichen Erfahrungen zu teilen?

Dr. Karin Gallas: Das Credo „You can be what you can see“ trifft hier vollumfänglich zu. Durch das Teilen eigener Erfahrungen wird die Thematik für andere viel fassbarer und realistischer. Mein Wunsch ist es, dass Frauen wie auch Männer sich untereinander darin bestärken, Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen und die individuellen und strukturellen Voraussetzungen dafür offen zu diskutieren. Es gibt verschiedenste Modelle oder Wege, Karriere und Familie miteinander in Einklang zu bringen. Also je mehr, je früher und je offener wir darüber sprechen und eigene Erfahrungen teilen, desto normaler wird es. Was wiederum langfristig die Erwartungshaltung an den Arbeitgeber verändert. Nur so kann das Umfeld verändert und Wege geebnet werden, um dies zur gelebten Realität werden zu lassen. Aber um in diese Richtung zu steuern, brauchen wir weiterhin einen Kulturwandel in diesem Bereich. Den schaffen wir nur durch eine offene und kontinuierliche Kommunikation und konsequentes Vorleben und Einfordern. Durch Offenheit und Transparenz über die positiven, aber auch die schwierigen  Aspekte, kann ein ehrlicher Diskurs stattfinden.

herCAREER: Welche Erfolgsfaktoren gehen damit einher?

Dr. Karin Gallas: Es ist von essenzieller Bedeutung, die eigene Motivation, die eigenen Treiber und Rollenbilder zu kennen und verstehen zu lernen. Dies ist die Grundlage für ein enges und tiefgründiges Zusammenspiel mit dem Partner oder der Partnerin. Finden Sie die „Moments of truth“ heraus, sowohl auf individueller als auch auf partnerschaftlicher Ebene. Dies baut die Selbstachtsamkeit wesentlich aus. Aber auch mit Blick auf Tiefpunkte und frustrierende Momente, welche man sich stets eingestehen und kommunizieren sollte, darf man die Bedeutung einer authentischen Kommunikation nie vernachlässigen.

herCAREER: Auf der herCAREER geht es vor allem um den fachlichen Austausch, der auf den persönlichen Erfahrungen und dem Wissen der Sparringspartnerinnen aufsetzt. Zu welchen Themen können Sie im Vorfeld / auf der Messe / im Nachgang als Austauschpartnerin fungieren – in Schlagworten?

  • Karriere & Familie
  • Frauen auf Top Management Level
  • HR IT
  • Employee Experience

Nutzen Sie eine der Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme, die die Interviewpartner:in angegebenen hat, und beziehen Sie sich auf das Interview der herCAREER-Community.

Über die Person

Dr. Karin Gallas ist promovierte Psychologin. Noch vor ihrer Promotion startete sie 2004 ihre Karriere bei der Deutschen Telekom und war in verschiedenen Positionen im Personalbereich tätig. 2015 wechselte sie zur Microsoft Deutschland GmbH, um ihren Erfahrungsschatz zu erweitern. Mit ihrer Rückkehr zur Deutschen Telekom 2016 übernahm sie leitende Funktionen im Personalbereich der T-Systems GmbH sowie der Deutschen Telekom AG. Seit 2020 verantwortet sie als Senior Vice President die globale, konzernweite Steuerung der transaktionalen HR Services und die HR IT Strategie sowie das Projekt “Moments that Matter” zur humanzentrierten Ausgestaltung der Personalarbeit. Während ihrer beruflichen Karriereentwicklung nahm Karin sich Auszeiten, um sich bewusst ihrer Familie zu widmen und wurde so zum Vorbild für ein erfolgreiches Zusammenspiel von Familie und dem Dual Career Modell. Diesem Thema widmete sie auch ihr Buch “Der engagierte Vater: Vereinbarkeit von Familie und Beruf”. Karin ist weiterhin Vorstandsmitglied der Stiftung Begabtenförderung des Cusanuswerkes, war Mentorin im Rahmen des “Karriere mit Kind”-Programmes der Deutschen Telekom AG und absolvierte die Ausbildung zum Systemischen Coach. 2019 erhielt sie den Inspiring Fifty DACH Award für wegweisende Vorbilder aus der Tech Industrie. Mit ihrem Mann und den vier gemeinsamen Kindern lebt sie in der Nähe von München.

Das MeetUp wird präsentiert von Initiative Women into Leadership e.V. Dieses MeetUp ist Teil der Karriere-MeetUps bei der herCAREER 2021, Ort und Zeitpunkt finden Sie im Programm.

Beziehen Sie sich auf das Interview der herCAREER-Community und nutzen Sie eine Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme, die der/die Interviewpartner/in angegebenen hat. Das Angebot für ein Sparring bezieht sich auf einen lockerer Austausch. herCAREER fungiert damit als Brückenbauerin. Nehmen Sie gerne die Einladung für den Austausch an. Sie müssen dafür nichts direkt an Ihre(n) Sparringspartner/in zurückgeben, können sich aber gerne an anderer Stelle im Netzwerk mit Ihrer Expertise einbringen.