Unternehmensberatung, damit assoziieren viele von uns die maximale Gewinnorientierung, reflexhaften Personalabbau zur Kostensenkung und dergleichen. Unsere heutige Speakerin sagt aber: das hat keine Zukunft! Und sie hat ein Buch geschrieben, in dem sie diesen alten Formen der Wertschöpfung eine Absage erteilt und stattdessen fragt: Wie können wir nachhaltig unsere Unternehmen führen? Wie gehen wir weg von im Kern ausbeuterischen Prinzipien unseres Marktes und erwirtschaften trotzdem Rendite in einer komplexen Realität?

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Thema

Gesellschaft | Wirtschaft, Arbeit & New Work

Angaben zur Referent:in

Ana-Cristina Grohnert ist als ehemalige Personalvorständin der Allianz Deutschland eine der wenigen deutschen Top-Managerinnen. Als Vorstandsvorsitzende der »Charta der Vielfalt« engagiert sie sich für Gleichberechtigung und ein neues Verständnis von wertschöpfendem und wertschätzendem Wirtschaften. Sie gibt in dieser Podcastfolge Impulse, wie wir von Monokulturen in Führungsetagen und anderen antiquierten Praxen in der Wirtschaft weg kommen. Und warum das wichtig für uns ist.

00:00:09-6 Moderation: Herzlich willkommen zum herCareer Voice Podcast. Sie sind hier richtig, wenn Sie diverse und vor allem weibliche Perspektiven auf arbeitsmarktpolitische, gesellschaftliche und wissenschaftliche Themen hören wollen. Lernen Sie dabei von Rolemodels, ExpertInnen und Insidern und nehmen Sie wertvolle Anregungen für Ihre eigene Karriereplanung mit. Mit herCareer Voice fangen wir vielfältige Sichtweisen ebenso wie ganz persönliche Einblicke und Erfahrungen spannender Frauen ein. Von der herCareer Expo live und aus der herCareer Community.

00:00:42-3 Moderation: Unternehmensberatung, damit assoziieren viele von uns die maximale Gewinnorientierung, reflexhaften Personalabbau zur Kostensenkung und dergleichen. Unsere heutige Speakerin sagt aber, das hat keine Zukunft und sie hat ein Buch geschrieben, in dem sie diesen alten Formen der Wertschöpfung eine Absage erteilt und stattdessen fragt, wie können wir nachhaltig unsere Unternehmen führen? Wie gehen wir weg von im Kern ausbeuterischen Prinzipien unseres Marktes und erwirtschaften trotzdem Rendite in einer komplexen Realität? Ana-Christina Grohnert ist als ehemalige Personalvorständin der Allianz Deutschland eine der wenigen deutschen Topmanagerinnen. Als Vorstandsvorsitzende der Carta der Vielfalt engagiert sie sich für Gleichberechtigung und ein neues Verständnis von wertschöpfendem und wertschätzendem Wirtschaften. Sie gibt in dieser Podcast-Folge Impulse, wie wir von Monokulturen in Führungsetagen und anderen antiquierten Praxen in der Wirtschaft wegkommen und warum das wichtig für uns ist.

00:01:51-7 Moderation: Das Buch habe ich deshalb wahnsinnig gerne gelesen, weil es so irre positiv ist. Also gleich auf Seite 11 gibt es so einen Satz und der macht klar, worum es im Rest des Buches gehen wird. Der Satz heißt „ein Unternehmen, eine Wirtschaft, die nicht dem Menschen dient, wird dauerhaft keine Daseinsberechtigung haben. Also eigentlich, würde ich schon sagen, ein ziemlicher Umbruch, den du da erwartest, den du vielleicht vorhersagst oder erhoffst. Hast du das Gefühl, wir sind schon da auf dem Weg oder ist es noch ein irre langer Weg, ist es eine Utopie oder ist es eigentlich eine Beschreibung eines Trends?

00:02:29-7 Ana-Christina Grohnert: Also ich glaube, es bleibt positiv, auch die Aussage dazu, dass wir auf dem Weg sind. Also ich glaube, wenn wir uns im Moment angucken, was in der Politik passiert, reden wir ja immer nur noch davon, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen in diesem Riesenwandel, in dem wir uns befinden und auf unseren Planeten aufzupassen. Das sind immer die zwei Elemente, die für uns alle in der Politik, in der Wirtschaft wichtig sein sollten, weil was sollten wir tun ohne Kunden und ohne Mitarbeiter und ohne den Planeten. Also es geht wirklich in allen Diskussionen immer darum, ein gesundes nachhaltiges Wachstum zu erwirtschaften. Und ich habe vor fast bestimmt 15 Jahren, als ich bei /unverständlich/ in die Geschäftsführung gekommen bin, da habe ich auch gesagt, die Wirtschaft ist eigentlich nur ein Abbild der Gesellschaft. Und das sind so ein bisschen die Beobachtungen, dass wir aber dann im Faktischen doch Kulturen schaffen in der Wirtschaft und in Unternehmen, die uns behindern, dieses große Ganze und die Komplexität zu begreifen, in der wir uns bewegen. Und das ist so diese Herausforderung, die ich beschreibe, aber eben auch sage, wir haben die Möglichkeit, wenn wir das einfach in den Kopf implementieren, dass wir füreinander alle da sind, statt für uns selber in einer kurzfristigen Gewinnmaximierung, dann können wir so viel mehr schaffen. Und insofern ist das, glaube ich, kein einzelner Gedanke oder kein neuer Gedanke nur von mir, sondern man sieht ihn überall in der Wirtschaft, in der Politik, also das ist eine große Strömung zum inclusive capitalism aus Amerika, also ich bringe ja auch viele Faktoren mit ein in dem Buch, aber an der Umsetzung hapert es halt. Und das ist manchmal nicht ganz so positiv im Buch, wenn ich sage, wo sind die Widerstände, wer versteht es nicht, wer möchte die Komplexität nicht sehen, sondern bleibt so ein bisschen mit Scheuklappen in der Eindimensionalität, wo sind die Widerstände und wie kommen wir dazu, dass wir dann trotzdem noch Krisen erleben, wenn wir es doch eigentlich alle wissen. Also wie kommen wir vom Wissen ins Handeln?

00:04:25-0 Moderation: Du nennst es ja im Prinzip und beschreibst es auch in dem Buch dann sehr genau, und das Buch heißt ja auch so „das verborgene Kapital“, also das ist so dieser Begriff, den du dafür wählst. Eben wie du sagst, diese Scheuklappen hindern viele Menschen noch davor, das zu sehen, deswegen verborgen. Magst du noch ein bisschen mehr darüber erzählen, was dieses verborgene Kapital ist, was da übersehen wird?

00:04:48-2 Ana-Christina Grohnert: Naja, es ist halt der Grundgedanke, wenn wir mehr aufeinander hören als nur auf uns selber als Individuum, also uns selbstbestimmt sind und genau wissen auch, wo unsere Stärken liegen und wo unser Reaktionsmuster ist, das einfach durch unsere persönliche Geschichte auch programmiert wird. Also ich weiß, woher ich komme, das ist meine Herkunft, das ist das, was ich gelernt habe. Also wenn wir das öffnen können und sagen, ich weiß genau um mich selber, sind wir auch in der Lage, anderen zuzuhören, darum geht es eigentlich. Und dann öffnen wir auch ein ganz anderes Potenzial des Miteinanders. Also es geht immer darum, sich nicht abzugrenzen und zu sagen, ich weiß es und ich kann auch nicht zugeben, wenn ich was nicht weiß, dann tue ich einfach so als ob ich es weiß, sondern sozusagen ein Selbstverständnis des Miteinanders mehr zu erreichen. Und das ist dieses Potenzial, was ich auch als Kapital beschriebe. Also ich bin ja Finanz- und Risikomanagerin von Natur aus und erst später in die Transformation, in die Businesstransformation im Personalbereich gewechselt und mache das auch handfest, dass ich sage, wir verlieren einfach so viel in den Unternehmen, wenn wir den Menschen nicht zuhören, sie nicht teilhaben lassen, sie nicht mitnehmen auf die Reise, was neues entstehen zu lassen, wenn wir Systeme in den Unternehmen schaffen durch Performance Management oder die Art wie wir lernen, wo wir einfach die Möglichkeit, gemeinsam was größeres und kreativeres zu schaffen, begrenzen. Und das tun wir einfach. Und wenn wir da mal genau hingucken wissen wir, dass wir individuell für uns selber auf unserer Lebensreise unser Potenzial heben können, wenn wir uns selber zuhören und voneinander lernen, auch von anderen Menschen lernen. Und das tun wir auch in der Gruppe. Also man kann das im System einer Familie sehen, aber hier ist es eben bezogen auf Wirtschaftsunternehmen, wenn wir das System schaffen, dass es offen bleibt und wir wissen, es ist hierarchiefrei denken, dass wir mit Menschen zusammenarbeiten, wo es nicht darum geht, der weiß mehr, weil er länger dabei ist oder der ist eine größere Führungskraft, weil er mehr Menschen führt, sondern es geht darum, wo kann man gemeinsam die Ziele erreichen, die man sich steckt? Und dann dieses System zu öffnen und das Ganze überträgt sich natürlich dann auch auf die Gesellschaft. Also Ausgrenzung, Konflikte, die wir sehen, zerstören, wenn wir wollen, Kapital. Also sie zerstören einfach auch den Planeten und sie zerstören Menschen und so weite rund so fort, aber sie zerstören natürlich auch viel Kapital, weil wir kurzfristig Dinge vernichten, die wir langfristig aufgebaut haben. Und wenn wir uns zuhören würden und sagen würden, also wir gehen aus dem Konflikt in die Kooperation, dann können wir das heben, es ist da. Und es geht nicht darum, Gewinnmaximierung kurzfristig zu treiben, sondern es geht darum, gemeinsames zu schaffen und damit zu wachsen.

00:07:38-0 Ana-Christina Grohnert: Das ist so ein Ansatz, der irre wertschätzend jedem einzelnen Individuum gegenüber ist. Also so was du beschreibst eben, man sieht den Menschen als ganzen Menschen und nicht nur als diese Person in der Position XY im großen Getriebe Unternehmen oder sogar noch größerem Getriebe Wirtschaft oder Gesellschaft. Trotzdem kennen wir wahrscheinlich alle oder wir haben alle die Erfahrung gemacht, dass man in gerade größeren Unternehmen schnell untergeht mit seiner Individualität oder gerade wenn man zum Beispiel andere Erfahrungen gemacht hat. Sei es jetzt als Frau im Vorstand. Da sind die Erfahrungen der Männer vielleicht ähnlich und man hat ganz andere Erfahrungen gemacht, soll sich aber eher anpassen oder auch Menschen mit Migrationsgeschichte, dass das eigentlich ein bisschen beiseite geschoben werden sollte und man sich lieber anpasst und so. Diese Mechanismen, wo siehst du da so die größten noch so Widerstände? Also dass dieses System sehr gleichmacherisch ist, wir aber eigentlich ja da hinkommen wollen, dass es diverser, wertschätzender und so ist. Also wo kann man bei Unternehmensstrukturen tatsächlich ansetzen, dass da was aufbricht?

00:08:50-6 Anna Christina Grohnert: Es ist natürlich auch eine sehr persönliche Erfahrung, also ich habe ja mehrere Unternehmenskulturen erlebt. Und immer, wenn man reinkommt, merkt man so besonders, was ist hier richtig, was ist falsch. Also wie verhält man sich? Und wer sind die erfolgreichen Menschen und wie sind die sozialisiert und woher kommen die? Und wenn man sich das genau anguckt, passiert das in natürlich so was wie in Professional Services Firmen, wo viele Menschen anfangen, durch eine Karriere durchgehen, viele auch wieder das Unternehmen verlassen, bleibt auch ein Typus Mensch in der Leitung übrig. Das kann man ganz klar beobachten. Das heißt also, die Unternehmenskultur wird erst bereichert, indem viele reinkommen, aber dann gibt es irgendwie so eine Standardisierung, das ist das richtige Karriererezept. Und das richtet sich natürlich immer nach den Vorbildern. Und die Vorbilder sind die, das ist meine Führungskraft, die war damit erfolgreich, na dann ahme ich das nach. Das ist ja von der Hirnforschung her ganz klar, wenn ich geboren werde, habe ich meine Spiegelneuronen und sage, wenn mein Papi so durch die Gegend läuft, dann laufe ich auch erst mal so durch die Gegend und das setzt sich im Unternehmen fort. Und deshalb bin ich absolut der größte Verfechter von Vielfalt und Aufbrechen und Disruption, weil ja erst was neues entsteht, wenn unterschiedlich Perspektiven an den Tisch kommen. Und die miteinander streiten und was neues zusammen entwickeln. Und das ist für mich der unterliegende Erfolgsfaktor, also Vielfalt zuzulassen und in eine Moderation zu gehen als Führung für jeden wirtschaftlichen Erfolg. Als Unternehmen aber auch als Gesellschaft. Ich sage mal, Vielfalt ist auch unser Standortfaktor, ja. Je mehr wir versuchen gleich zu machen, desto schlechter werden wir, desto weniger innovativ sind wir, gerade in einer Herausforderung, wie wir jetzt haben, sozusagen Green Technology zu entwickeln, da brauchen wir alle Kräfte und alle Gedankenwelten. Und je mehr wir beschränken, weil wir sagen, das ist das Erfolgsrezept, so muss ich aussehen, wenn ich da oben bin und so muss ich mich auch verhalten, desto mehr verlieren wir Kreativität und Innovationskraft. Und das ist einfach Kapital. Also wer keine neuen Produkte entwickelt, wird nachhaltig nicht erfolgreich sein.

00:11:07-1 Moderation: Das heißt, wir müssen ganz oben ansetzen, dort einen Wandel und dann muss wirklich von oben, also anstatt eben dieser Blick von unten nach oben, wer sind die Vorbilder, muss man von oben sagen, wir ändern das jetzt und setzen eben die entsprechenden Vorbilder ein oder fördern entsprechend diverse Leute?

00:11:24-3 Ana-Christina Grohnert: Ja, es muss ein Selbstverständnis dafür geben, dass Vielfalt allein nicht ausreicht, sondern diese integrative Führungskraft, die Moderation von Prozessen, die Offenheit, auch was entgegenzunehmen als Idee, was im ersten Moment total komisch erscheint. Also ich muss Führungskräfte haben im Topmanagement, die neugierig sind auf Menschen, auf Andersartigkeit, die sagen so nach dem Motto, wenn wir uns die Automobilbranche angucken, dann denken wir immer noch, VW, BMW, Daimler oder Mercedes sind irgendwie Konkurrenten. Jetzt haben wir die große Herausforderung zur Immobilität, das heißt, die können das nur gemeinsam lösen mit vielen anderen Unternehmen, mit der Politik und vielen anderen Kräften. Aber im Kopf haben wir gelernt, wer verkauft am meisten Autos, der ist der erfolgreichste. Und jetzt müssen wir umstellen und sagen, wir gemeinsam sind erfolgreich, Immobilität zu kreieren und zu schaffen für Deutschland, Europa, den Planeten, wenn wir kooperativ zusammenarbeiten und aus den Köpfen rauskriegen, ich kann das besser, weil ich mehr Autos verkaufe als der andere. Das ist jetzt nur ein Beispiel, es ist überall, ob es in der Energiewirtschaft ist, es ist überall das gleiche, es geht nur über Kooperation. Und das funktioniert nicht, solange ich nicht aus meinen eigenen Stereotypen und Vorurteilen rauskomme und dieses, der eine recht und der andere hat schuld und so weiter und so fort, sondern dass man sagt, was wollen wir lösen, wen haben wir, welche Intelligenz haben wir am Tisch? Und dann streiten für eine neue Lösung.

00:12:56-1 Moderation: Die Schwierigkeit oder der entscheidende Faktor ist wahrscheinlich Vertrauen. Also das beschreibst du auch in deinem Buch, das ist auch wieder dann Hirnforschung, man vertraut am ehesten den Leuten am meisten, die so ähnlich sind wie man selber. Solange da halt weiße, alte, hetero cis-Männer sind, dann fördern die natürlich diesen gleichen Typus, weil sie erst mal eben dieses positive Vorurteil haben, du wirst schon so wie ich entscheiden, ich vertraue dir da. Wie kommen wir dahin vom Misstrauen, was jetzt schon sehr viele Unternehmensentscheidungen beeinflusst, hin zu diesem Vertrauen zu kommen.

00:13:36-5 Ana-Christina Grohnert: Ja, also ich habe dem ganzen ein ganzes Kapitel gewidmet, weil es ziemlich komplex und schwierig ist, weil wenn wir von Vertrauen reden, ist es eben tatsächlich dieses Bild des Rudels, der Familie, des ich komme aus dem gleichen Dorf. Also das ist so dieses Grundvertrauen von, der sieht so aus wie ich oder die kleiden sich alle ähnlich und so, dass man erst mal ein Zughörigkeitselement der Äußerlichkeit hat. Und so wachsen wir auf und so wird es uns immer erzählt. Aber letztendlich bringt uns das ja nicht weiter, also auch persönlich nicht weiter. Also insofern bringt es uns erst weiter, ich nenne es dann tiefes Vertrauen, wenn wir in der Lage sind, uns selber so viele Vertrauen zu schenken, dass wir nicht Angst vor Andersartigkeit in einem anderen haben, sondern Neugierde. Und das ist ein Grundvertrauen, dem ich dann auch dem anderen gegenüber ausdrücke. Das heißt also, ich liebe Menschen und ich bin Menschen zugewandt, egal woher sie kommen und egal wieviel Angst sie mir machen und das kann auch sein, dass sie mir Angst machen, weil ich eine persönliche Erfahrung gemacht habe mit Typen, die mir in der gleichen Art schon mal begegnet sind, aber ich will das überkommen. Das heißt also, wenn wir in Systemen und Unternehmen denken, öffnet das die ganze Welt des Lernens. Also viel über mich selber zu lernen, mich dann immer wieder aus der Komfortzone rauszubewegen und zu sagen, Mensch, also auf den ersten Blick mag ich den nicht, aber warte mal, das ist der Trigger, der in meinem Kopf ist, ich vertraue mir selber, dass ich dem anderen Vertrauen schenken kann und dass ich davon wieder was mitnehme und lerne. Weil jede Begegnung macht uns stärker und schlauer und das ist das lebenslange Lernen, sagen wir ja. Das klingt für alle so ein bisschen, oh Gott, wenn ich an die Schule denke, ich bin froh, dass ich da raus bin oder aus der Uni. Aber das ist es ja nicht. Die Reise des Lebens ist eine Lernreise für einen selber. Und daraus die Freude zu entwickeln. Und das funktioniert nur, wenn ich mir selber vertraue, meine eigene Reise gefunden habe und jedem anderen, dem ich begegne, auch vertraue. Und das nenne ich dann dieses tiefe Vertrauen. Und das andere ist eigentlich, wenn wir so über Vertrauenskultur sprechen, ist es dann nur meine Buddy-Gruppe oder so, nein da ist viel mehr, was dazugehört. Und da müssen wir auch das System des Lernens komplett umstellen.

00:15:52-8 Moderation: Wie ist es bei dir persönlich? Also was du so beschreibst klingt so, als ob du das ganz tief in dir drin hast. Bist du so geboren, warst du schon immer so, dass du neugierig auch auf fremdes, auf neues, auf vielleicht verunsicherndes bist oder hast du das auch lernen müssen, war das bei dir auch eher ein Weg?

00:16:10-8 Ana-Christina Grohnert: Also auch meine Reise ist eine Reise des Lernens. Und da sind auch Elemente dabei, wo ich selber gemerkt habe, ich war gar nicht in der Lage zu lernen, ich habe mich verschlossen aus Angst oder einfach auch aus Energieverlust, also dass ich in einer Situation war, wo ich so viel Energie verloren hatte, dass ich erst mal wieder rausfinden musste, was gibt mir positive Energie, um in dieses Selbstvertrauen zu kommen. Das ist mir immer mal wieder passiert persönlich und auch in der beruflichen Karriere. Aber letztendlich glaube ich schon, dass ich einfach ein furchtbar neugieriger und ein menschenzugewandter Mensch bin, weil ich auch diese Wechsel auch von Unternehmen gesucht habe. Also ganz bewusst, so wo andere… ich komme ja aus so einem Zeitalter, schon alt, 30 Jahre Karriere sozusagen gemacht und man sagt, das war das Klassische, um im Vorstand zu sein, ist eine Kaminkarriere. Und ich habe ja auch bei der Deutschland AG angefangen, bei der /unverständlich „Preusak“??/ oder ABB, da war es einfach normal, dass man da anfängt und sich hocharbeitet und schneller arbeitet als alle anderen und sich besser positioniert und so und dann kommt man da schon an. Und ich habe immer gesagt, ich möchte gerne meine Reise des Lernens, ich war ja Risikomanagerin, vom Verbuddeln des Risiko, über Finanzieren, über internationale Verflechtungen und dann wieder im Restrukturieren suchen. Also ich habe immer wieder das gesucht und gleichzeitig immer wieder neue Unternehmenskulturen und Aufgaben. Also ich wollte immer irgendwie, wenn ich was mache, wollte ich auch einen Impact haben. Also sozusagen nach dem Motto, ich komme mit meinem Wissen und kann das einbringen und dann passiert auch was positives im System. Also nicht für mich unbedingt, sondern im System, es verändert sich was. Und wenn ich das Gefühl hatte, ich bin an Grenzen gestoßen, dann habe ich auch wieder gewechselt. Also insofern ist das schon eine Lernreise, aber ich darf ruhig zugeben, dass es mir manchmal auch extrem schwergefallen ist, meine Komfortzone zu verlassen. Also manchmal ist es da auch ganz gemütlich drin, das wissen wir ja auch. Da habe ich dann meine Inseln, wo ich mich da reinbegebe und sage, nein, jetzt mal ein paar Wochen eigentlich nur Sonne, Rotwein und Schwimmen oder so. Aber das ist dann auch wieder Energie auftanken.

00:18:32-2 Moderation: Und gab es dann aber auch so Begegnungen in deinem Berufsleben, vielleicht so bestimmte Menschen oder auch bestimmte Ereignisse, die dann ganz viel in dir verändert haben? Also wo du gesehen hast, das funktioniert auch ganz anders? Also wo du auf diese Reise gegangen bist, hin zu diesem Konzept, was du quasi auch in dem Buch so festhältst?

00:18:53-2 Ana-Christina Grohnert: Ja. Also viele, viele Begegnungen, eigentlich jede Begegnung. Aber letztendlich disruptive Begegnungen haben eigentlich meistens dazu geführt, dass ich einen Schritt zurückgegangen bin und habe gesagt, ich muss noch mal nachdenken.

00:19:06-5 Moderation: Was heißt disruptive Begegnung, dass es Konflikte gab dann?

00:19:09-9 Ana-Christina Grohnert: Ja, Konflikte eigentlich. Eigentlich eher Menschen, wo ich mich immer gewundert habe. Also ich meine, die Komplexität dieser Welt ist eine Herausforderung für jeden einzelnen und viele sind gerne dabei, Komplexität zu reduzieren, indem sie das Erfahrene und das Gelernte einfach nach vorne hin projizieren und wieder machen und machen. Und dann sitzt man da so und sagt, nein aber das funktioniert doch nicht mehr, weil die Welt ändert sich. Und der andere so, nein, also das machen wir jetzt, jetzt machen wir noch mal eine Prozessoptimierung und dann klappt das schon. Und das sind immer so Momente, wo ich sage, mich so schüttle, und je mehr ich in meiner Energie bin, desto mehr verstehe ich auch den Widerstand des anderen, aber je weniger ich in meiner Energie bin, muss ich dann auch ein Stück rausgehen und dann sagen, wie gehe ich damit um? Und das ist natürlich insbesondere, wenn man Verantwortung für viele Menschen hat, muss man halt genau da auch hingucken, weil man muss ja auch jeden Widerstand ernst nehmen und jeden Konflikt sozusagen ernst nehmen, weil er aus der anderen Perspektive gedacht gar kein Konflikt ist oder eine natürliche Reaktion ist. Und das ist, glaube ich, das, was ich einfach erwarte von Führungskräften und Verantwortlichen in Funktionen, dass sie das können, um dann eben auch zu sehen, wie sie die Menschen mitnehmen können auf die Reise, statt irgendwie die Hälfte der Organisation da sitzen zu lassen und zu sagen, hier ein bisschen mehr Geld und seid ruhig oder so. Weil das ja auch kein erfülltes Arbeitsleben ist.

00:20:32-1 Moderation: Ja total. Und du hast ja viele Einblicke in verschiedene Unternehmen gehabt, siehst du schon so, also hast du konkret vielleicht auch ein paar Beispiele, wo du siehst in den Unternehmen, da passieren große Schritte und das kann auch eine Vorbildfunktion für andere Organisationen, Unternehmen haben? Ich habe immer diesen Wandel….

00:20:53-5 Ana-Christina Grohnert: Ich habe in dem Buch ein paar Beispiele genannt, wo ich gesehen habe, dass Verantwortliche Verantwortung übernommen haben, jetzt auch gerade in der Pandemie, was also wirklich schöne Beispiele sind und tolle. Ich habe ganz viele tolle Teams kennengelernt, die das für sich verinnerlicht haben und ganz viele tolle Menschen, die auch diese Reise mitgehen. Ich würde sagen, systemisch implementiert habe ich noch kein Unternehmen gesehen, wo ich reinkomme und ich spüre diese Energie dieses komplett auf dieser Reise befindlichen. Also so ein Flickenteppich und so ein Mosaik. Das ist auch, wenn wir über Vielfalt oder Anerkennung von einfach Unterschiedlichkeit sprechen, da haben wir von Political Correctness bis zu ich lebe es, ich bin es, alles innerhalb eines Unternehmens, innerhalb eines Teams und das macht ja die Herausforderung ja so groß, weil jeder sich auf dieser Reise auch woanders befindet. Und unsere Verantwortung ist also sozusagen, jedem klar zu machen, es ist okay, es ist okay. Also du brauchst noch den Schritt, um das zu erkennen. Für viele ist Vielfalt immer noch Frauen in Führungspositionen und das ist es halt nicht. Das ist halt nur ein ganz minikleiner Schritt, obwohl es 50 Prozent der Gesellschaft sind, aber das macht ja nichts aus. Wir haben ja auch alle persönlich mehrere Dimensionen in uns.

00:22:17-1 Moderation: Und ist das auch was, wo du das schon siehst oder die Hoffnung hast, dass es auch da so einen Generationenwandel geben wird? Weil tatsächlich gibt es ja Befragungen, Untersuchungen, dass jüngere Generationen mehr so auf dieses Thema Sinn, Purpose, also sie wollen den Beruf machen, wo sie den Sinn darin erkennen und es ist natürlich widersprüchlich zu so einer alten Art des Arbeitens, wo man einfach nur dieses Rädchen im Getriebe ist und man soll machen, was einem gesagt wird, wo es tatsächlich mehr darum geht, mich ganz als Persönlichkeit in dieses Unternehmen mit reinzubringen. Hast du die Hoffnung, dass das einfach mit den Generationenwechseln, müssen wahrscheinlich mehrere Generationen wahrscheinlich, dass das passieren wird?

00:22:57-1 Ana-Christina Grohnert: Also ich warte schon seit 30 Jahren auf Generationswechsel.

00:23:02-6 Moderation: Okay.

00:23:03-8 Ana-Christina Grohnert: Also auch in verantwortlichen Positionen sitzen immer noch Menschen, die das einfach nicht sehen, dass die Welt sich um sie herum gedreht hat und dass ihr Erfolgsrezept tatsächlich nicht mehr das ist, was in der Zukunft erfolgreich sein wird. Also ich bin auch schon selber eine Generation von Menschen, die das auch schon immer anders wollten, aber nicht die Stimme oder die Sichtbarkeit hatten, in der großen Gesamtheit, also wie wir ja sehen in den Vorständen, wie sie verteilt sind und ich habe auch immer die neue Generation sozusagen genutzt, um zu sagen, hey pusht, das will keiner mehr, wir wollen eine sinnstiftende Arbeit, wir wollen Führungskräfte, die mit uns reden und nicht über uns und uns dann irgendwie nicht wahrnehmen. Ich glaube, die Zeit ist einfach das Element, was es verändern wird. Also wir leben in einer vernetzten Zeit. Wir leben nicht mehr in der Eindimensionalität. Wir leben nicht mehr in der Prozessoptimierung. Wir leben nicht mehr im Shareholder-Value-Ansatz. Seit den 80er Jahren machen wir den Aktienwert als Basis für die Bonuszahlungen der Vorstände als Grundlage. Das wird vorbei sein. Also die Ziele der Zukunft sind einfach andere. Und die haben sich auch schon verändert. Wir reden über Mitarbeiterzufriedenheit, wir reden über Kundenzufriedenheit, wir werden viel mehr über Green Technology, CO2-Neutralität reden. Das haben wir früher immer abgetan als qualitative Merkmale. Also ich sage, es sind qualitative Merkmale, die aber auch quantifizierbar sind. Jetzt noch ein ganzes Kapitel im Buch, wo wir reporten werden. Und die werden immer stärker zunehmen, weil erfolgreich sind wir nur, wenn wir in dieser Vernetzung denken. Und insofern wird die Welt die Struktur aufbrechen. Ich bin nur ein bisschen ungeduldig und deshalb habe ich das geschrieben, weil ich gesagt habe, es liegt auf der Hand, ja, also wenn wir unsere Systeme verändern, wie wir lernen, wie wir Performance, wie wir Leistung messen, dann müssen wir nur ein bisschen adaptieren. Also es ist gar nicht, es ist jetzt nicht so, dass wir jetzt alles abschaffen müssen und dann stehen wir ohne was da und das sind ja die Ängste, sondern wir müssen adaptieren an die Welt, die sich so und so verändert hat. Und was wir auch wirklich alle wissen. Und ein weiter so funktioniert halt einfach nicht. Sieht man ja auch in der Politik.

00:25:34-9 Moderation: Wenn Sie jetzt Lust haben, in die Unterhaltung einzusteigen, dann besuchen Sie uns auf der nächsten herCareer Expo in München und netzwerken Sie zusammen mit tausenden ExpertInnen aus den verschiedensten Branchen und Fachbereichen. Oder fangen Sie gleich von zu Hause aus an, zum Beispiel über www.hercareer-lunchdates.com. Ob virtuell oder im Reallife, wir vernetzen Sie gern. Wenn Sie gerade eine neue Herausforderung suchen, dann probieren Sie unbedingt www.hercareer-jobmatch.com aus. Bei Fragen zum Podcast schreiben Sie uns einfach eine Mail an podcast@her-career.com . Abonnieren Sie den herCareer Voice Podcast auf iTunes, Spotify oder wo immer Sie Ihre Podcasts hören und empfehlen Sie uns gern an Ihre liebsten KollegInnen. Alle Episoden gebündelt finden Sie zum Beispiel unter www.her-career.com/podcast . Wir sind glücklich und stolz, dass Sie ein Teil der herCareer Community sind. Danke, dass Sie anderen zuhören, um uns alle weiter zu bringen. So klingt female Empowerment.