„Zählt man Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten, dann hat die deutsche Wirtschaft trotz vieler Bemühungen auch im Jahr 2024 weiter Nachholbedarf.“ So beginnt die Studie „Eine Frage der Kultur: Mehr Frauen in Führung – ein Perspektivwechsel“ von FGS Global und Egon Zehnder, basierend auf Interviews mit 20 Vorständinnen und Aufsichtsratsmitgliedern.  Zu den Studienautor:innen zählen Eva Christiansen und Lena Kilee.

Das Fazit: „Es mangelt nicht an Erkenntnis, alle Empfehlungen liegen auf dem Tisch. Wenn wir wollen, dass Deutschlands oberste Führungsgremien weiblicher werden, müssen wir jetzt an unserer Einstellung arbeiten. Für nachhaltigen Wandel braucht es eine Veränderung der Kultur – und dabei kommt der Führungsspitze in Vorstand und Aufsichtsrat eine zentrale Rolle zu.“

„Der Grundfehler ist, dass wir alles an der Blaupause Mann messen. An einem männlichen CEO“, so eine der interviewten Managerinnen.

Der Frauenanteil in Führungsgremien:

  • Aufsichtsräte: gut 36 % Frauen

  • Vorstände: 17,4 % Frauen (Vorstände der Top-40-Unternehmen: 23,2 %)

  • Führungspositionen insgesamt: rund 29 % Frauen

Vorstandsetagen seien oft eine unwirtlich wirkende Umgebung, heißt es in der Studie. Frauen, die es bis dorthin geschafft haben, bleiben im Schnitt kaum halb so lange wie Männer. Sie haben es schwerer, weil sie oft von außerhalb des Unternehmens kommen, weil an sie höhere Erwartungen als an die Männer gestellt werden, weil ihnen in operativen Fragen keine Kompetenz zugetraut wird – um nur einige der Gründe anzureißen.

Langsam wendet sich das Blatt, indem der Frauenanteil wächst und mehr Frauen aus dem eigenen Unternehmen in den Vorstand befördert werden. Doch um nachhaltig gleiche Aufstiegschancen für alle zu schaffen, ist laut Studie eine echte Veränderung der Unternehmenskultur erforderlich. Diese werde „top-down“ geprägt: Ist die Führung homogen, setzt das den Standard, an dem jede:r im Unternehmen gemessen wird. Geschlechtsstereotype Vorurteile strahlen in die Organisation hinein und Frauen in Führungspositionen erscheinen wie Fremdkörper.

Die Teamdynamik verändere sich, wenn eine Frau (insbesondere als einzige) in den Vorstand einzieht. Die Veränderung liege bei allen Teammitgliedern, nicht allein bei der neuen Vorständin. Wichtig sei, sie als Fachfrau sichtbar zu machen – nicht als Pionierin weiblicher Führung.

Die Performance von Unternehmen mit diversen Vorständen ist nachweislich höher. Für Aufsichtsräte sei es deshalb Teil des Mandats, für eine diverse Besetzung des Vorstands zu sorgen. Auf dem Weg zu einer inklusiven Kultur könne eine Charta der Zusammenarbeit mit konkreten Verabredungen für das gemeinsame Arbeiten hilfreich sein.

Wenn dann doch einmal eine Vorständin geht, solle es künftig nicht mehr heißen: Die Frau ist gescheitert. Sondern: Das Unternehmen hat es nicht geschafft, eine Frau zu integrieren.

Die Autor:innen sind überzeugt: „Letztlich ist es das System, das sich ändern muss – nicht die Frauen.“

herVIEW - Natascha Hoffner

Ein Beitrag von Natascha Hoffner, Founder & CEO of herCAREER I WiWo-Kolumnistin I LinkedIn-TOP-Voice 2020 I W&V 2019 – 100 Köpfe
veröffentlicht bei LinkedIn 23.05.2024

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