Warum braucht die Künstliche Intelligenz (KI) Frauen, die sich einbringen? Unter anderem, weil unbewusste Denkmuster bei jedem von uns wirken und heterogene Teams dafür sorgen können, dass die KI verschiedene Perspektiven berücksichtigt. Außerdem möchte sie als Chief Digital Officer vor allem bei Frauen das Interesse für KI wecken und sie dazu motivieren eine Karriere in einem technischen Beruf zu verfolgen. Die Karrierechancen sind vielfältig und spannend.

„Wir leben momentan in einer spannenden Zeit“

herCAREER: Was wäre Ihr Aufruf an Frauen, warum sie sich mehr für Künstliche Intelligenz interessieren sollten?

Schneevoigt: Wir leben momentan in einer spannenden Zeit, in der gesellschaftlich und wirtschaftlich einer der wichtigsten Umbrüche stattfindet – und zwar durch die Digitalisierung. Sie wird uns viele Möglichkeiten eröffnen, die wir uns vielleicht bislang noch gar nicht vorstellen können. Aber ich bin überzeugt, dass nur künstliche und menschlich-emotionale Intelligenz im Zusammenspiel unser Leben sinnvoll und nachhaltig in verschiedenen Bereichen verändern und leichter machen können. Damit künstliche Intelligenz dem Menschen nützlich sein kann, muss sie für und von Menschen konzipiert und entwickelt sein. Und das geht nur, wenn man von Anfang an unterschiedlichste Perspektiven mit einfließen lässt. Hier müssen die Bedarfe von Menschen – egal welchen Geschlechts, Alters oder Herkunft – mit einbezogen werden, damit langfristig alle Teile der Gesellschaft von KI-Lösungen profitieren können. Ich denke, Frauen haben viele Ideen und Potential um KI-Lösungen aktiv mitzugestalten. Umgekehrt würden Unternehmen auch Potential und Innovationskraft verschenken, wenn sie nicht gezielt bei ihren Digitalisierungsaufgaben auf Diversity, was mehr umfasst als nur geschlechterspezifisches, setzten, denn verschiedene Sichtweisen liefern neue Impulse und sorgen für mehr Innovationskraft. So ist das Thema Diversity in seinen verschiedenen Dimensionen bei meinem Arbeitgeber Bosch längst ein fester Bestandteil der Unternehmensstrategie, wobei hier weit mehr darunter verstanden wird als nur der Fokus auf Genderthemen.

herCAREER: Welche Kompetenzen werden im KI-Umfeld zukünftig besonders gefragt sein?

Schneevoigt: Es sind sicher oft die klassischen MINT-Berufe, die eine gute Grundlage bilden für einen Einstieg in dieses spannende Umfeld. Aber gerade auch Quereinsteiger sind bei mir im Fachbereich willkommen. Ich selbst bin ein gutes Beispiel dafür, dass man mit einer kaufmännisch orientierten Ausbildung und technischem Grundverständnis im Bereich Digitalisierung Expertise aufbauen kann und dieses Know–how auch auf andere Branchen übertragen kann. Denn digitale Lösungen umfassen Hardware und vor allem die Softwareentwicklung und ganzheitliche Lösungen im Servicebereich. Hier entstehen gerade auch viele neue Geschäftsmodelle, die durch die Zusammenarbeit von Experten unterschiedlicher Fachdisziplinen erarbeitet werden. Wir setzen hier als Unternehmen auf Networking und Agilität und somit auch besonders im Fachbereich Digitalisierung auf eine Vielfalt in der beruflichen Expertise. Entsprechende Soft skills wie Teamfähigkeit, analytisches und ganzheitlich orientiertes Denken sowie Kommunikationskompetenz und Freude am Netzwerken in allen Bereichen, sehe ich ebenso als Erfolgsfaktoren für die Berufswelt im digitalen Umfeld.

herCAREER: Was müssen Unternehmen Ihrer Meinung nach tun, um mehr Frauen für Tech zu begeistern und für sich zu gewinnen?

Schneevoigt: Meiner Meinung nach liegt noch Potenzial darin, dass sich berufstätige Frauen im Technikumfeld stärker vernetzen, auch über Unternehmensgrenzen hinaus. Zudem sind Vorbilder für mich ein entscheidender Faktor. Wenn Frauen in Führungspositionen in einem Unternehmen gelebte Praxis sind – wie in meinem Bereich Bosch Building Technologies etwa Dr. Tanja Rückert, unsere Vorsitzende des Bereichsvorstands, oder ich selbst als CDO – kann das natürlich ebenfalls ermutigen. Aus diesem Grund stehe ich gerne auch persönlich bei externen Plattformen wie der herCAREER als Ansprechpartnerin zur Verfügung. Entsprechende Rahmenbedingungen wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gehören ebenfalls mit dazu, dass sich Menschen in der Familienphase – und zwar geschlechtsunabhängig – wohlfühlen in einem Unternehmen. Bosch legt hier sehr viel Wert darauf Modelle für Männer und Frauen anzubieten, die Beruf und Familie vereinbaren lassen, z.B. flexible Arbeitszeiten, Home-Office, virtuelle Meetings über Skype etc. Dafür wurde das Unternehmen bereits mehrfach ausgezeichnet.

herCAREER: Wie können oder möchten Sie kontaktiert werden?

Über die Person

Vera Schneevoigt (53), ist seit dem 1. April 2019 Chief Digital Officer sowie Entwicklungsleiterin des Bosch-Geschäftsbereichs Building Technologies. Bosch Building Technologies ist ein international führender Anbieter von Produkten und Systemen für Sicherheit und Kommunikation. Vor ihrem Wechsel in die Bosch-Gruppe verantwortete Schneevoigt bei der Fujitsu Technology Solutions GmbH als Geschäftsführerin die Entwicklung, Produktion, Logistik und den Einkauf für das Produktgeschäft außerhalb Japans. In dieser Position lag ihr Schwerpunkt unter anderem auf der Entwicklung und Einführung neuer Technologien vor dem Hintergrund der fortschreitenden Digitalisierung. Sie leitete zudem den Entwicklungs- und Produktionsstandort des Konzerns in Augsburg. Zuvor war sie als Geschäftsführerin bei Siemens Enterprise Communications, heute Unify, zuständig für Werke und Logistik. Vera Schneevoigt berät Vertreter der Bundes- und Landespolitik zu Fragen des Einflusses der Digitalisierung auf die Arbeitswelt und legt großen Wert auf die Förderung von Frauen – gerade in digitalen Berufen. 2018 war sie unter den Gewinnerinnen des 25-Frauen-Awards der Businessplattform Edition F.

Dieses MeetUp wurde präsentiert von von Ms. AI – AI first. Europe first. FeMale first. und war Teil der Karriere-MeetUps bei der herCAREER 2019, Ort und Zeitpunkt finden Sie im Programm.