Wie müssen gute weibliche Vorbilder aussehen und wofür brauchen wir sie?

Role Models, auch, wenn der Begriff manchmal abgenutzt wirken mag, spielen gerade für Berufsanfänger:innen eine zentrale Rolle: Sie zeigen, was alles möglich ist und helfen gerade Frauen, an ihre eigenen Fähigkeiten zu glauben und ihren individuellen Weg zu gehen. So ändern sich nach und nach auch die Rollenbilder in unserer Gesellschaft, Politik und Wirtschaft.
Was ein gutes Vorbild ausmacht und welchen Einfluss es ausüben kann, darüber diskutieren heute gleich drei Vertreterinnen.

Thema

Persönlichkeits- & Kompetenzentwicklung | Karrierelaufbahn & Bewerbung

Angaben zur Referent:innen

Ulrike Scharf ist die Bayerische Staatsministerin für Familie, Arbeit & Soziales. Selbst aus einem mittelständischem Familienunternehmen kommend, stieg Scharf 1995 in die Politik ein und wurde CSU-Mitglied. Seither hat sie das Rollenbild der Politikerin auf verschiedenen Landesebenen geprägt, ist ein wichtiges Gesicht der Frauen-Union und macht sich verdient in verschiedenen Ehrenämtern, die zunächst eher nach Männer-Domänen klingen: sie war Vorsitzende der Wasserwacht und Mitglied im Stiftungsrat der Bergwacht Bayern – und sie ist stellverstretende Vorsitzende der Stadtkapelle Erding.

Tijen Onaran ist Unternehmerin, Investorin, Bestseller-Autorin und eine der wichtigsten Meinungsmacherinnen Deutschlands, wenn es um Diversität, Sichtbarkeit – insbesondere von Frauen – und Digitalisierung geht, sowie eine der prominentesten Stimmen der deutschen Wirtschaft. Ihr Motto: „Diversität ist kein Trend. Diversität ist der Grundstein für den Erfolg eines Unternehmens!“ Mit dem Digital Female Leader Award rief Tijen den – Award für weibliche digitale Nachwuchs- und Führungskräfte ins Leben.

Magdalena Rogl– ist sie seit über 15 Jahren in der Online-Welt unterwegs. Im Jahr 2016 wechselte sie aus der Medienbranche in die Unternehmenskommunikation von Microsoft Deutschland. Ihr kontinuierliches Engagement für Gleichberechtigung, Inklusion und Vielfalt wurde 2021 als Diversity & Inclusion Lead zu ihrer Hauptaufgabe im Unternehmen. Im Oktober 2022 erschien ihr erstes Buch: MitGefühl: Warum Emotionen im Job unverzichtbar sind

Der Beitrag wurde im Rahmen der herCAREER-Expo 2022 aufgezeichnet und als Podcast aufbereitet.

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00:00:09-7 Moderation: Herzlich willkommen zum herCareer Voice Podcast. Du bist hier richtig, wenn du diverse und vor allem weibliche Perspektiven auf arbeitsmarktpolitische, gesellschaftliche und wissenschaftliche Themen hören willst. Lerne dabei von Rolemodels, ExpertInnen und Insidern und nimm wertvolle Anregungen für deine eigene Karriereplanung mit. Mit herCareer Voice fangen wir vielfältige Sichtweisen ebenso wie ganz persönliche Einblicke und Erfahrungen spannender Frauen ein. Von der herCareer Expo live und aus der herCareer Community.

00:00:41-9 Moderation: Wie müssen gute weibliche Vorbilder aussehen und wofür brauchen wir sie? Rolemodels, auch wenn der Begriff manchmal abgenutzt wirken mag, spielen gerade für Berufsanfängerinnen eine zentrale Rolle. Sie zeigen, was alles möglich ist und helfen gerade Frauen, an ihre eigenen Fähigkeiten zu glauben und ihren individuellen Weg zu gehen. So ändern sich nach und nach auch die Rollenbilder in unserer Gesellschaft, in Politik und Wirtschaft. Was ein gutes Vorbild ausmacht und welchen Einfluss es ausüben kann, darüber diskutieren heute gleich drei Frauen. Ulrike Scharf ist die bayrische Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales. Selbst aus einem mittelständischen Familienunternehmen kommend, stieg Scharf 1995 in die Politik ein und wurde CSU-Mitglied. Seither hat sie das Rollenbild der Politikerinnen auf verschiedenen Landesebenen geprägt, ist ein wichtiges Gesicht der Frauenunion und macht sich verdient in verschiedenen Ehrenämtern, die zunächst eher nach Männerdomänen klingen. Sie war Vorsitzende der Wasserwacht und Mitglied im Stiftungsrat der Bergwacht Bayern und sie ist stellvertretende Vorsitzende der Stadtkapelle Erding. Magdalena Rogl ist seit über 15 Jahren in der Onlinewelt unterwegs. 2016 wechselte sie aus der Medienbranche in die Unternehmenskommunikation von Microsoft Deutschland. Ihr kontinuierliches Engagement für Gleichberechtigung, Inklusion und Vielfalt wurde 2021 als Diversity and Inclusion Lead zu ihrer Hauptaufgabe bei Microsoft. Im Oktober 2022 erschien ihr erstes Buch „Mit Gefühl – Warum Emotionen im Job unverzichtbar sind“. Tijen Onaran ist Unternehmerin, Investorin, Bestsellerautorin und eine der wichtigsten Meinungsmacherinnen Deutschlands, wenn es um Diversität, Sichtbarkeit, insbesondere von Frauen und Digitalisierung geht. Sowie eine der prominentesten Stimmen der deutschen Wirtschaft. Ihr Motto „Diversität ist kein Trend, Diversität ist der Grundstein für den Erfolg eines Unternehmens. Mit dem Digital Female Leader Award rief Tijen den Award für weibliche digitale Nachwuchs- und Führungskräfte ins Leben.

00:03:03-5 Tijen Onaran: Ich weiß nicht, wie es euch geht, in diesen Zeiten muss man sagen, ist es ja wirklich schwierig, dieses Internet aufzumachen. Das Internet ist voller schwieriger Nachrichten. Also ob es die Pandemie ist, die Wirtschaftskrise, diese ganz schreckliche Situation im Iran. Und ich habe mir aber gedacht, umso wichtiger ist es ehrlicherweise, dass wir heute hier alle zusammenkommen und ein Zeichen setzen. Denn Frauenrechte sind Menschenrechte und ich denke die ganze Zeit an tolle Freundinnen, an tolle Frauen, die jetzt im Iran sind und die Fahne hochhalten, sich die Haare abschneiden und wirklich für das Thema Frauenrechte einstehen. Und ich finde, wir sollten alle jetzt ganz laut sozusagen applaudieren, dass wir hier sind, aber vor allem auf Social Media laut machen für die wunderbaren Frauen.

00:03:53-6 Tijen Onaran: Ja, heute geht es um eines meiner Lieblingsthemen, nämlich um das Thema Rolemodels, Sichtbarkeit, Vorbilder. Und ich weiß nicht, wie es euch geht, aber der Begriff ist ja manchmal so ein bisschen überemotionalisiert und sehr stark besetzt. Und eine Freundin von mir hat aber mal gesagt und das stimmt auch, man kann eigentlich nicht nicht ein Vorbild sein, entweder man ist ein gutes oder man ist ein schlechtes, im besten Fall ist man ein gutes. Und ich glaube, das wollen wir alle eigentlich sein, dass wir anderen Leuten Mut geben, gerade in diesen schwierigen Zeiten, anderen Frauen, anderen Menschen, dass wir die Fahne hochhalten für das Thema Vielfalt, das ist heute wichtiger denn je, wir sehen derzeit, dass es nicht ausreicht, Demokratie einfach zu leben, sondern für müssen uns tagtäglich dafür einsetzen. Und eine, die es macht, wir haben uns vor einiger Zeit kennengelernt, ich freue mich sehr. Deswegen begrüßt sie mit mir mit einem ganz großen Applaus, Ulrike Scharf, ich freue mich, dass Sie da sind. The stage is yours.

00:04:57-7 Ulrike Scharf: Ich weiß jetzt gar nicht, wo ich mich hinstellen soll, hier oder da oder in die Mitte. Ja, ich freue mich jetzt auch, dass wir eine Punktlandung geschafft haben, dass so viele Frauen da sind. Wenn man hier in die Runde schaut, das ist wirklich ganz großartig. Liebe Damen, ich glaube, es geht uns allen gleich, die hier heute da sind, wir wollen alle durchstarten, in der Politik, in der Wirtschaft, in der Mitte unserer Gesellschaft und deshalb bin ich echt begeistert, dass so viele den Weg gefunden haben zur herCareer und jetzt auch bei uns im Auditorium sind. Ich glaube, wir müssen uns immer noch eines vor Augen halten, alle die, die da sind, wissen, wie unterschiedlich wir auch sind und wie unterschiedlich unsere Karrieren sind. An einem Punkt treffen sie sich wohl immer wieder, nämlich in der Erfahrung, dass Sie sich Ihren Platz immer noch hart erarbeiten müssen oder mussten und öffentlich weniger sichtbar sind als vergleichbar die Männer. Und ich glaube, das sollten wir heute ändern und das ändern wir auch mit den Rolemodels. Liebe Tijen, ich bin auch nicht so begeistert von dem Begriff Rolemodel, irgendwie so ein bisschen sperrig auch und wie du sagst, emotional viel zu sehr besetzt, vielleicht ist das deutsche Wort doch das bessere. Einfach gutes Vorbild sein. Und ich hatte vorher schon auch Gelegenheit, an verschiedenen Ständen zu sprechen, da war es auch schon das Thema, um die Vorbildfunktionen von Frauen. Wir brauchen das. Ich bin zutiefst überzeugt, wir brauchen das, ohne dass man sich selber jetzt als Vorbild hinstellen will, aber wir brauchen das und deshalb, danke, dass Sie und ihr alle heute da seid. Liebe Frau Rogl, liebe Besucherinnen und liebe Besucher. Ja, ich denke, wie lang darf ich eigentlich reden? Ich frage Sie erst mal, was vorgesehen ist. Stunde? Okay, okay. Dann kommen wir vielleicht nachher auch noch zu dem Nähkästchen, wie das mit dem Humor gemeint ist. Ja, meine Damen und Herren, wenige Herren sind dann doch da, paar versprengte habe ich gesehen. Gleichstellung, damit meine ich gleiche Teilhabe von Frauen und Männern. Und ich glaube, wir erreichen das Ganze nur, wenn wir tatsächlich auch noch mehr sichtbar werden. Wir haben die Sichtbarkeit von Frauen auch bei unserer Begleitung dieser Messe in den Mittelpunkt gestellt. Denn ich glaube, man kann wirklich nicht genug dafür tun, um herzuzeigen, wo Frauen arbeiten, wie sie arbeiten, was sie alles für Karriere machen, was sie für Verantwortung übernehmen. Und wenn ich an meine Geschichte denke, mein Arbeitsleben, dann war es immer so, dass mich Frauenpolitik bewegt hat, dass ich für die Frauenunion meiner Partei auch die Landesvorsitzende bin, jetzt auch Frauenbeauftragte der bayrischen Staatsregierung. Das ist man als Sozialministerin automatisch, aber ich mache das auch wirklich von Herzen gerne. Dann, glaube ich, haben alle auch eine Vorstellung, dass das ein ewiges Bemühen ist und ein ewiger Prozess, an dem wir immer wieder dran bleiben müssen und keine Gelegenheit auslassen sollten, darauf hinzuwirken, dass Frauen sichtbar sind, dass wir Frauen unterstützen, dass wir Frauen fördern und liebe Damen, dass wir uns gegenseitig auch unterstützen. Wir brauchen ein starkes Netzwerk, auch dieses Gespräch hatte ich heute wie hunderte Male schon zuvor, das, was Männer so wahnsinnig gut können, sich zu vernetzen und diese große Family dann vereinen, das müssen wir Frauen, glaube ich, noch intensiver leben. Umso besser ist es, dass Sie heute alle hier sind.

00:08:18-3 Ulrike Scharf: Ja verehrte Damen, liebe Frauen, am Arbeitsmarkt sollte es eigentlich um Talent gehen und um Kompetenzen, nicht um das Geschlecht und eine moderne Unternehmenskultur, da bin ich überzeugt davon, kann auf weibliche Führungskräfte nicht verzichten, sie tut es auch nicht. Erst wenn Frauen und Männer aber in allen Branchen das erreicht haben, dass sie auf gleicher Augenhöhe spielen, dann glaube ich sind wir am Ziel angelangt. Und jetzt muss ich ein paar Statistikzahlen bemühen. Junge Frauen sind in der Schule erfolgreicher, sie machen häufiger Abitur. Sie wissen das wahrscheinlich, über die Hälfte aller Studierenden, über die Hälfte in Bayern sind Frauen. Aber selbst, wenn es um Fächer geht, wo sie die Mehrheit haben, sind es immer noch die Männer, die das Sagen haben. Also nur jede fünfte Professur ist mit einer Frau besetzt und ich frage mich wirklich wo sind die Frauen, warum spiegelt sich ihre hohe Qualifikation nicht in ihren Positionen? Und mehr als die Hälfte der Mädchen entscheidet sich gerade einmal, verehrte Damen, das ist für mich auch immer wieder elektrisierend, für zehn Ausbildungsberufe. Wer weiß, wieviele Ausbildungsberufe anerkannte es gibt in Deutschland? Über 300, 324 Ausbildungsberufe. Die jungen Mädchen entscheiden sich genau für zwei Hände voll, für zehn verschiedene Berufe. Und darunter ist kein einziger aus Naturwissenschaft und Technik. In MINT-Berufen liegt der Frauenanteil bei 15%, in den Kitas bei 92%. Ich glaube, da wird sehr stark klar, wo wir stehen. Und ich glaube es wird auch deutlich noch mal, dass Rollenbilder einfach auch unser Denken und unser Tun bestimmen. Ich pflege immer zu sagen, in dem Moment, wo wir das Licht der Welt erblicken ist klar, dass die Richtung in Richtung rosarot geht. Sorry jetzt Frau Rogl, Sie sind ausgerechnet heute auch noch rosarot. Aber was meine ich damit? Wir werden sozialisiert und geprägt ein ganzes Leben lang, von der ersten Minute, wo wir die Augen aufschlagen, in die Richtung rosarot oder hellblau und das zieht sich einfach durch. Und ich glaube, aus diesem Muster müssen wir rauskommen. Wir hatten kürzlich auch bei uns im Ministerium einen Girls Day, das war mir unglaublich wichtig, dass wir junge Mädchen einladen, zu uns zu kommen, haben dort sehr viele technische Berufe auch vorgestellt. Elektrotechnikerinnen Studentinnen haben den jungen Mädchen gesagt wie das geht. Ich habe selber auch löten dürfen. Und dann haben die gesagt, na ist ganz einfach, steckst das Ding da vorne raus, machst den Lötknopf hinten zu, schneidest den Rest ab und so funktioniert dann die Technik. Da habe ich gesagt, gut wenn das so einfach ist, dann studiere ich jetzt auch Elektrotechnik. Also Spaß beiseite, so einfach ist es dann doch nicht. Aber man merkt an so einem Girls Day, wenn man mit den jungen Mädchen spricht, dass sie einfach auch Angst haben, dass sie Zweifel haben an dem, ob sie sich diese Berufe auch zutrauen können und gleichzeitig starke Wünsche und Pläne haben und das miteinander zu verbinden in die richtige Richtung, das glaube ich, ist auch unsere Aufgabe hier mitzuwirken. Noch eine Statistik, 18% der Unternehmensgründungen gehen auf Frauen zurück. Wir müssen das Potenzial, meine ich, noch sehr viel stärker heben, denn eines ist auch erwiesen, dort, wo Frauen gründen, sind die Unternehmen nachhaltig erfolgreich. Und das sollte manchem Mann zu denken geben, der gründet und ausprobiert. Also ich glaube hier sollten wir auch noch mehr tun, um Gründungen möglich zu machen und vor allen Dingen Frauen zu motivieren, diesen Weg zu gehen. Ich habe heute beim Reingehen schon zwei Damen getroffen, die bei der IHK am Stand waren, beides Gründerinnen, beide im zweiten Jahr und bei der Frage nach dem Erfolg, ja es ist in einer spannenden Phase. Aber ich glaube das wissen wir alle, nach zwei Jahren ist es noch nicht so, dass man sagen kann, der große Erfolg stellt sich ein. Aber wichtig ist, dass man diese Zeit übersteht und dann ein erfolgreiches Unternehmen führen kann.

00:12:13-1 Ulrike Scharf: Jetzt will ich noch ganz kurz auf was hinweisen, und zwar viele Datensätze repräsentieren nur die Hälfte der Menschheit. Ich weiß nicht, ob Ihnen das bewusst ist, künstliche Intelligenz lernt viel zu oft aus veralteten Daten, in denen Frauen eigentlich gar nicht vorkommen, so gut wie nicht vorkommen. Und das andere Thema, das Sie sicherlich wissen, auch in der Medizin ist der Maßstab meist ein Mann. Wir wissen viel zu wenig über Krankheitsbilder bei Frauen. Und so könnte man diese Reihe fortsetzen, wenn es um Technik geht, Sicherheitsgurte, Dummys werden getestet an Größe und an Gewicht von Männern und nicht von Frauen. Und so gibt es zig Beispiele, dass einfach Datensätze, die eine Grundlage sind ob das im Bereich Sicherheit oder Gesundheit ist, viel zu oft noch männlich dominiert sind. Auch das ist ein Umstand, den wir dringen ändern müssen. Also ein gendergerechter Blick, glaube ich, kommt uns allen zugute. Und wenn ich dann noch die Quote ansprechen darf bei Aufsichtsräten. Ich war auch bei den Damen von Frauen in Aufsichtsräten, bei FIDA, das war ein wichtiger Schritt, weil es ohne die Quote viel zu lange dauert und viel zu wenig passiert. Stichwort Freiwilligkeit is nice to have, aber erzielt irgendwann mal vielleicht irgendwelche geringen Ergebnisse, nicht das was wir wollen. Und deshalb wird es Zeit, hier auch noch mal auf die Überholspur zu gehen und wirklich noch mal nachzulegen. Einen Hinweis darf ich Ihnen jetzt noch geben und dann, glaub ich, sind meine fünf Minuten um. Die Bedingungen der Arbeitswelt, das ist ja ein Thema, das mich als Arbeits- und Sozialministerin auch sehr intensiv bewegt. Wir haben einen Familienpakt in Bayern, da darf ich jetzt mal schnell Werbung in eigener Sache machen, weil mir dieser Familienpakt wirklich wichtig ist. Die großen Player wie IHK, HWK, auch die VBW und das Sozialministerium, also der Freistaat, hat einen Pakt miteinander geschlossen, in dem wir Familienunternehmen zusammenbringen und Unternehmen dabei unterstützen, eine familienfreundliche Arbeitswelt zu gestalten. Und ich sage das deswegen, weil ich zum einen zutiefst davon überzeugt bin nicht nur was Führung angeht, sondern auch das Thema Fachkräftemangel, Arbeitskraftmangel, dass Unternehmen auf die Fachkraft, auf die Qualifikation von Frauen überhaupt nicht mehr verzichten werden können. Zum anderen aber, weil sich in unserer Welt eine Situation zusammenbraut, bei der, glaube ich, auch klar ist, Familien, Frauen werden auch mehr arbeiten müssen, davon gehe ich sehr aus. Was wiederum zur Folge hat, mehr Arbeitszeit, mehr Betreuungszeit eventuell für Kinder. Auch die andere Blickrichtung, nicht nur die kleinsten, sondern auch ältere Menschen brauchen Betreuung. Aber wenn es um die Kinderbetreuung geht, will ich Ihnen einfach zurufen, für mich hat das eine unglaublich hohe Bedeutung mit Blick auf den Arbeitsmarkt, auf die Arbeitswelt. Weil ich einfach glaube, und so zeigt uns ja auch die Statistik, wenn ich Ihnen sage, dass in den letzten zehn Jahren die Zahl der Menschen, die in den Erziehungsberufen arbeiten, sich um 70% erhöht haben. Wir haben jetzt über 110.000 Beschäftigte in den Kitas und die Nachfrage ist ungebrochen nach Plätzen natürlich und damit auch nach Kräften. Dann wissen wir, welche hohe Bedeutung die Kinderbetreuung in unserem Leben spielen wird. Und dafür will ich mich einsetzen. Und ich glaube, ich mache jetzt einen Punkt, ich schaue gerade, ob noch irgendwas Spannendes da auf meinem Zettel steht, aber das war es, glaube ich, soweit. Noch mal schön, dass Sie alle da sind, dass Sie so zahlreich teilnehmen an diesem Forum. Ich freue mich auch auf eine Diskussion nachher und eine Fragerunde und jetzt setze ich mich wieder hin oder bleibe ich da?

00:15:49-6 Tijen Onaran: Erst mal großen Applaus für dich, vielen Dank.

00:15:51-0 Ulrike Scharf: Danke.

00:15:57-6 Tijen Onaran: Wir haben gleich auch noch eine Diskussion mit Lena, aber davor, wenn ich dich sozusagen jetzt schon mal hier habe, ich habe es schon gesagt, bisschen aus dem Nähkästchen plaudern. Wir sind ja hier unter uns. Mich würde total interessieren, ich habe vor kurzem die Frage gestellt bekommen, von deiner tollen jungen Frau, die gesagt hat, Tijen ich werde immer unterschätzt im Job, ist das jetzt gut oder schlecht? Die Frage würde ich a) gerne an dich weitergeben mit der anschließenden Frage, wie oft wurdest du eigentlich unterschätzt in der Politik?

00:16:23-6 Ulrike Scharf: Muss ich es ganz ehrlich sagen?

00:16:25-1 Tijen Onaran: Ja, Ganz ehrlich.

00:16:27-5 Ulrike Scharf: Also ist es gut oder schlecht, es ist schlecht, wenn man unterschätzt wird, weil es einfach wahnsinnig viel Mühe macht. Es macht so viel Mühe, sich immer doppelt und dreifach beweisen zu müssen und zu sagen, ich kann es aber trotzdem, auch wenn du oder ihr mir das nicht zutraut, ich kann das, ich weiß was ich gelernt habe, ich kenne meine Qualitäten und meine Qualifikationen und deshalb macht es einfach wahnsinnig viel Mühe. Aber da kann ich dir tatsächlich jetzt ein Geheimnis lüften, ich habe es noch nicht ausprobiert. Aber mir hat neulich in einer sehr illustren Wirtschaftsrunde einige Damen auch dasselbe Thema – man wird unterschätzt und wie tritt man möglichst stark auf – da sagt sie, es gibt neue Untersuchungen, wenn Damen Herrenduft tragen, würde das sehr helfen, sich durchzusetzen und die Macht auszustrahlen.

00:17:09-8 Tijen Onaran: Oh Gott.

00:17:10-3 Ulrike Scharf: Ich habe noch keinen Tipp, welchen, aber ich probiere es jetzt mal aus.

00:17:14-2 Tijen Onaran: Okay, das heißt, demnächst wenn du so ein bisschen herber riechst, dann weiß ich was Sache ist.

00:17:16-9 Ulrike Scharf: Ja.

00:17:17-6 Tijen Onaran: Also insofern okay. Aber das ist ja tatsächlich interessant. Ich finde auch so dieses Unterschätztwerden hat immer so ein bisschen so einen Touch irgendwie, weil du würdest nie einen Mann, glaube ich, unterschätzen. Aber nichts desto trotz du bist ja deinen Weg gegangen. Und ich finde, die Politik ist ja noch mal ein ganz spezielles Feld, ehrlicherweise gerade auch in diesen Tagen. Ich glaube, niemand will aktuell tatsächlich mit Politikern, Politikerinnen tauschen. Man schimpft immer sehr viel, aber Hut ab ganz ehrlich, was ihr in diesen Tagen irgendwie reißt und macht. Aber was hilft dir denn an den Tagen, wo du denkst, gerne Decke drüber, zu Hause bleiben, niemanden treffen? Vielleicht an diejenigen, die auch so Phasen haben, wo sie denken, ey ganz ehrlich, warum mache ich das überhaupt hier alles? Ich glaube, das kennen wir alle.

00:18:02-7 Ulrike Scharf: Das kennen wir alle und egal an welcher Position man arbeitet. Ich glaube, das kennen alle, dass einem manchmal einfach alles zu viel wird und man sich die Sinnfrage stellt, was soll das eigentlich hier? Also erst mal glaube ich, wenn man an der richtigen Stelle ist, wenn man etwas aus Überzeugung macht, dann ist man schnell wieder über diesen Berg hinweg, weil man einfach aus innerem Antrieb, aus innerer Motivation immer weiß, das ist schon gut was ich da mache. Dass man sich auch bewusst macht, vieles ist einfach sehr mühsam, es geht nichts mehr irgendwie leicht. Also ich kenne niemanden, in der Politik schon gleich gar nicht, wo man sagen könnte, ach das geht jetzt mal leichter und ich bin in ein paar Stunden fertig mit der Sache. Auch wenn ich an die Unternehmen zum Beispiel denke, diese fehlende Planungssicherheit. Das ist doch auch etwas, was einen wahnsinnig umtreibt. Allein wenn man sagt, habe ich jetzt morgen mein ganzes Personal, was eingeteilt ist, was in den Dienstplänen ist. Es sind so viele Unwägbarkeiten, dass ich glaube, dass jeder im Moment damit sehr zu kämpfen hat, sich immer wieder selbst bei Laune zu halten. Naja und sonst so ganz persönlich, man muss einfach irgendwo eine Auszeit finden und die Kraft bei sich wieder finden. Ob man jetzt Sport macht, ob man gern ins Kino geht oder ein tolles Buch liest, ich glaube das ist eine individuelle Sache. Ich gehe gern schwimmen und tanke da wieder richtig auf und dann ist auch alles immer wieder gut. Den Kopf durchlüften das muss man irgendwie schaffen und ein gutes Glas Wein dazu.

00:19:24-3 Tijen Onaran: Gutes Glas, darauf habe ich jetzt noch gewartet oder einfach mal so in sich hineinfluchen, ja, ins Kissen schreien, das kenne ich auch.

00:19:30-0 Ulrike Scharf: Ja.

00:19:30-8 Tijen Onaran: Erst mal vielen Dank. Wir sehen uns tatsächlich auch gleich wieder. Großen Applaus für Ulrike Scharf.

00:19:40-5 Tijen Onaran: Ja, sie wurde gerade angesprochen in Punkt, es gibt tatsächlich ein ganz spannendes Buch, das heißt „Feminists don’t wear and other lies“. Das kann ich nur empfehlen, weil immer wieder so kommt diese pink-hellblau-Falle, die ja richtig ist, aber ich setze mich sehr dafür ein und ich sehe hier ganz viel Buntheit sozusagen im Saal, dass Frauen auch sichtbar werden sollten mit dem, wie sie Bock haben das anzuziehen was sie wollen. Und ich glaube, das ist ein ganz wichtiges Zeichen und wenn ich hier reingucke, dann geht mein Herz auf und ich freue mich, dass sie da ist. Sie ist uns, glaube ich, und euch allen bekannt, ich muss sie gar nicht groß vorstellen. Aber was ich sagen will ist, dass am 18. Oktober ihr Buch rauskommt. Puh, ich habe es richtig gemacht. Und zwar „Mit Gefühl – warum Emotionen im Job unverzichtbar sind“. Wenn sie nicht das macht, hat sie auch noch einen Job, sie ist bei Microsoft und ist da Diversity und Inclusion Lead und hält seit Jahren die Fahnen hoch für das Thema Diversity. Und zwar nicht nur Gender Diversity, auch Age, soziale Herkunft all over. Und für Ulrike Scharf gab es einen riesigen Applaus und für diese Frau gibt es jetzt auch noch einen Riesenapplaus, weil sie ein Rockstar ist. Herzlich willkommen Lena Rogl.

00:20:56-8 Lena Rogl: Vielen, vielen Dank für die schöne Anmoderation, das freut mich sehr. Und vor allem freut es mich sehr, euch heute alle hier zu sehen und vielen vielen Dank an die Einladung. Uli Scharf, ich finde das ganz toll, dieses Thema auch hier auf die Bühne zu bringen. Ich glaube, Rolemodels das ist ja was, womit wir uns alle beschäftigen. Und ich wollte euch heute ein bisschen darüber erzählen, warum ich glaube, dass wir auch öfter Rolemodel für uns selbst sein sollten. Ich habe den Talk vorbereitet und dann kam gestern. Gestern war ich auf einer Konferenz in Ingolstadt und ich musste superfrüh aufstehen, war sehr durchgehetzt, musste zum Zug, der Zug ging um 6:30 Uhr. Um 6:30 Uhr müssen die Kinder normalerweise auch aufstehen. Ich habe extra einen Reminder gesetzt, Kinder anrufen, wenn ich im Zug sitze. Der Zug hatte einen Gleiswechsel, ich musste zum anderen Gleis, ich habe den Reminder ausgeschaltet. Ich saß im Zug, bin in Ingolstadt angekommen, es ist 7:30 Uhr, die Kinder rufen an, Mama du hast uns nicht geweckt. Scheiße. Aber wir haben ja alle Rolemodels und ich kenne meine ganzen Rolemodels auf Instagram, wie die das machen, posten, posten, posten, professionell bleiben, also habe ich das auch so gemacht. Ab auf die Konferenz, ab aufs Panel, schön Selfie gepostet, super Panel, Leadership total wichtig, Leadership tolles Thema, alles super, durchgezogen. Wieder ins Auto gesetzt, zurück zum Bahnhof gefahren, und dann saß ich am Bahnhof, hatte noch eine Viertelstunde Zeit, bis der Zug kam, und ich habe so angefangen zu weinen. Weil ich gemerkt habe, was ich da schon wieder die ganze Zeit runtergedrückt habe. Weil ich gemerkt habe, wie sehr ich versucht habe, schon wieder meinen Rolemodels nachzueifern und das zu tun, was man eben tut und nicht das gefühlt habe, was ich eigentlich gefühlt habe. Und dann saß ich da gestern alleine in Ingolstadt am Bahnhof und habe mal so richtig Rotz und Wasser geheult. Und dann dachte ich mir, genau das poste ich jetzt auch. Und ich habe es gepostet, kein Foto von meinem verheulten Gesicht, wäre auch glaube ich nicht so gut gewesen, aber ich habe es gepostet und ich habe es dazu geschrieben und habe gesagt, für mehr Realität auch auf Instagram, ich sitze hier gerade und weine, weil heute mal wieder alles schiefgegangen ist und ich allen Ansprüchen, die ich eigentlich habe, nicht gerecht geworden bin und wiedermal die Kinder oder irgendwas Privates hinten runtergefallen ist. Und ich habe so viele Nachrichten gekriegt, so viele haben geschrieben, eine Ministerkollegin von Uli hat geschrieben, hat sogar eine Sprachnachricht geschickt. Und in diesen Nachrichten stand ganz oft drin, ach das tut gerade so gut, wow du bist gerade so ein Rolemodel für mich. Und es war so schön für mich, das zu sehen und vor allem das zu spüren. Zu sehen, dass wir auch diese Realität zeigen können und dass wir vor allem auch in solchen Momenten viel mehr ein Rolemodel für andere sein können, als wir es vielleicht denken. Weil ich dachte, jetzt habe ich hier gerade groß von der Bühne gepostet und jetzt der Post. Aber genau das ist auch Rolemodel. Und ich konnte in dem Moment, glaube ich, ein Rolemodel für andere sein, für ganz viele, die mir eben geschrieben haben, hey mir geht es genau so, gut, dass du das mal schreibst, oh Gott sei Dank geht es nicht nur mir so, ich habe heute auch die Kinder vergessen. Auch ein paar Gesichter, die hier im Publikum sitzen, hatten mir gestern geschrieben im Übrigen. Und ich konnte aber auch in dem Moment ein Rolemodel für mich selbst sein, weil ich eben Mitgefühl mit mir selbst in dem Moment haben konnte. Und in dem Moment einfach gesagt habe, ja es ist gerade einfach scheiße. Und es ist okay, dass ich mich auch mal scheiße fühlen darf. Und es ist okay, dass nicht immer alles shiny ist und nicht immer alles super läuft, sondern wir sind alle nur Menschen. Und es hat mir total gut getan, in dem Moment ein Rolemodel für mich selbst zu sein, Mitgefühl mit mir selbst zu haben und auch zu überlegen, was würde ich mir denn jetzt selbst raten. Ich habe vor ein paar einigen Jahren nämlich das Konzept von Future Self kennengelernt. Das steht in einem meiner Lieblingsbücher „Playing Big“. Ich weiß nicht, ob das vielleicht manche von euch kennen. Und es geht darum, eine kleine Reise in die Zukunft zu machen, so eine mentale Reise. Mal zu überlegen, welche Frau, welcher Mensch will ich in der Zukunft sein? Wie will ich sein, wie will ich leben? Vielleicht auch wie will ich aussehen, wie will ich mich fühlen, wo will ich wohnen? Und dieses Konzept von Future Self ist für mich ein ganz großes Leitbild geworden und hat mir ganz stark geholfen, wirklich in mir selbst dieses Rolemodel zu finden. Und immer wieder in solchen Situationen zu überlegen, was würde die Zukunftslena mir jetzt sagen, welchen Rat würde sie mir geben. Und ich glaube, dieses Bewusstsein darüber, wer will ich denn in Zukunft sein, wie will ich sein, wo will ich mich hinentwickeln, das ist echtes Selbstbewusstsein. Und diesen Begriff Selbstbewusstsein benutzen wir, glaube ich, im Alltag ganz oft falsch. Wir setzen ihn nämlich gleich mit Mut, mit Stärke, mit Selbstvertrauen. Aber bei Selbstbewusstsein geht es wirklich darum, uns selbst darüber bewusst zu werden, wer bin ich, wo bin ich, wie fühle ich mich, wo will ich sein und wie will ich sein. Und deshalb ist dieses Konzept des Future Self für mich etwas, was mir ganz ganz viel Selbstvertrauen und Selbstsicherheit gibt. Dieses Selbstvertrauen, weil ich genau in Situationen wie der Situation gestern einfach darauf zurückgreifen kann und daran denken kann, was würde die Zukunftslena jetzt sagen. Und Selbstvertrauen ist für mich tatsächlich ein relativ neues Gefühl. Ich bin nämlich ganz ganz lange mit einem anderen Gefühl rumgelaufen, was immer so neben mir stand. Und ehrlich gesagt, das Gefühl steht auch heute hier mit auf der Bühne, auch wenn ihr es nicht sehen könnt, aber es ist ganz klein geworden und ich nehme es immer liebevoll an der Hand.

00:26:44-9 Lena Rogl: Das ist nämlich das Gefühl des Impostersyndroms. Das Impostersyndrom beschreibt das Gefühl, sich selbst als Hochstaplerin zu fühlen und die ganze Zeit zu denken, ich bin nicht genug und gleich werden alle, die hier sitzen, verstehen, dass ich eigentlich überhaupt keine Ahnung habe von dem was ich spreche. Und dieses Gefühl des Impostersyndroms hat mich ganz ganz lange begleitet. Ich selbst habe kein Abitur, ich habe kein Studium, ich bin eigentlich Kinderpflegerin und ich bin durch einen Quereinstieg in dieser Digital- und Techbranche gelandet und hatte immer das Gefühl, ich gehöre hier eigentlich nicht hin, eigentlich sind die alle viel schlauer als ich, die wissen eigentlich alle viel mehr als ich, die haben alle viel mehr gelernt als ich. Und deshalb war in dem Moment nie das Thema Selbstvertrauen, sondern eher Selbstmisstrauen und eben das Imposter. Und was dieses Gefühl für mich ganz oft noch mal sehr verstärkt hat war ein Spruch, der sehr sehr gerne genutzt wird und sehr oft genutzt wird, wenn es um das Thema Rolemodels geht. Der Spruch ist nämlich, „you can’t be what you can’t see“. Wer kennt den Spruch? Ich denke, viele von euch. Sie nicken. Der wird immer benutzt als Beispiel, ja deshalb brauchen wir Rolemodels, wir müssen die sichtbar machen, weil you can’t be what you can’t see. Aber ehrlich gesagt, wer von euch hat schon mal eine Kinderpflegerin in der Digitalbranche gesehen? Ich nicht. Und deshalb hat dieser Spruch mein Selbstmisstrauen immer noch sehr sehr stark getriggert, weil ich dachte, ja aber ich bin ja nicht so, mich gibt es ja hier nicht, habe ich hier einen richtigen Platz? Und dieses Konzept des wirklichen Selbstbewusstseins und das Konzept des wirklichen Selbstvertrauens, des Future Self hat mir geholfen zu sagen, you can be what you can’t see, weil ich habe es gezeigt und ich habe es mir bewiesen. Und ich erinnere mich immer wieder dran. Und wenn es Situationen gibt wie gestern, dann erinnere ich mich wieder dran, dann sage ich mir wieder, you can be what you can’t see, weil du hast es gezeigt. Und ich glaube, wenn wir immer nur versuchen, wie andere zu sein, wenn wir immer nur schauen, wie sehen denn andere aus, was machen andere, wenn wir immer nach anderen Rolemodels sehen, gibt es das Risiko, dass wir Kopien werden, dass wir immer versuchen, andere Menschen zu kopieren. Frauen, die wir bewundern, zu kopieren, dass wir versuchen, so wie sie zu sein. Und das führt eben nicht nur dazu, dass wir nur Kopien sind, sondern das führt auch dazu, dass wir unglücklich sind. Weil ich werde nie so sein wie ein Tijen. Ich werde nie so sein wie eine Uli. Ich werde nie so sein wie ihr. Und das ist gut so. Weil wir sind alle einzigartig und deshalb sollten wir viel mehr darauf achten, wie wir wirklich ein Rolemodel für uns selbst sein können. Weil wir sind der wichtigste Mensch in unserem Leben, es ist unser Leben und wir spielen die Hauptrolle, keine anderen. Und deshalb habe ich heute zwei Dinge, die ich euch mitgeben will. Der erste Punkt ist, habt Mitgefühl mit euch selbst. Wir lernen als Frauen so früh und du hast es gerade genannt Uli, diese frühe Prägung, diese frühe Sozialisierung, wir lernen so früh, uns immer um andere zu kümmern. Schon im Kindergarten geht es darum, dass wir uns um die Puppen kümmern, dass wir schauen, dass es den Puppen gut geht in der Puppenstube. Aber was wir nicht lernen ist, uns um uns selbst zu kümmern und wirklich Mitgefühl mit uns selbst zu haben. Und ich glaube, das brauchen wir, damit wir wirklich diese Empathie leben können und damit wir ein Rolemodel für uns selbst sein können. Und der zweite Punkt, de ich euch mitgeben will, nehmt euch wirklich Zeit, euch bewusst über euch selbst zu werden, euch darüber bewusst zu werden, wer bin ich, was macht mich aus, was macht mich einzigartig? Weil dann könnt ihr wirkliches Selbstbewusstsein entwickeln. Vielen Dank.

00:30:34-4 Tijen Onaran: Vielen Dank, vielen, vielen Dank für diesen tollen Appell. Magst du auch mit uns hier auf die Bühne kommen? Genau, ihr am besten hier schön in die strahlende Mitte. Danke schön. Das ist ja, vor allem mit dieser Sichtbarkeit das ist ja total wichtig. Ich glaube, Uli du hast bei vielen Sachen auch genickt, das was Lena gesagt hat, dieses, dass man vielleicht in diese Vergleicheritis tappt, ist ja in Zeiten von Social Media auch sehr stark ausgeprägt. Merkst du das auch manchmal bei dir selbst, dass du merkst, ach Mist, jetzt denke ich so, geht ja auch, dass man sich mit Männern vergleicht, dass man denkt, warum hat der oder die das irgendwie anders oder war das bei dir nie so ausgeprägt?

00:31:08-9 Ulrike Scharf: Mir ging es auch so, dass ich lange eben jemanden neben mir hatte, ein Gefühl, dass jetzt auch so klein geworden ist. Aber ich glaube, ich habe das lange abgelegt, weil eine gute Freundin zu mir mal gesagt hat, die auch sehr erfolgreich ist, die hat gesagt, es wird immer jemanden geben, der besser ist, es wird immer jemanden geben, der schöner ist, der schlanker ist, der die schöneren Klamotten hat und der mehr Erfolg hat. Und deshalb habe ich mich längst von diesen Vergleichen verabschiedet. Ich habe sogar immer so ein Appell an mich selber, ich muss mir manchmal dreimal in der Woche sagen, bleib bei dir selbst und achte auf das, was dich stark macht und was du kannst. Ich fand das jetzt auch sehr motivierend, vielen Dank. Weil man einfach auch von so vielen Einflüssen und von so vielen Wahrnehmungen auch abhängig ist. Speziell natürlich in der Politik, aber allein, wenn ich mir Kanäle anschaue auf Social Media und Internet, alles was uns so zur Verfügung steht den ganzen Tag und man ist wirklich manchmal Gaga. Ich renne da mit zwei Handys rum, in jedem Handy gibt es ein Facebook, ein Instagram und gibt einen Email-Kanal und ein WhatsApp und ein Signal und ich weiß gar nicht mehr, wo man zuerst hinschauen soll. Und das macht einen auch so sichtbar in der Arbeit. Aber ich habe längst aufgehört, mich zu vergleichen, weil es mir auch nicht guttun würde.

00:32:21-2 Tijen Onaran: Das tut nicht gut und das ist ja auch immer so, dann ist man so ein bisschen in dieser Abwärtsspirale Lena. Mit der Sichtbarkeit kommt die Angreifbarkeit, du kennst es auch, man postet irgendwas und dann gibt es immer irgendjemanden, der meint, etwas kommentieren zu müssen. Mal gut, darüber freut man sich, mal schlecht. Und dann bleibt einem meistens dieses schlechte in Erinnerung. Dann geht man ins Bett und denkt sich so, warum hat der Detlef jetzt wieder geschrieben, dass man Lippenstift im Business nicht tragen darf, hat er wirklich. Was würdest du jetzt sagen, wir alle haben diesen Detlef, glaube ich, in unserem Umfeld, was würdest du jetzt sagen, wenn das hier den Menschen passiert, dass so jemand schreibt, dass man sich nicht daran aufhängt und dass man trotzdem dieses Selbstwertgefühl jeden Tag leben kann?

00:33:04-4 Lena Rogl: Ja, ich glaube, das ist ganz schwierig und wir alle kennen diese Herausforderung, dass einfach dieser Negativity Bias ist, dass wir uns eben an die negativen Dinge besser erinnern. Und das ist evolutionär bedingt. Vielleicht hilft es einfach, um auch so ein bisschen Verständnis dafür zu haben, warum wir denn so sind. Was mir hilft ist tatsächlich, dass ich mich jeden Morgen hinsetze und aufschreibe, was ist gestern gut gelaufen, was war gestern super, wofür bin ich dankbar. Und das hilft einfach, diesen Negativity Bias ein bisschen umzutrainieren und wirklich auch einen Fokus darauf zu haben, was auch gut gelaufen ist und was schön ist. Und es gibt tatsächlich Tage, da sitze ich da und nippe an meinem Kaffee und mir fällt nichts ein, was gut gelaufen ist. Was natürlich totaler Blödsinn ist, weil an jedem Tag passieren uns gute Sachen. Und dann muss ich eben mich erinnern, mich auch an die Kleinigkeiten zu erinnern und darauf aufmerksam zu sein. Wie vielleicht jemand was nettes zu mir gesagt hat, wie vielleicht die Kassiererin mir einen schönen Tag gewünscht hat, der Postbote sich gefreut hat, was auch immer. Aber wir erleben jeden Tag schöne Dinge und gute Dinge und ich glaube, es ist ganz ganz wichtig, dass wir uns bewusst an diese Dinge auch erinnern.

00:34:12-9 Tijen Onaran: Ja und manchmal finde ich auch gut, dass man den Tag irgendwie halbwegs überstanden hat und sich so denkt, ohne Chaos überlebt. Genau, du kennst es wahrscheinlich auch aus der Politik. Wie gehst du damit um, wenn du wieder merkst, so boah, ich meine die Angreifbarkeit in deinem Job ist ja noch mal doppelt, dreifach so ausgiebig. Ich finde da den Optimismus, ich habe vorhin von deinem Humor gesprochen, den zu bewahren, wie gelingt es dir?

00:34:36-9 Ulrike Scharf: Ja, wahrscheinlich ist das eine Grundhaltung, ich bin einfach sehr optimistisch und immer schon eher ein Sonnenschein als jemand der Trübsal bläst. Aber was diese negativen Dinge im Netz angeht, da habe ich ganz klar zwei Kategorien, das sind die Idioten, die Detlefs, die ich einfach weg lösche und dann gibt es die …

00:34:54-2 Tijen Onaran: Der geht in die Geschichte ein der Detlef jetzt.

00:34:56-2 Ulrike Scharf: Ja genau. Und es gibt aber auch die, die tatsächlich bedrohlich sind, die werden einfach gemeldet, weil man das so nicht stehen lassen kann, das ist einfach inakzeptabel, dass man bedroht wird im Netz. Da kann man schon mal blöd daher reden, wie gesagt, einen Detlef geben wir in den Müllkorb, aber alles andere muss einfach gemeldet werden. Was nicht ganz einfach ist, wenn man zum Beispiel sehr über längere Zeit für eine politische Entscheidung kritisiert wird, im Sinne von, ich sage mal, Presseartikeln, die dargestellt werden. Also ich kann das jetzt so ganz klar sagen, ich habe mich getraut, das ist nicht die richtige Formulierung, sondern ich habe entschieden, dass wir in dem Erzieherinnenbereich tatsächlich ein paar neue Instrumente einführen. Was dazu geführt hat, dass… Also die Motivation ist, wir müssen mehr Kinder in die Betreuung bekommen, weil wir nicht genügend Erzieherinnen haben, weil wir nicht genügend Plätze haben. Deshalb haben wir gewisse Gruppenvergrößerungen. Das führt jetzt zu weit, das im Detail zu erzählen. Es geht darum, dass wir neue Instrumente den Kommunen, die sich um diese staatliche Aufgabe kümmern müssen, um diese Pflichtaufgabe, haben denen das eröffnet. So und dann kam natürlich prompt, so wie ich das erwartet habe, oh Gott, jetzt lassen die die Qualität hinten runterfallen. Und jetzt müssen da statt zwölf 15 Kinder in einer Gruppe sein und das geht alles schief und das geht dann über wochenlang so. Geht mit Briefen, geht mit Berichten in den Nachrichten, das geht über Zeitungsartikel. Das ist manchmal wirklich schwer, wenn man da in der Sache nicht überzeugt ist, dann würde man das Zweifeln anfangen. Ich bin zum Glück überzeugt und haben dann auch welche, die ganz klar hinter diesen Entscheidungen stehen. Die muss man sich dann aber auch immer wieder vor Augen führen, Gespräche wiederholen, dann stabilisiert das, aber das ist keine so ganz einfache Sache. Wenn man Entscheidungen trifft, von denen man überzeugt ist, aber das über Wochen hinlang bombardiert und infrage gestellt wird.

00:36:47-6 Tijen Onaran: Ja, ich glaube, das kennen auch viele, die hier vielleicht in Unternehmen arbeiten, dass man so lange für eine Entscheidung sich einsetzt und dann tatsächlich aus unterschiedlichsten Richtungen da kritisiert wird. Deswegen finde ich es ein ganz fassbares Beispiel. Ihr habt beide auch sozusagen einmal direkt und einmal indirekt über das Thema Female und Female Empowerment gesprochen, über Frauennetzwerke, sich gegenseitig zu unterstützen. Jetzt sind wir hier in einer Runde, wo glaube ich ihr heute und morgen die Möglichkeit habt, ganz viele spannende Menschen kennenzulernen. Ich kann euch nur motivieren, das zu nutzen und vielleicht die Person, die auf der Schulter sitzt und sagt, ich traue mich jetzt nicht, eine Person anzuschreiben oder anzusprechen, macht es, es lohnt sich immer. Weil man finde ich dann doch wieder eine andere Perspektive bekommt Lena. Aber wie kann man denn täglich das Leben, dass man andere Frauen unterstützt. Also hast du vielleicht so ein paar handfeste Tipps, wo du sagst, über Social Media oder im eins zu eins, wo jede jetzt hier rausgehen kann und sagen kann, i can do it, ich kann eine andere Frau supporten?

00:37:47-7 Lena Rogl: Also ich glaube, tatsächlich ist das auch oft so eine Frage des Mutes, dass man sich vielleicht nicht traut, das zu tun. Und ich glaube, das ist ganz ganz wichtig, dass wir sehen, was für eine starke Macht wir haben und dass wir uns auch als Frauen zutrauen, diese Macht zu nutzen. Weil Macht ist was wahnsinnig positives und was ganz ganz tolles. Und wir alle, ihr alle haben die Macht. Für mich war es tatsächlich so, dass ich mich früher nicht getraut habe, das zu sagen. Ich habe mich nicht getraut zu sagen, wenn ich jemanden bewundere. Ich habe mich nicht getraut, jemanden anzusprechen. Und ich glaube, wir können das ganz einfach alle leben jeden Tag. Und wenn das kleine Nachrichten sind, die wir an eine Kollegin schicken, danke dass du mir heute geholfen hast, danke für den Tipp, du warst heute eine echte Inspiration, war cool, dich heute auf der herCareer zu treffen, einfach mal auf LinkedIn jemanden anzuchatten, wenn man sich vielleicht nicht traut, direkt hier jemanden anzusprechen. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns selbst die Erlaubnis dafür geben, dass wir uns die Erlaubnis geben, die Macht zu nutzen und dass wir dann auch das Gefühl wirklich fühlen, wie schön sich das anfühlt, wie toll das ist, das zu tun. Weil das macht glücklich, wenn wir anderen Feedback geben können. Es macht glücklich, wenn wir andere sichtbar machen können. Es macht glücklich, wenn wir andere unterstützen können und wir wollen ja alle glücklich sein, oder?

00:39:03-6 Tijen Onaran: Auf jeden Fall und aber auch, ich finde, das, was du sagst, im Kleinen oder im Großen, für einige ist das wahrscheinlich, so ging es mir vor vielen Jahren, so schon mutig auf einer Veranstaltung zu sein. Vielleicht sind auch einige hier alleine. Ich weiß, dass es ganz… Hier wird schon genickt, manchmal echt schwierig ist, alleine auf eine Veranstaltung zu gehen. In so eine Messehalle reinzukommen, die einen vielleicht erst mal erschlägt. Aber das coole hier ist, das ist eine Bewegung, das ist eine Community und ich glaube, da kann man sehr schnell anknüpfen. Uli, wie ist das bei dir, hast du so einen Ratgeberinnenkreis, wo du so weißt, okay die kann ich Tag und Nacht anrufen, wenn ich mal irgendwie einen Fall habe, wo ich nicht mehr weiter weiß?

00:39:40-6 Ulrike Scharf: Ja klar, und zwar ganz persönlich aber natürlich auch beruflich. Es ist schön, wenn man Freundinnen, wenn man Freunde hat, die man wirklich auch zu Rate ziehen kann. Aber auch bei mir im Ministerium, ich habe ja ein Büro mit fast nur Frauen, es sind schon ein paar Männer da, aber viele Frauen um mich herum und auch ganz enge Vertraute. Und es ist notwendig tatsächlich, weil es so oft irgendwie Zweifel gibt. Das ist so die einfachste Terminentscheidung, die am Schluss einfach erscheint, aber in dem Moment, wo sie da ist, vielleicht nicht getroffen werden kann. Aber auch diese strategischen Überlegungen und auch diese Machtüberlegungen. Also muss einfach wirklich auch lernen, zu der Macht, de man hat, positiv zu stehen und sich zu trauen, das auch zu leben. Ich hatte neulich ein hartnäckigeres Gespräch im Haus und habe gesagt, wer ist denn hier eigentlich der Chef? Und dann wurde ich groß angeschaut und habe gesagt, ich bin es. Das ist jetzt ein wildes Beispiel, aber es ist tatsächlich so, das braucht es manchmal und man muss dazu stehen können und dazu braucht es aber auch immer wieder jemanden, der einem den Rücken freihält und der einfach ehrlich und auf Augenhöhe einem sagen kann, pass mal auf, das ist gut so wie du das entscheidest oder das finde ich jetzt ganz schlecht. Und dazu muss man auch bereit sein, das aufzunehmen. Ich glaube, manche haben auch immer wieder scheu, sich auf so einen Rat einzulassen. Dieses Vertrauen zu haben, wird mir da jetzt wirklich im guten Sinne was empfohlen oder ist das mit irgendwelchen Hintergedanken behaftet. Also das Vertrauen zu jemandem so zu haben, dass man sich echt an den Rat auch klammern kann, das tut schon gut.

00:41:13-1 Tijen Onaran: Ja, so ein Inner Circle tatsächlich. Und Lena, du hast diesen Negativity Bias vorhin angesprochen, hier kam ab und zu auch dieser Likeability Bias durch, der sowohl, finde ich, bei einem selber manchmal ausgeprägt ist, dass man denkt, irgendwie alle müssen mich ja irgendwie cool finden und wenn das jemand nicht tut, dann fragt man sich, woran liegt es. Und gleichzeitig ist es, tatsächlich auch statistisch ganz spannend erwiesen, dass wenn Frauen machtvoll auftreten, bestimmt auftretend, dass das noch negativer bewertet wird als bei einem Mann. Wie gehst du damit um jetzt auch in deiner Rolle sozusagen in einem Unternehmen. Ich kann mir vorstellen, dass du auch mal ähnliche Situationen hast, wo du mal sagen musst, entweder ich bin die Chefin oder zumindest irgendwie mal auf den Tisch hauen oder irgendwie zu einer Entscheidung zu stehen. Fällt es dir immer noch schwer oder ist das easypeasy jetzt?

00:41:57-4 Lena Rogl: Es wäre schön, wenn es easypeasy wäre. Nein, es fällt natürlich oft noch schwer, gerade wenn es eben große Entscheidungen sind und wenn man weiß, was vielleicht jetzt auch für Konsequenzen mit sich zieht. Aber ich finde, auch in den Situationen ist wieder ganz wichtig, empathisch mit mir selbst zu sein und auch zu überlegen, okay warum treffe ich diese Entscheidung, wie stehe ich hinter dieser Entscheidung? Und auch da wieder zu sagen, okay was würde ich mir selbst jetzt raten in der Situation, was würde ich meiner besten Freundin raten, wenn sie diese schwierige Entscheidung treffen muss? Und dann im zweiten Schritt aber auch empathisch mit den Menschen zu sein, die das vielleicht nicht gleich so gut auffassen, wie es gemeint ist oder vielleicht auch die einfach Schwierigkeiten damit haben. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir uns dafür auch den Raum geben und dass wir eben auch empathisch sind mit Menschen, die eine andere Meinung als wir haben. Dass wir empathisch sind mit Menschen, die unsere Entscheidung kritisieren, die uns selbst vielleicht kritisieren. Dass wir eben nicht versuchen, sofort in eine Abwehrhaltung zu gehen, sondern auch zu verstehen, was bringt diesen Menschen dazu, welche Perspektive hat dieser Mensch, warum sieht dieser Mensch das vielleicht ganz anders als ich es in dem Moment sehen kann? Weil mir diese Empathie zumindest in ganz vielen Momenten dann hilft, auch damit so ein bisschen Frieden zu finden und zu sagen, das ist einfach eine andere Perspektive, die ich jetzt so vielleicht auch ein bisschen besser akzeptieren kann.

00:43:17-2 Tijen Onaran: Ich habe heute auf Instagram so ein Visual gepostet, könnt ihr euch mal angucken, da geht es irgendwie so um den Begriff to much, dass Frauen immer gerne so als zu viel bezeichnet werden oder auch übrigens zu wenig. Also entweder ist man zu bunt oder man ist zu wenig bunt, gefühlt in jeder Hinsicht. Wer wurde hier im Raum schon mal als to much bezeichnet? Und wer sozusagen als, kannst ruhig mehr machen, also zu wenig? Ja. Das ist doch irgendwie, man denkt sich so, irgendwie kann man es gar nicht richtig machen, wie gehst du mit dieser Erwartungshaltung auch an dich ran? Weil ich weiß, dass viele sich, inklusive mir, da total viel Druck machen dann auch.

00:43:59-9 Ulrike Scharf: Erwartungshaltung glaube ich ist das Schlüsselwort. Muss man der überhaupt gerecht werden, muss man der begegnen? Also ich arbeite immer nach dem Prinzip, ich habe eine bestimmte Aufgabe, ich habe eine bestimmte Verantwortung und die will ich gut, möglichst gut und am besten noch sehr gut machen. Also sprich, die Leistung muss einfach stimmen. Ob der Erwartungsdruck jetzt von Kollegen kommt oder von außen ist mir eigentlich egal. Weil ich an mich selber hohe Erwartungen habe. Ich habe ein hohes Level an mich selbst und die Ansprüche können mir eigentlich gar nicht genug sein, aber ich nehme die nicht von außen an. Ich glaube, ich habe da eine gute Schutzfunktion aufgebaut. Dazu braucht es natürlich auch dann, jetzt sage ich mal, den Erfolg und es muss gut laufen. Das würde wahrscheinlich etwas anders aussehen, wenn Dinge nicht gut auf der Spur sind. Aber solange die Ergebnisse, die ich da abliefere, gut sind und wie gesagt am besten noch sehr gut sind, lehne ich mich überhaupt nicht nach außen oder schaue nach irgendeinem Erwartungsdruck nach außen. Wo der Erwartungsdruck tatsächlich da ist, ein bisschen so mit dieser Sichtbarkeit, was ziehe ich heute an und welche Termine und wie müssten wir denn auftreten. Also eher diese optische, ästhetische Frage schon, aber nicht in der inhaltlichen Sache. Da habe ich die höchsten Erwartungen an mich selbst.

00:45:21-4 Tijen Onaran: Wie ist das bei dir?

00:45:22-2 Lena Rogl: Klar. Also ich glaube, genau was du sagst, das ist ganz wichtig, sich davon auch frei zu machen von dieser Erwartungshaltung und auch da wieder zu sagen, okay, wie fühlt es sich für mich an? Fühlt es sich für mich zu viel an? Und manchmal ist es zu viel und manchmal ist es zu wenig und dann ist es berechtigt. Aber es zählt nur, ob es sich für mich zu viel oder zu wenig anfühlt. Und ich werde nie allen gerecht werden, weil alleine hier sind jetzt, weiß ich nicht 100 Menschen mit 100 verschiedenen Meinungen, Perspektiven, Erfahrungen, Geschmäckern und deshalb wird man nie allen gerecht werden. Für mich ist ganz wichtig immer wieder zu schauen, was ist mein eigener Maßstab? War ich heute zu viel, war ich heute zu wenig oder hat es sich für mich richtig angefühlt? Und dann auch wieder empathisch mit den anderen zu sein, ja das ist ihre Perspektive, die sieht das so, aber das ist nicht das, was ich für mich annehmen muss.

00:46:09-5 Tijen Onaran: Was ist das, was ihr heute hier allen so als eine Sache mitgeben wollt? Wo ihr sagt, wenn ihr heute hier oder morgen dann auch die Hallen verlasst, das sollt ihr im Ohr haben? Wer möchte?

00:46:23-5 Lena Rogl: Es sind so viele Sachen oder?

00:46:26-8 Ulrike Scharf: Ich versuche es abzuschichten.

00:46:28-7 Lena Rogl: Also für mich tatsächlich das Thema Selbstbewusstsein. Also lasst uns wirklich gemeinsam den Begriff Selbstbewusstsein neu definieren. Ich glaube, wir können da so viel verändern für uns selbst, aber auch für die Generation, die nach uns kommen. Dass wir Selbstbewusstsein wieder genau als das definieren was es ist. Dass wir uns den Raum geben, uns bewusst über uns selbst zu werden, uns bewusst über unsere Einzigartigkeit zu werden. Und dadurch dann dieses Selbstbewusstsein wirklich zu entwickeln, was wir im Moment als Selbstbewusstsein bezeichnen, nämlich das Selbstvertrauen, die Selbstsicherheit. Und das ist das, was ich mir wünschen würde und ich glaube, dazu können wir uns gegenseitig wirklich ganz ganz gut begeistern.

00:47:09-7 Tijen Onaran: /unverständlich/ Irgendwie reagiert da mein Ohr ganz besonders drauf. Wie ist es bei euch? Ja gut war das. Uli.

00:47:21-2 Ulrike Scharf: Ja, ich glaube, ich würde einfach auch Mut mitgeben wollen. Mut und diese Bereitschaft, Konflikte auch einzugehen und auszuhalten und sich nicht selber infrage zu stellen. Sich durchaus selbst reflektieren, aber nicht selbst infrage zu stellen. Ich erlebe es so oft, dass ich Frauen begegne, die wahnsinnig gut sind. Und wenn es dann um eine weitere Verantwortung geht, dann sagen die, traue ich mir das zu? Und ich glaube, diesen Mut sollten wir einfach haben, es spielt überhaupt keine Rolle, auf welcher Ebene, in welchen Bereichen, in welcher Branche, ob das die Wirtschaft oder die Politik ist, man braucht echt immer Mut und den will ich Ihnen einfach zurufen, wir haben den, wir können das alles, wir sind bestens ausgebildet, wir sind ganz toll auf der Spur. Und da muss man nicht das Frausein so rauskehren, sondern einfach man als Persönlichkeit sich wahrnehmen und sagen, ich habe Mut und ich kann etwas und positiv in die Zukunft schauen.

00:48:15-6 Tijen Onaran: Und ich finde, es ist wunderbar damit zu enden, wenn man sich die Frage stellt, kann ich es oder kann ich es nicht, denkt an uns, denkt an euch, du kannst, du schaffst, du hast schon so viel geschafft. Ich finde, das muss man sich immer vor Auge führen, das Erfolgstagebuch, was Lena angesprochen hat. Manchmal ist es leer, manchmal ist es, ich habe den Tag überlebt, ich habe mir was angezogen, ich habe meine Zähne geputzt. Manchmal ist es aber auch das ganz große und insofern glaubt an euch, ihr schafft es. Und natürlich ist es ganz entscheidend, dass ihr euch auch gegenseitig unterstützt und dafür ist es heute auch da. Ich will wirklich euch motivieren, diese Tage heute hier auch zu nutzen. Es ist eine tolle Stimmung hier. Und wie gesagt noch mal, in diesen Zeiten ist es wichtiger denn je, nicht Demokratie einfach zu genießen, sondern sich tagtäglich dafür einzusetzen. Wenn wir hier einen Schritt weiter sind, sind wir irgendwo auf der Welt leider einen Schritt zurück. Umso wichtiger ist es, dass wir unsere Stimme, die wir haben, jeden Tag nutzen. Und last but not least, ich mache immer sehr viel sehr gerne Werbung auch für Bücher, 18. Oktober kommt das Buch von Lena raus „Mit Gefühl“, also insofern bestellt es jetzt schon vor, weil das zählt alles jetzt schon in alle Listen rein. Ich habe das alles schon mal durch, ich weiß wie das ist.

00:49:21-1 Lena Rogl: Du hast Erfahrung.

00:49:23-8 Tijen Onaran: Ja genau, insofern bestellt es. Und ich finde es auch ganz toll liebe Uli, noch mal will ich sagen, in diesen Zeiten Politik zu machen ist nicht einfach. Unabhängig jetzt von der politischen Richtung, es ist wirklich toll, auch als Frau da an der Spitze zu stehen jeden Tag. Also insofern bombastischen Applaus für die beiden und vielen Dank, dass ihr da gewesen seid. Vielen vielen Dank.

00:49:51-4 Moderation: Die Diskussion wurde im Rahmen der herCareer Expo 2022 aufgezeichnet. Wenn du jetzt Lust hast, in die Unterhaltung einzusteigen, dann besuche uns auf der nächsten herCareer Expo in München und netzwerke zusammen mit tausenden ExpertInnen aus den verschiedensten Branchen und Fachbereichen. Oder fange gleich von zu Hause aus an, zum Beispiel über www.hercareer-network.com. Ob virtuell oder im Reallife, wir vernetzen dich gern. Wenn du gerade eine neue Herausforderung suchst, dann probiere unbedingt www.hercareer-jobmatch.com aus. Bei Fragen zum Podcast schreibe uns einfach eine Mail an podcast@her-career.com . Abonniere den herCareer Voice Podcast auf Apple Podcasts, Spotify oder wo immer du deine Podcasts hörst und empfiehl uns auch an deine liebsten KollegInnen. Alle Episoden gebündelt findest du zum Beispiel unter www.her-career.com/podcast. Wir sind glücklich und stolz, dass du ein Teil der herCareer Community bist. Danke, dass du anderen zuhörst, um uns alle weiter zu bringen. So klingt female Empowerment.