Können Mensch und Maschine im Unternehmen smart zusammenarbeiten?

Isabell Franck ist Mitgründerin der Firma IPT, einem Anbieter von Software und Services für die Optimierung automatisierter, hochkomplexer industrieller Fertigungsprozesse. Der innovative Ansatz des Lösungsangebotes von IPT ist es, durch die Einbindung von Ingenieurswissen physikalisch optimale Ergebnisse, basierend auf limitierten Daten zu ermöglichen, um Ausschuss und Nacharbeit zu reduzieren

In der Automobilindustrie müssen die Türen von fast jedem Auto von Hand nachjustiert werden. Einer von fünf Stoßfänger muss weggeworfen werden und einige Karosserien müssen mehrmals lackiert werden. Das kostet die Automobilindustrie jedes Jahr Milliarden. Innovative Lösungsansätze sind gefragt. Erhebliches Einsparungspotential bietet hierbei Optimierung basierend auf maschinellem Lernen. In der Meetup-Session werden aktuelle und neuartige Methoden des maschinellen Lernens und deren jeweiligen Vor-/ Nachteile vorgestellt und diskutiert.

Dieses MeetUp ist Teil der Karriere-MeetUps bei der herCAREER 2018, Ort und Zeitpunkt finden Sie im Programm.

Was sind die TOP 3 Trends im Bereich AI beziehungsweise Machine Learning, die sich jedes Unternehmen anschauen sollte?

  1. KI unterstützte Business Intelligence (BI)

Bei klassischen BI-Dashboards werden die anzuzeigenden Key-Performance-Indizes (KPIs) in der Regel per Hand definiert. Dabei ist das Ziel, über das Dashboard möglichst viel Information zu vermitteln. Nun bedeutet „Daten“ allerdings nur selten automatisch „Information“. Die entsprechenden BI-Experten gestalten daher vorher, welche Daten in welcher Verarbeitungsform für möglichst großen Informationstransfer angezeigt werden sollen. Dies funktioniert im Regelbetrieb vielleicht noch ganz vielversprechend, stößt allerdings bei den interessanten Fällen, beispielsweise den Störungen, an seine Grenzen. Künstliche Intelligenz kann hier unterstützen: Mithilfe von Algorithmen zur Anomalieerkennung können stets jene Daten angezeigt werden, die den größten Informationsgehalt haben.

  1. Vorverarbeitung von Maschinenmessdaten mithilfe von Machine Learning „on Edge“

Mit zunehmender Digitalisierung werden immer mehr Maschinendaten erfasst. Gleichzeitig ist der überwiegende Anteil der anfallenden Daten für die den Mehrwert generierenden Anwendungen uninteressant. Als Beispiel hierfür kann die Temperatur einer Lackierkabine dienen: Die Sensoren liefern zwar im Sekundentakt Messwerte; relevant sind aber vor allem ungewöhnliche Ereignisse wie unerwartete Temperatursprünge. Eine intelligente, durch Machine Learning unterstützte Vorverarbeitung der Daten „on edge“ kann hierbei unterstützen, dass nur relevante Daten im Data-Lake des Rechenzentrums ankommen.

  1. Prozess- und Qualitätsoptimierung mit und durch Machine Learning

Kombiniert man Prozess- mit Qualitätsdaten einer diskreten Fertigung, so lässt sich für ein gerade im Bau befindliches Teil die zu erwartende Qualität und gleichzeitig der Verschleiß der Fertigungsanlagen ermitteln. Dabei handelt es sich um einen vorhersagenden Ansatz (predictive analytics). Besonders spannend wird es allerdings, sobald die Daten dazu genutzt werden, optimale Einstellungsparameter zu ermitteln, mit welchen ein Prozess optimiert wird. Beispielsweise eben jene Fertigungsparameter zu ermitteln, mit denen eine gewünschte Qualität bestmöglich erreicht wird (prescriptive analytics). Denn dadurch können die Prozessexperten mit handfesten Handlungsempfehlungen im Regelbetrieb unterstützt werden.

Wie können Mensch und Maschine im Unternehmen smart zusammenarbeiten? Was bedarf es hier auf Unternehmensseite?

Machine Learning Werkzeuge sollten stehts den Anspruch haben, den Menschen bei seiner Arbeit zu unterstützen; nicht zu ersetzen. Denn am erfolgreichsten ist es, stets die jeweiligen Stärken von Mensch und Maschine zu kombinieren. Zum einem sollte Wissen und Erfahrungen der Mitarbeiter systematisch in eine Machine Learning-Optimierung eingebunden werden. Damit werden diese effektiver und besser. Zum anderen ist es wichtig, dass sowohl Mitarbeiter als auch Unternehmensführung Bereitschaft zum Experimentieren mitbringen. Der Grund: Machine Learning Algorithmen lernen umso mehr, je diverser die Trainingsdaten sind. Und das bedeutet, dass Variationen gewünscht und idealerweise auch unorthodoxe Varianten eingesetzt werden sollten.

Was ist Ihr persönlicher Tipp, wie Unternehmen und Mitarbeiter auf neue technologische Trends zugehen sollen?

Die Unternehmen müssen den Mitarbeitern die Freiheit geben, auch und vor allem explorative Projekte durchzuführen, um das Potential neuer Technologien in der Praxis erproben zu können. Das ist natürlich mit Risiko verbunden, aber nur so lernen wir, welche Anwendungen wirklich sinnvoll sind. Allerdings ist dabei wichtig, dass – einem bestehenden Risiko – immer ein konkreter Mehrwert in Aussicht steht.