Weibliche Herzen schlagen anders als männliche. Schon junge Frauen können herzkrank werden, doch oft werden Symptome falsch gedeutet. Grund genug, warum die Leipziger Herzchirurgin Sandra Eifert genau auf Geschlechtsunterschiede achtet.

Beim Authors-MeetUp auf der herCAREER Expo 2023 sprach sie mit Manuela Kasper-Claridge, Chefredakteurin der Deutschen Welle, über gendersensible Medizin. Sie erklärt, wie man gebrochene Herzen heilen kann. Und sie spricht über ihren Weg in die männlich dominierte Herzchirurgie.

Thema

Wirtschaft, Arbeit & New Work, Gesellschaft

Angaben zu den Referent:innen

Manuela Kasper-Claridge ist Chefredakteurin der Deutschen Welle, des öffentlich-rechtlichen Auslandsrundfunks der Bundesrepublik Deutschland. Sie wurde im Mai 2020 in dieses Amt berufen. Ihr Hauptaugenmerk liegt auf der Pflege hoher redaktioneller Standards und der Steigerung der Vielfalt in der internationalen Berichterstattung der DW. Manuela Kasper-Claridge ist seit 1992 bei der Deutschen Welle. Zunächst arbeitete sie als Nachrichtenredakteurin. 1998 übernahm sie die Leitung des Ressorts DW Wirtschaft, ab 2014 leitete sie das neu gegründete Ressort Wirtschaft, Wissenschaft und Umwelt. Neben ihrer Rolle bei der DW ist Manuela Kasper-Claridge im Kommunikations- und Medienausschuss des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, im Kuratorium des renommierten ifo Instituts in München und im CIVIS-Beirat tätig.

Prof. Dr. med. Sandra Eifert ist Oberärztin am Herzzentrum Leipzig, ist seit 16 Jahren Herzchirurgin und hat in ihren Jahren in der Transplantationsmedizin das Leben vieler Menschen gerettet. Persönliche Erlebnisse und die Konzentration auf die Gendermedizin haben ihre Sichtweise auf das Herz vertieft. Heute kennt sie die Bedürfnisse der Frauen mit Herzerkrankungen in all ihren Facetten. Aus vielfältigen Patientengesprächen weiß sie, welche Anliegen und Bedürfnisse die Frauen mit Herzerkrankungen haben und wie immens wichtig es ist, den Patientinnen gut zuzuhören. Denn das persönlich Erlebte fließt mit den diagnostischen Untersuchungsergebnissen in die individuelle Krankengeschichte mit ein und bildet den Schlüssel zur Heilung des weiblichen Herzens.

Der Beitrag wurde im Rahmen der herCAREER Expo 2023 aufgezeichnet und als Podcast aufbereitet.

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[0:00] Sandra Eifert: Die Sterblichkeit der Frauen nach einem Herzinfarkt war bis vor zehn Jahren fast doppelt so hoch wie die der Männer. Also deswegen spielt das eine ganz große Rolle.

[0:09] Manuela Kasper-Claridge: Aber wie ist das zu erklären, warum sterben Frauen eher an einem Herzinfarkt? Man denkt ja gar nicht an Frauen, wenn man an Herzinfarkte denkt.

[0:17] Sandra Eifert: Sandra Eifert: Nein, das ist richtig und das wird allgemein auch nicht so wahrgenommen in der in der Öffentlichkeit, in der Medizinbranche schon. Es ist zum einen ja so, dass Frauen viele Jahre sehr gut vor einem Herzinfarkt zum Beispiel, aber auch vor anderen Herzerkrankungen geschützt sind und das bedeutet, wenn dann die Hormone im Laufe des Lebens nachlassen, was ja zumindest statistisch ab dem 45. Lebensjahr passiert, dann rücken Risikofaktoren für die Entwicklung von Kreislauferkrankungen in den Fokus oder stärker in den Vordergrund.

[1:02] Julia Hägele: Herzlich willkommen beim HerCareer Voice Podcast. Hier kommen Menschen zu Wort, die sich für eine vielfältige und gerechte Arbeitswelt einsetzen. Von der HerCareer Expo Life und aus der HerCareer Community.

Weibliche Herzen schlagen anders als männliche. Schon junge Frauen können herzkrank werden, doch oft werden Symptome falsch gedeutet. Grund genug, warum die Leipziger Herzchirurgin Sandra Eifert genau auf Geschlechtsunterschiede achtet. Beim Authors Meetup auf der HerCareer Expo 2023 sprach sie mit Manuela Kasper-Claridge, Chefredakteurin der Deutschen Welle über gendersensible Medizin. Sie erklärt, wie man gebrochene Herzen heilen kann und sie spricht über ihren Weg in die männlich dominierte Herzchirurgie.

[2:00] Manuela Kasper-Claridge: Frau Professor Eifert darf ich erstmal fragen, das Herz ist ja ihr Thema. Hören Sie auch auf ihr eigenes Herz jeden Tag?

[2:12] Sandra Eifert: Natürlich höre auch ich nicht pausenlos auf mein Herz. Meine Damen und Herren, die wenigen Herren, die da sind, Sie können sich ja vorstellen, es ist ja wirklich unser wichtigstes Organ. Es trägt uns durch unser Leben, ohne dass wir überhaupt einmal darauf achten. Trotzdem ist es unheimlich wichtig, besonders für die Gesundheit der Frauen auf das Herz zu hören. Im einen wie im anderen Sinne.

[2:39] Manuela Kasper-Claridge: Aber wie hören Sie auf Ihr Herz?

[2:41] Sandra Eifert: Naja, wenn ich aufgeregt bin, so wie jetzt ,schlägt das natürlich auch bei mir schneller. Wenn ich Ärger habe oder Stress habe, manchmal ist es ja auch Dauerstress, der einen begleitet, dann merkt man das schon und unser Herz zeigt uns eigentlich immer ganz gut, wo wir stehen und auch wenn es nicht zufrieden ist, macht es sich sehr gut bemerkbar. Und man darf das, wenn das häufiger auftritt und wenn das vor allem also was ganz schwerwiegendes ist und immer wieder kommt, wenn man zum Beispiel auch einmal umfällt, darf man dem nachgehen. Dann kommt ja schon mal vor, dass man Stress hat oder es kann hormonell beeinflusst sein, dass das Herz sich besonders bemerkbar macht, und dann ist das natürlich erstmal ein natürlicher Vorgang. Trotzdem, wenn es häufig auftritt, sollten Sie darauf hören.

[3:35] Manuela Kasper-Claridge: Was fasziniert sie denn so an diesem Organ, am Herz?

[3:40] Sandra Eifert: Am Herzen fasziniert mich am meisten, dass es einerseits ein so ganz kraftvolles Organ ist. Es ist ja im Normalfall so groß wie unsere Faust, und ist bei Frauen tendenziell etwas kleiner als bei den Männern und andererseits ist es eben ein sehr feines, feinsinniges Organ und wir schreiben ja dem Herzen auch ganz viele Dinge zu.

[4:04] Manuela Kasper-Claridge: Sie haben ja auch Transplantationen durchgeführt. Wie war denn ihr erstes Erlebnis erste Mal, als sie ein Herz gesehen haben, als sie operiert haben?

[4:12] Sandra Eifert: Also ich hatte das erste Mal in meinem Leben die Chance ein Herz zu sehen, als ich im letzten Studienjahr der Medizin war. Und zwar gibt’s im letzten Studienjahr so drei praktische Anteile, wo man einen gewissen Teil in der Chirurgie, einen Teil in der inneren Medizin verbringt und da landete ich in der Chirurgie, in der Herzchirurgie, in einem Londoner Krankenhaus. Und mein Eindruck war einfach, es ist ein Organ, das wir ja als Ärzte zum Beispiel bei der Operation auch, ausschalten können und wieder anschalten können. An sich ist das ja vollkommen selbstständig und arbeitet selbstständig. Ja, das ist häufig ja unabhängig von unseren Aktivitäten. Es arbeitet selbstständig und arbeitet und arbeitet und trägt uns durchs Leben. Und dann sehen Sie natürlich bestimmte Erkrankungen, aber es ist unheimlich kraftvoll. Es hat ja auch einen gewissen Teil also Muskel und das ist ein wahnsinnig kraftvolles Organ und es führt uns durchs Leben.

[5:15] Manuela Kasper-Claridge: Aber unterscheidet sich ein weibliches Herz tatsächlich von einem männlichen Herz? Könnten Sie das auf den ersten Blick auch erkennen? Dieses Herz ist von einem Mann oder dieses von einer Frau?

[5:28] Sandra Eifert: So gerne ich diese Frage mit ja beantworten würde, so einfach ist es nicht.w Wenn Sie wirklich nur das Herz einer Person oder eines Patienten, einer Patientin sehen, ist das weibliche Herz tendenziell kleiner und alle Strukturen am Herzen sind kleiner. Das weibliche Herz hat vor allem aber auch weniger Muskulatur und es reagiert vor allem auf Stress viel stärker. Also auch mit körperlichen Symptomen und möglicherweise der Entwicklung von Erkrankungen. Man kann aber auf den ersten Blick das weibliche Herz nicht vom männlichen Herzen unterscheiden.

[6:04] Manuela Kasper-Claridge: Wir werden ja gleich auch noch über Gendermedizin, das ist ja ihr Spezialgebiet sprechen, aber ich würde gerne erst nochmal über Karriere auch sprechen, über ihren Berufsweg. Wie sind sie zur Herzchirurgie gekommen?

[6:19] Sandra Eifert: Also ich denke, das war wirklich großer Zufall. Ich war nicht mein erster mein erstes Ziel in dieses Fachgebiet zu gehen, das vor allem sehr männerdominiert ist und damals besonders war. Es hat sich eigentlich dieser Weg entschieden, als ich das erste Mal im OP war und das Herz gesehen habe und dann habe ich gedacht, hm, das wird schwierig hier wieder rauszukommen, weil es ja tatsächlich ein sehr faszinierendes Organ ist, das unser Leben bestimmt, Und dann habe ich die Facharztausbildung hier in München begonnen, war die ganze Zeit auch während der Ausbildung hier. Und ja hatte die ganze Zeit mit sehr vielen Männern in dem Beruf zu tun, muss man sagen. Ich bin von meinem damaligen Chef hier in der Stadt sehr unterstützt worden. Sie müssen sich ja vorstellen, heutzutage gibt es in der Medizin, also im Studium, aber auch in den Pflegeberufen sind ja knapp 70 Prozent Frauen, bei den Pflegeberufen noch viel mehr. In Deutschland, im europäischen Raum, sind im Medizinstudium 60 Prozent Frauen. Und in den Führungsetagen gibt’s ja so je nach Fachgebiet 5 bis 10 Prozent Frauen. Natürlich gibt es bestimmte Gründe, warum die Frauen dann auch mal ausfallen. Es ist scheint ja nach wie vor für die deutsche Gesellschaft eine große Überraschung zu sein, nicht, und leider ist es so.

[7:42] Manuela Kasper-Claridge: Aber bei der Herzchirurgie ist es sogar noch schlimmer das Verhältnis, denn da gibt es nur zehn Prozent nach allem, was ich gehört habe, Herzchirurginnen. Warum ist das so schwer, auch für Medizinerinnen sich in diesem Bereich weiterzubilden und fortzubilden und den auszuüben?

[7:59] Sandra Eifert: Danke für diese Frage und es ist tatsächlich wie sie sagt, es sind in einem Fachgebiet Kardiologie und Herzchirurgie gibt’s zehn Prozent Frauen, die einen Abschluss machen in diesem Gebiet. Es hat natürlich was mit dem Aufwand in dieser Arbeit zu tun, weil einfach ja der Tagesablauf überhaupt nicht planbar ist. Sie können ja nicht sagen, wenn Sie so eine Operation machen: Es ist jetzt 16:30 Uhr, ich gehe jetzt. Das ist ja nahezu unmöglich. Im Ausnahmefall kann man das natürlich irgendwie organisieren, aber in der Realität ist das nicht üblich. So und auch im in der Kardiologie sind es nur zehn Prozent. Es hängt sicher damit zusammen, dass beide Fächer sehr konkurrent sind und sehr kompetitiv. In der Herzchirurgie kommt, zum Beispiel noch hinzu, dass wir nicht in die Praxis dürfen in Deutschland. Es gäbe ja theoretisch die Möglichkeit, dass man Belegbetten in einem Krankenhaus hat und seine Praxis selber organisiert. Aber so ist es in Deutschland eben nicht. Und deswegen ist das sicher alles zusammen ein Grund oder mehrere Gründe, warum da so wenige Frauen hingehen.

[9:11] Manuela Kasper-Claridge: Und bedauern Sie das, wäre es besser, wenn mehr Frauen auch Kardiologinnen wehren?

[9:17] Sandra Eifert: Für das Fachgebiet Gendermedizin und für das weibliche Herz wäre das sicher eine wirkliche große Sache, weil vielmehr darauf Wert gelegt wird, was das weibliche Herz ausmacht.

[9:29] Manuela Kasper-Claridge: Worin unterscheidet sich denn das? Warum ist es so wichtig Gendermedizin auch mit zu beachten?

[9:17] Sandra Eifert: Also grundsätzlich zur Erläuterung beschäftigt sich ja die Gendermedizin mit den Geschlechterunterschieden in Gesundheit und Krankheit, Und zum Beispiel bei den Herz-Kreislauf-Erkrankungen spielt das eine ganz entscheidende Rolle. Es gab den neuen Herzbericht vom Jahr 2022 vor zehn oder zwölf Tagen. Die Sterblichkeit der Frauen nach einem Herzinfarkt war bis vor zehn Jahren fast doppelt so hoch wie die der Männer. Also deswegen spielt das eine ganz große Rolle

[10:06] Manuela Kasper-Claridge: Aber wie ist das zu erklären, warum sterben Frauen eher an einem Herzinfarkt? Man denkt ja gar nicht an Frauen, wenn man an Herzinfarkte denkt.

[10:13] Sandra Eifert: Nein, das ist richtig und das wird allgemein auch nicht so wahrgenommen in der in der Öffentlichkeit, in der Medizinbranche schon. Es ist zum einen ja so, dass Frauen viele Jahre sehr gut vor einem Herzinfarkt zum Beispiel, aber auch vor anderen Herzerkrankungen geschützt sind und das bedeutet, wenn dann die Hormone im Laufe des Lebens nachlassen, was ja zumindest statistisch ab dem 45. Lebensjahr passiert, dann rücken Risikofaktoren für die Entwicklung von Kreislauferkrankungen in den Fokus oder stärker in den Vordergrund. Und dann kommt hinzu, dass bei Frauen besondere Risikofaktoren, so wie wir’s auch in unserem Buch geschrieben haben, eben hinzu kommen im Unterschied zu den Männern. Die Symptome sind anders. Ich glaube fast alle, die hier zuhören heute wissen, dass bei männlichen Herzinfarkt häufig die typischen Schmerzen hinter dem Brustbein auftreten, häufig mit Ausstrahlung zum linken Arm. Frauen können das haben, die müssen das aber nicht haben. Die haben tendenziell diese Beschwerden zehn Jahre später. Und die sind etwas anders. Sie klagen über Abgeschlagenheit, über fehlende Belastbarkeit. Dann wird es aber häufig auch erstmal auf das Alter oder vielleicht die Wechseljahre geschoben. Und da ergibt sich eben eine Diskrepanz neben der anderen. Und dann kommen eben diese allgemeinen Symptome … Übelkeit, jeder von uns hat hier schon Übelkeit mindestens einmal gehabt, wenn nicht sogar häufiger. Das ist natürlich ein Symptom, das ist sehr breit gefächert. Und es kann aber im Ausnahmefall auch mal auf eine Herzerkrankung hinweisen.

[11:58] Manuela Kasper-Claridge: Das heißt, dass Ärzte möglicherweise die Anzeichen nicht richtig interpretieren, dass aber auch die Patienten oder die Frauen gar nicht wissen, was sie eigentlich haben und vielleicht auch gar nicht zum Arzt oder zur Ärztin,?

[12:13] Sandra Eifert: Genau. Hinzu kommt, dass Frauen ja zwar meist in den Familien die Gesundheitsmanagerinnen sind, den Mann und die Kinder und alle zum Arzt schicken, aber für sich selbst häufig sich nicht den Raum nehmen, das wahrzunehmen und auch mal einen Arzt überhaupt für sich zu beanspruchen, noch vielleicht einen Notarzt.

[12:33] Manuela Kasper-Claridge: Sie haben ja eine eigene Sprechstunde zu Gendermedizin, auch in Leipzig. Was kommen denn da so für Patientinnen?

[12:41] Sandra Eifert: Also wir haben eine Sprechstunde für Frauen spezifisch, wo das Thema Herz im Vordergrund steht, rein medizinisch. Da kommen zum Beispiel Patientinnen mit spezifischen Risikofaktoren. Das kann also sein, so wie bei den Männern, die klassischen Risikofaktoren Bluthochdruck und Zuckerkrankheit zum Beispiel. Das haben ja Männer und Frauen, aber bei den Frauen ist diese, sind diese Risikofaktoren viel stärker im Hinblick auf die Entwicklung einer Herzerkrankung. Es können aber auch Frauen sein, die Schwangerschaftskomplikationen hatten.

Es können Frauen sein, die Rheuma haben oder eine Autoimmunerkrankung, die kommen. Dann gibt es Frauen, die während der Schwangerschaft eine starke Herzschwäche entwickeln. Die kommen zum Beispiel und es kommen natürlich Frauen, die auch Menopausebeschwerden haben, oder die einfach ihr Herz-Kreislauf-System untersuchen lassen wollen, ob es gesund ist.

[13:40] Manuela Kasper-Claridge: Frau Eifert, Sie haben sich auf Gendermedizin spezialisiert und auf Kardiologie. Haben Sie Vorbilder gehabt, wo Sie gesagt haben oder gab’s einfach gar keine Vorbilder, dass Sie gesagt haben, jetzt muss ich hier mal ran. Also wie können Sie uns das noch mal erzählen?

[13:57] Sandra Eifert: Auch ich hatte natürlich Vorbilder. Also es gab zum Beispiel in unserem Fachgebiet Vorbilder. Es gibt ja in Berlin dieses Institut für geschlechtsspezifische Medizin. Da kann man auch so eine Weiterbildung machen. Da gab’s die Frau Professor Regitz-Zagrosek, die da wirklich in Deutschland eine große Lanze gebrochen hat muss man sagen für dieses Gebiet, um überhaupt erstmal zu sehen, wie ist das zwischen Männern und Frauen. Nicht nur im Herzkreislauf-Bereich, sondern generell. Wie wirken Medikamente? Häufig haben wir bei Medikamenten eine Standarddosis. Die kriegen alle. Aber dass das unter Umständen, je nach Präparat, bei den Frauen zu viel mehr Nebenwirkungen führt, wird häufig nicht so gut beachtet.

[14:45] Manuela Kasper-Claridge: Ist ja durchaus beunruhigend, was Sie erzählen. Also da müssten eigentlich viel mehr Ärztinnen sich mit diesem Thema – und auch Ärzte natürlich – sich mit diesem Thema befassen.

[14:53] Sandra Eifert: Da haben Sie absolut Recht und deswegen glaube ich auch, wenn es mehr Frauen in der Medizin gibt, die dann auch wirklich klinisch tätig sind und mit Patientinnen zu tun haben, dann wird das aufs Parkett gebracht. Weil ich glaube, es gibt wirklich, also was ich erlebe, gibt es wenige Männer, die sich diesem Thema wirklich mit Leib und Seele widmen. Es gibt einige!

[15:18] Manuela Kasper-Claridge: Wenn man auf die Webseite des Herzzentrums Leipzig geht, wo Sie ja auch arbeiten, dann sieht man folgendes Bild: ein Arzt erklärt etwas einer Patientin. Und wenn man ihre Abteilung aufsucht, dann sieht man, dass die Leitung in den Händen vieler Männer liegt und das es neben 16 Oberärzten nur fünf Frauen gibt.

[15:41] Sandra Eifert: Immerhin, immerhin. Also vor zehn Jahren hatten wir … es gibt 78 Kliniken in Deutschland, Herzchirurgie. Es gibt keine einzige Leiterin einer solchen Abteilung oder einer solchen Klinik. Und es gab also vor zehn Jahren etwa eine Ärztin oder Fachärztin pro Klinik. Also das hat sich schon deutlich gebessert.

[16:06] Manuela Kasper-Claridge: Aber was raten Sie jungen Frauen, Medizinerinnen, die möglicherweise diesen Weg gehen wollen? Also wie sollen die vorgehen?

[16:14] Sandra Eifert: Also sie sollen sich auf jeden Fall sehr, sehr gut informieren, sollen sich diesen Fachbereich wirklich auch mal genauer betrachten, ob das was für sie langfristig ist. Es ist ja auch nicht jedermanns Geschmack jeden Tag mit den Männern zu kämpfen. Das muss man ja schon auch sagen. Ich denke, das ist in Ihrem Bereich nicht anders gewesen.

[16:33] Manuela Kasper-Claridge: Meinem Bericht dem Journalismus meinen Sie?

[16:36] Sandra Eifert: Dem Journalismus, ja. Das hat sich ja zum Glück auch kulturell sehr gewandelt. Trotzdem, man muss sich genau vergewissern. Als ich damals angefangen habe, habe ich irgendwie nicht bedacht, dass meine Energie zu irgendeinem Zeitpunkt in meinem Leben auch mal geringer ausfällt. Ja, wenn man Studentin ist oder Berufsanfängerin, denkt man ja, man hat immer alle Energie der Welt.

[17:00] Manuela Kasper-Claridge: Und jetzt merken Sie, Sie haben etwas weniger Energie?

[17:01] Sandra Eifert: Ich merke schon, wenn ich anderthalb Tage gearbeitet habe, dann freue ich mich schon auch, wenn ich nach Hause gehen darf. Also so ist es ja nicht. Und das hat man natürlich in jungen Jahren nicht.

[17:13] Manuela Kasper-Claridge: Aber das haben natürlich Männer auch.

[17:15] Sandra Eifert: Das haben Männer auch, selbstverständlich.

[17:17] Manuela Kasper-Claridge: Die sind auch erschöpft und auch Kardiologen, insofern …

[17:22] Sandra Eifert: Natürlich, Natürlich und wir müssen auch sagen, wir Frauen sind ja von der Natur sehr robust an sich ausgestattet. Sonst könnten wir ja auch keine Schwangerschaften überstehen.

[17:33] Manuela Kasper-Claridge: Wir haben wie haben Sie sich denn durchgesetzt in dieser doch sehr stark, wie Sie beschrieben haben, Männer dominierten  Arbeitswelt?

[17:41] Sandra Eifert: Wie Sie ja vorhin gefragt haben, ich hatte zwei, drei gute Mentorinnen, die gesagt haben, mach Forschung dazu, schau dir die Fakten an, lege die Fakten hin. Ja, und wenn Sie natürlich mit den Fakten können Sie die Männer zum Teil überzeugen.

[17:59] Manuela Kasper-Claridge: Sie haben jetzt auch ein ein Buch geschrieben. Genau, Herzsprechstunde, worum geht’s da?

[18:02] Sandra Eifert: In dem Buch Herzsprechstunde, das vor vier Wochen erschienen ist, geht es um das Herz im Leben einer jeden Frau im Prinzip. Also es geht im um das Herz im Fokus in all den verschiedenen Lebensphasen, die uns alle betreffen wird im Laufe des Lebens und werden, und um die auch um die gewissen Schwierigkeiten und ja, Holpersteine, die sich manchmal bieten in den verschiedenen Lebensphasen. Die Männer sind ja im Vergleich zu uns etwas gleichmäßiger, allein, wenn sie den Monatszyklus anschauen wollen. Ich habe früher immer gesagt, ich treffe jede Woche eine andere Entscheidung. Ich konnte damit umgehen, meine Umwelt gelegentlich nicht. Also ist ja wirklich so und wenn man das weiß, ist das ja schon mal gut und deswegen war das auch der Sinn des Buches, auch das Herz in den Fokus zu rücken. Wir wollen auch mit dem Buch einfach aufklären, dass es Unterschiede zwischen Männern und Frauen in dieser Hinsicht geben kann und dass sich natürlich manchmal auch Probleme entwickeln können bei der Schwangerschaft, durch Hormone. Hormone beeinflussen unser Leben ja maßgeblich und machen uns zu denen, die wir sind. Ja, das ist eine gute Sache. Wir könnten ja viele Dinge ohne die Hormone nicht machen.

Und auch im Herz-Kreislauf-Bereich schützen uns die weiblichen Hormone unfassbar gut. Und das führt zum Beispiel dazu, dass viele Frauen, wenn die Hormone zurückgehen, auch gerne Hormone einnehmen. Sie fühlen sich jünger, sie sind deutlich leistungsstärker, trotzdem ist es immer wichtig, die Balance der Hormone in der entsprechenden Lebensphase zu berücksichtigen.

[19:50] Manuela Kasper-Claridge: Das klingt ja jetzt so ein bisschen nach Klischee, auch was sie sagen, dass das weibliche Herz stärker reagiert, zum Beispiel auch auf Liebeskummer, dass das auch körperliche Auswirkungen haben kann, weil eben das weibliche Herz stärker reagiert und das würde ja unterstreichen, dass wir doch sehr stark sozusagen von körperlichen Dingen getrieben sind als Frau auch. Also was folgt daraus? Das ist ja eher die Frage jetzt.

[20:18] Sandra Eifert: Wir haben deshalb diesem Thema auch in dem Buch einen wirklich großen Raum gegeben. Der Stress zum Beispiel … ja, Frauen mit Doppelbelastung, Frauen in Führungspositionen, das weibliche oder die weiblichen Geschlechtshormone, die führen ja dazu, dass wir auch sehr sensibel sind, besonders gegenüber Stress. Männer haben in dieser Hinsicht einen wirklich klaren biologischen Vorteil. Das Testosteron macht sie dazu, dass die viel zielorientierter sind. Frauen wollen ja häufig, wenn sie in einem in einem Projekt zum Beispiel arbeiten, Sie wollen mit sympathischen Leuten zusammenarbeiten. Das ist Frauen wichtig. Da lachen die Männer häufig drüber, weil die sagen, es ist mir doch völlig egal, ich will das Ziel erreichen und dabei bleib ich. Die haben da einen wirklich klaren Vorteil. Und genauso ist das mit negativem Stress, welcher Art auch immer, Liebeskummer und so weiter, aber auch Mobbing am Arbeitsplatz. Das ist für uns Frauen ein viel viel größeres Problem und schädigt uns körperlich viel stärker als die Männer. Ist tatsächlich so.

[21:24] Manuela Kasper-Claridge: Sie haben eben auch auf mich gezeigt, ich bin eine Frau in einer Führungsposition mit vielen vielen Mitarbeitern und hoher Budget-Verantwortung in einem sehr stressvollen Job. Was würden Sie mir denn raten, wie ich damit umgehen soll, damit mit diesem Stress, damit mein Herz nicht zu stark belastet?

[21:44] Sandra Eifert: Also ich würde in erster Linie raten, dass sie viel Sport machen. Körperliche Aktivität, gegenüber allen Therapien bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen spezifisch einen wirklich großen Vorteil. Und wir sind natürlich alle in der Coronapandemie eher ein bisschen faul geworden.

Da beziehe ich mich selbst ein. Das ist das Allerwichtigste, körperliche Aktivität, welcher Art auch immer. Am Herzen geht es darum, dass man das natürlich anspannt, aber auch, dass man es entspannt. Die Entspannung ist für die Frauen generell ein sehr großes Thema, Man muss versuchen, und wir müssen als Frauen versuchen, uns irgendeinen kleinen Rückzugsraum zu schaffen, egal ob der innerlich oder äußerlich sichtbar ist, wo Sie vielleicht für sich ein Buch lesen oder irgendeine Tätigkeit machen, die Ihnen Freude bereitet und die Sie auch tatsächlich entspannt. Das kann natürlich Yoga sein, das kann eine Meditation sein, Ja, verbringen Sie Zeit mit den Freunden oder der Familie oder mit Menschen, die Ihnen Freude bereiten. Das ist ganz wichtig, aber es ist ja in bestimmten Lebensphasen viel einfacher gesagt als tatsächlich getan.

Man kommt ja häufig aus einer Lebensphase, in der man sich befindet oder auch aus einer schwierigen Situation auch nicht ohne Weiteres raus. Also das muss man ja auch sehen und das sehe ich vor allem immer im Gespräch mit den Patientinnen, die dann sagen, na ja ich kann das jetzt nicht ändern, mein Kind ist sehr krank. Ich muss jetzt hier meine Frau stehen.

[23:16] Manuela Kasper-Claridge: Es gibt ja auch das sogenannte broken Heart Syndrom. Von dem Frauen viel stärker betroffen als Männer. Was genau ist das für ein Syndrom und warum sind Frauen davon stärker betroffen?

[23:29] Sandra Eifert: Ganz geklärt ist die Ursache nicht, warum das Frauen viel stärker betrifft. Es ist so, es betrifft zu 95 Prozent Frauen. Davon sind 90 Prozent, älter als 50 Jahre. Also tendenziell in Richtung Menopause auch hormonell gesehen. Für die Mehrheit der Frauen zumindest. Es scheint einen hormonellen Zusammenhang zu geben. Es gibt auch gewisse Hinweise, dass schon bestimmte Schwangerschaftskomplikationen mal eine solche Ursache sein könnten dafür, und ein sogenanntes Syndrom des gebrochenen Herzens tritt auf, wenn eine starke Stresssituation ist. Also das Verlassenwerden ist immer so ein typisches Beispiel. Eine schwere Erkrankung in der Familie. Also stellen Sie sich nur mal vor, eins Ihrer Kinder hätte eine ernsthafte Erkrankung. Die meisten, die hier sitzen, würden wahrscheinlich ihr eigenes Leben eher geben, als dass sie dem Kind was zu Schaden kommen lassen würden. Und das betrifft uns im im tiefsten Inneren natürlich, am Herzen, Ja und das ist natürlich für uns einfach, ich denke aus der Evolutionsbiologie heraus. Wir sind ja in erster Linie dazu da Kinder zu zeugen, die gut zu erziehen und die zu anständigen Menschen zu machen. Das ist ja unsere Hauptaufgabe in der Gesellschaft, Und wenn da irgendein Bruch ist…

[24:58] Manuela Kasper-Claridge: Biologisch gesehen meinen Sie jetzt? Evolutionsbiologe.

[25:00] Sandra Eifert: Ja, was habe ich gesagt?

[25:02] Manuela Kasper-Claridge: Ne, ne, ich wollt’s nur noch mal klarstellen. Sorry.

[25:08] Sandra Eifert: Gut und auf jeden Fall betrifft uns das natürlich im tiefsten Inneren und trifft uns ganz ins Herz. Das kann man nicht anders sagen. Das liegt uns am Herzen. Da gibt’s ja viele Umschreibungen, die Sie alle kennen. Und es ist tatsächlich so, dass Männer das auch aufgrund des Testosterons viel besser ausblenden können, tatsächlich auch also tendenziell. Das trifft ja im Einzelfall vielleicht nicht zu. Für die Frauen bedeutet das aber, dass sich das Herz wie bei einem Herzinfarkt verhält. Also es finten fatale Schmerzen statt, dann wird eine Untersuchung gemacht, ein Herzkatheter und dann zeigen sich normale Kranzgefäße, aber die Beweglichkeit, besonders der linken Herzkammer, ist stark eingeschränkt und kann zu einer akuten Herzschwäche führen. Und diese Frauen sind in dem Moment wirklich sehr, sehr stark krank. Und ursächlich ist wahrscheinlich eine Übererregbarkeit von bestimmten Markern, die am Herzen liegen, die auch bei Stress reagieren.

[26:11] Manuela Kasper-Claridge: Sie sagen jetzt, Frauen sind stärker auch betroffen von sage ich mal emotionalen Schwankungen. Das nimmt sie stärker mit und das Herz kann dadurch geschwächt werden. Aber da hilft ja wahrscheinlich dann nicht nur Sport zu treiben, sondern welche Ausgleichsmittel gibt es? Wie können Frauen dem entgegenwirken, wenn sie wissen, das ist jetzt eine besonders herausfordernde Situation, warum auch immer, meinetwegen weil ich jetzt verlassen wurde. Wie gehe ich damit um, damit eben nicht genau das passiert, was Sie gerade beschrieben haben?

[26:44] Sandra Eifert: Ich möchte es noch mal mit Zahlen untermauern. Dauerstress bei Frauen bringt ein 60 Prozent erhöhtes Risiko für einen Herzinfarkt mit sich. Und Dauerstress in der Beziehung, man kann es kaum glauben, aber es gibt tatsächlich Studien, die das sagen eine Erhöhung des Risikos für einen Herzinfarkt um dreihundert Prozent. Das ist ja wirklich eine immens hohe Zahl. Aber es ist natürlich individuell auch unterschiedlich, wie man damit umgeht, aber zu Ihrer Frage. Also im Extremfall helfen Beruhigungstabletten, um diesen Stress zu reduzieren, beziehungsweise die Verarbeitung dieses Stresses. Wir nehmen den nicht nur anders wahr. Wir verarbeiten ihn auch anders als Männer und wir haben eine geringere Resilienz. Was können wir tun? Wir können uns gut entspannen. Wir können Entspannungstechniken selber erlernen oder uns dabei helfen lassen. Und im Einzelfall muss man vielleicht auch mal einen Psychologen zurate ziehen. Wir können das Herz mit Medikamenten sehr gut behandeln, sehr gut einstellen. Trotzdem bleibt ja möglicherweise der Stress bestehen. Und da kann eine Verhaltenstherapie oder eine Veränderung der Stressverarbeitung helfen, dass damit besser umzugehen.

[28:01] Manuela Kasper-Claridge: Reden denn Frauen anders über die Symptome auch als Männer? Also das ist ja auch interessant. Also wenn Sie mit Männern sprechen, die vielleicht Probleme mit ihrem Herzen haben, wird das anders auch kommuniziert als zum Beispiel bei Frauen?

[28:14] Sandra Eifert: Ich danke Ihnen sehr für diese Frage, weil es tatsächlich da einen ganz großen Unterschied gibt. Also Sie können ja selbst im Bekannten- oder Freundeskreis überlegen, wie kommunizieren Sie mit weiblichen und männlichen Bekannten. Da gibt’s einen großen Unterschied. Und auch im medizinischen Kontext ist es ja so, Männer zum Beispiel, wenn die gefragt werden, Mensch, seit wann haben Sie denn die und die Beschwerden? Dann sagen die, ja, das hat vor drei Wochen beim Radfahren angefangen. Seitdem habe ich das und vorher hatten Sie das nicht. Nein, vorher war das nicht der Fall. Wenn eine Frau kommt und Sie sagen, Mensch, seit wann geht denn das mit diesen Beschwerden, dann wird häufig das klingt auch etwas klischeehaft, ist aber in der Realität tatsächlich so, dann wird erstmal die soziale Situation beschrieben. Ich hatte großen Stress, da war der Geburtstag meines Mannes. Ich musste viel vorbereiten. Dann kommen sie schon fünf Sätze weiter, leider immer noch nicht dazu, was natürlich auf der Seite der Fragenden denn dazu führt, dass vielleicht die Frage irgendwie abgekürzt wird. Und dann ist es natürlich so, dass die Beschwerden sich unterscheiden können zwischen Männern und Frauen, und das führt auch dazu, dass manchmal dann die Frage nicht in Richtung Frau gestellt wird und dann sagt die Frau häufiger, ja der hat mich ja aber gar nicht danach gefragt. Und das passiert tatsächlich nicht selten.

[29:45] Manuela Kasper-Claridge: Heißt es so ein bisschen auch, dass man als Kardiologin auch Psychologin ist, um erstmal herauszufinden, was ist da eigentlich los?

[29:55] Sandra Eifert: Also ich hoffe, dass die meisten Ärzte auch Psychologen sind. Es ist ja wirklich auch so, dass hinter jedem Organ bestimmte Themen stehen können. Muss nicht im Einzelfall so sein, aber kann ja sein. Und wie gesagt, bei den Herzerkrankungen der Frauen stehen nicht selten Probleme mit oder bei den Kindern zur Diskussion.

[30:21] Manuela Kasper-Claridge: Sie haben ja selber auch Herzen entnommen, Spenderherzen von hirntoten Menschen. Was macht das mit Ihnen? Was ist das für ein Gefühl, ein Herz zu entnehmen und dann woanders möglicherweise auch zu transplantieren.

[30:40] Sandra Eifert: Also im europäischen Raum ist das ja so geregelt, Wer Organe, nicht nur das Herz entnimmt, der darf das nicht einbauen. Das ist gesetzlich verboten. Das macht natürlich was mit einem. Sie fragen sich ja immer gerade beim Herzen. Sie fragen sich, wer ist dieser Mensch? Wir wissen im Prinzip nur so grobe Fakten. Beim Herzen suchen Sie ein solches Organ für jemanden, der eine schwere Herzschwäche hat nach Blutgruppe, Größe und Gewicht aus. Diese drei Fakten müssen im Prinzip schon mal passen beim Erwachsenen und danach wird das ausgesucht. Aber sie machen sich natürlich Gedanken, manchmal kennen sie den Ursprung des Hirntods oder eigentlich kennen sie den immer, mehr oder weniger genau, Und da macht man sich ja so seine Gedanken und da gibt es nicht nur schöne … also der Gang, wie es dazu gekommen ist, ist häufig ja kein schöner Verlauf. Da macht man sich schon Gedanken, weil natürlich auch im Herzen Emotionen, Energien gespeichert sind, und die werden dann an eine andere Person weitergegeben. Das ist natürlich nicht evidenzbasiert und wir können natürlich auch nicht in Zeiten des Organmangels, wie wir den in Deutschland haben, ist das ein schwieriges Argument, ja?

[32:10] Manuela Kasper-Claridge: Ist es denn möglich, ohne Probleme Männerherzen zu Frauen zu transplantieren, also wenn eben Größe, Gewicht und so weiter und Blutgruppe stimmt, spielt das eine Rolle, ob es das Herz eines männlichen Spenders ist oder eines weiblichen Spenders?

[32:28] Sandra Eifert: Das ist auch eine wirklich spannende Frage. Das ist prinzipiell möglich, aber Sie können sich vorstellen, Frauen sind ja im Normalfall von ihrer Entstehung an im Mutterleib, gibt’s ja sowohl für Männer als auch für Frauen in der Mehrheit der Bevölkerung ja eine Festlegung für männlich oder weiblich. Für einen ganz kleinen Prozentsatz befindet sich’s vielleicht dazwischen. Und so werden wir ja mit allem ausgestattet, was unser Körper dann bringt: Hormone, die muskuläre Ausstattung und all diese Dinge. Das bedeutet also zum Beispiel, wenn Sie jetzt gleich große Männer und Frauen nehmen wollen, haben die Männer mehr Muskulatur. Das ist dann natürlich für ein Herzen zum Beispiel für eine kleinere Frau eine gute Sache. Am Herzen muss es ja so sein, wenn sie ein neues Organ für eine Person suchen, dass diese Anstrengung des Herz-Kreislaufsystems geschafft wird, dass dieses neue Herz auch wirklich ausreichend Blut und Sauerstoff in den Körper der betreffenden Person pumpt und auch diese Leistung schafft. Das ist das Entscheidende dabei und da geht es eben deswegen um die Größenverhältnisse. Es kann sein, dass ein Männerherz gut in einer Frau sein kann. Andersrum geht es aufgrund der Größenverhältnisse eher nicht ganz so gut.

[33:50] Manuela Kasper-Claridge: Ah okay, Ich habe jetzt noch eine ganz andere Frage, bevor Sie auch noch ein paar Fragen stellen können. Was werden Sie eigentlich geworden, wenn Sie nicht Herzchirurgin geworden wären?

[34:06] Sandra Eifert: Im Alter von vier Jahren hatte ich mich entschieden Pilzsammlerin zu werden. Weil zu dieser Jahreszeit kann man ja wunderbar Pilze sammeln und ich fand das immer ganz toll mit meiner Mutter da in die Pilze zu gehen. Mein Vater konnte das nicht so nachvollziehen, der blieb dann lieber zu Hause. Nein, aber Scherz beiseite. Ich wollte eigentlich mal Meeresbiologie studieren, habe aber mich dann doch wahrscheinlich aus vernünftigen Gründen entschieden, oder aus welchen auch immer, Medizin zu studieren, und das zu versuchen zumindest. Und das hat ja dann auch geklappt, weil ich dachte, da gibt’s auch mehr Spielraum, was man tatsächlich eigentlich überall auf der Welt machen kann. Also so, das war eine Idee.

[34:50] Manuela Kasper-Claridge: Okay, wenn man jetzt diesem Podcast zugehört hat, dann werden wahrscheinlich einige Zuhörerinnen gleich zu ihrem Arzt oder Ärztin laufen und sagen: Ah, das sind hier meine Symptome, muss ich irgendwas tun? Das ist ja immer, wenn man hört über Krankheiten und Therapien. Was würden Sie den Frauen sagen? Also dass Sie vorher genau überlegen, nehme ich an, was sie dem Arzt oder der Ärztin auch sagen?

[35:18] Sandra Eifert: Ich danke Ihnen sehr für die Frage, weil man ist ja in so einer Situation bei wirklich wichtigen Arztbesuchen immer sehr aufgeregt. Das geht mir ja selber nicht anders. Also was ich da ihnen wirklich empfehle, schreiben Sie sich die wichtigen Punkte auf, die Sie angesprochen haben möchten, weil man am Ende in der Situation vielleicht das eine oder andere vergisst oder wenn der Arzt die Ärzte nicht in die genaue Richtung fragt, dann denkt man vielleicht, ach, das traue ich mir jetzt nicht. Das finde ich jetzt irgendwie blöd, das zu sagen. Haben Sie da bitte keine Scheu. Es ist Ihre Gesundheit und bereiten Sie sich ruhig bei wichtigen Terminen kurz vor. Schreiben Sie sich sich’s einfach auf und legen Sie das hin und sagen, ich habe jetzt meine Fragen hier mitgebracht, Und ich möchte das und das von Ihnen wissen, ja? Da würden die Männer sich gar keinen Kopf machen.

[36:05] Manuela Kasper-Claridge: Danke noch mal für diese wichtige Einordnung, glaube ich.

Ja wir sind jetzt auch schon am Ende unseres Podcasts. Ich empfehle, wer nochmal nachlesen will das Buch Herzsprechstunde erschienen bei Bertelsmann. Da ist von Frau Professor Seifer mit einer Co-Autorin, also sehr spannend zu lesen. Mein Name ist Manuela Kasper-Claridge, ich bin die Chefredakteurin der Deutschen Welle und fand dieses Gespräch sehr interessant. Danke Ihnen, Frau Professor Eifert. Allen noch einen schönen Tag, gell?

[36:36] Sandra Eifert: Danke Ihnen auch.